Plattenkritik

Olafur Arnalds - ...And They Have Escaped The Weight Of Darkness

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Release Date: 07.05.2010
Datum Review: 10.04.2010

Olafur Arnalds - ...And They Have Escaped The Weight Of Darkness

 

 

Der Raum der unendlichen Stille, der Konstanz und des Friedens. In ihr kreisen Sterngebilde wie torkelnde Kneipengäste. Sie tanzen und drehen sich ineinander und durcheinander, es scheint auf den ersten Blick keinen Sinn und kein Gesetz zu geben. Erst auf Distanz erkennt man die Brillanz aus der dieses kosmische Ballett besteht. Die Sonne, die uns Licht, Wärme und das Leben schenkt, wird plötzlich verdeckt. Die Mondscheibe steht uns im Licht. Die Luft wird kalt, Hasen und Rehe fliehen in Panik, Hunde bellen, Vögel stoppen ihren Balzgesang. Es ist ein grässlicher Moment kurz vor der Dunkelheit, wie als würde alles Leben für einen Moment einfrieren. Vollkommene Stille, fällt uns der Himmel auf den Kopf oder werden wir in ewiger Dunkelheit verharren? Wir müssen schwer an dieser Unwissenheit tragen. Nur die Sonnen-Korona, die sich schmal um den Mond herum zwingt, zeugt noch von der Existenz des Lichts. Die Mondscheibe schwimmt langsam weiter. Das Licht, die Wärme, das Leben kommen zurück. Alles ist der Dunkelheit entflohen. Ein Moment der Erleichterung und der Schwerelosigkeit überkommt uns als Zeugen dieses Ereignisses.

Viel Stille und simple fast kindliche Klaviermelodien bestimmen die ersten Takte des zweiten Albums von ÓLAFUR ARNALDS. '...And They Have Escaped The Weight Of Darkness' lautet der Titel und ist auch nur allzu bezeichnend für die Musik. Es folgt immer Licht auf Dunkelheit und sei es eine so allumfassend und verstörende, wie die einer Sonnenfinsternis. Die einfachen Melodien zu Beginn sind schwer beladen von Melancholie und werden von einem leise verschleppten Grummeln begleitet. Still und auf samtigen Pfoten schleicht sich jedoch der Funke Hoffnung in der tiefsten Trauer, in Form von Violine und Cello, heran. Doch noch gibt es keine Erlösung, es ist nur die Korona die noch von einer Existenz des Besseren zeugt. Sie leuchtet stark, wird heller und alleine vier Klaviertasten reichen aus um dieses Gefühl greifbar zu machen. Dann beginnt es, träge löst sich die Mondscheibe von unserem Sonnengott Helios. Der Lebensrhythmus kehrt zurück und wird angetrieben von einem sich aufbauschendem Schlagwerk. Gänsehaut bahnt sich seinen Weg dem Rücken hinab. Es ist ein erleichterndes Gefühl, wenn die Spannung abfällt und sich in Wohlklängen auflöst.

Das sind immer wiederkehrende Elemente auf '...And They Have Escaped The Weight Of Darkness'. Allein schon in den ersten drei Liedern, die fast eine fließende Einheit bilden, werden sie durch eine betörende Simplizität greifbar gemacht. Violinen, Cello, Schlagzeug, Bass und sogar ein Horn und eine Posaune unterstützen ÓLAFUR ARNALDS Kompositionen ohne sie zu überlagern. Häufig sind einfache Klaviermelodien der Ausgangspunkt, welche dann von den Streichern umkreist werden. Bardi Jóhannsson, seines Zeichen Mitglied bei Bang Gang, hat in vier Liedern auch seinen Teil dazu beigetragen. Beide, Arnalds und Jóhannsson, haben bereits bei dem Soundtrack zu einem zeitgenössischen Ballettstück namens 'Dyad 1909' zusammengearbeitet. Auch auf '… and they have escaped the weight of darkness' trägt dieses Zusammenarbeit saftige Früchte. Die vier, von Jóhannsson koproduzierten, Lieder zeichnen sich durch eine größere Instrumentierung aus, welche mehr Räume für Melodien schafft. Sie wirken auf ihre Art sogar mitreißend.

Die Nähe von ÓLAFUR ARNALDS zu Sigur Rós ist unverkennbar, aber der nicht vorhandene unbedingte Wille zur Hymne und Opulenz, welcher bei Sigur Rós auch schon zur Verkrampftheit geführt hat, hebt ihn deutlich ab. ÓLAFUR ARNALDS kann auch die ruhigen Momente und die Reduziertheit problemlos aushalten, ohne dass das Ende eines Lieds im sonst häufig unausweichlichen Bombast enden muss.
Als Schlusspunkt dieses fabelhaften Albums wird ein, von Schlagzeug und Bläsern getragener, Rhythmus intoniert, zu welchem torkelnde Kneipengäste selig ineinander und auseinander taumeln, wie die Gestirne am Firmament. Bis sich der Mond wieder vor die Sonne schiebt und das ewige Spiel des Lichts gegen die Dunkelheit von vorne beginnt.


Tracklist:

1. Pú ert sólin
2. Pú ert jördin
3. Tunglio
4. Loftio verour skyndilega kalt
5. Kjurrt
6. Gleypa okkur
7. Haegt, kemur ljósio
8. Undan hulu
9. Pau hafa sloppio undan punga myrkursins

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Kilian

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