Plattenkritik

Peggy Sue - Fossils And Other Phantoms

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Release Date: 23.04.2010
Datum Review: 15.06.2010

Peggy Sue - Fossils And Other Phantoms

 

 

Es sind schwere Zeiten für die Musikindustrie. Für Singles interessiert sich schon lange niemand mehr so wirklich und auch das Albumformat wurde ja schon des öfteren verbal zu Grabe getragen. Zu verlockend scheint der Gedanke selbst derjenigen, die noch bereit sind, für Musik überhaupt Geld auszugeben, sich via iTunes und Konsorten digital die Sahnestückchen herauszupicken und die subjektiv als solche wahrgenommene Ausschussware links liegen zu lassen. Der Brighton-Dreier PEGGY SUE zeigt auf „Fossils And Other Phantoms“ dann auch gleich mal exemplarisch auf, warum das Album einerseits einen solch schweren Stand hat. Zugleich liefert es aber auch gute Argumente, dafür. Gesetzt dem Fall, man hat einen langen Atem.

Denn um das Debüt des Trios schätzen zu können bedarf es etwas Geduld. Wirklich in Fahrt kommt das Werk nämlich erst ab der Hälfte. Dann aber so richtig. „She Called“ heißt der Befreiungsschlag. Platziert auf Platz sechs des zwölf Songs umfassenden Albums. Wo andere Bands hier oftmals schon arge Schwierigkeiten haben, den Zuhörer bei der Stange zu halten, schaffen es PEGGY SUE erst zu diesem Zeitpunkt, zu fesseln. Bis dahin regiert leider das leicht gehobene Mittelmaß. Da kommt der Opener „Long Division Blues“ als leicht angeschrägter, letztlich aber austauschbarer Bluesrocker mit gelegentlichem Stampfrythmus daher und auch die folgenden vier Songs wirken noch etwas unentschlossen. Mal eher reduziert und zurückhaltend instrumentiert, dann wieder mit Andeutungen an die Epik von ARCADE FIRE oder THE KISSAWAY TRAIL versehen will der Funke letztlich dann doch nicht überspringen. Woran genau das liegt, hat sich mir leider immer noch nicht erschlossen. Fakt ist jedoch: Danach ist alles anders. Ganz plötzlich scheint es so, als hätten PEGGY SUE ihren Sound gefunden. Der kommt knietief in Melancholie watend daher, ohne jemals weinerlich zu wirken. Dabei sehr auf Details bedacht, ohne den Song zu vergessen. Nichts wirkt mehr beliebig, stattdessen sind da drei Musiker, die genau wissen, wie sie klingen möchten.

Ganz leicht zu beschreiben ist es jedoch nach wie vor nicht, was nun diese Band plötzlich so zwingend hörenswert macht. Ist es der stets etwas raue und leicht neben der Spur liegende weibliche Gesang? Ist es die über immerhin eine knappe halbe Stunde aufrecht erhaltene Spannung, die nie wirklich im großen Ausbruch, dafür aber stets in kleinen Eruptionen mündet? Eine definitive Antwort darauf fällt schwer. Alle Songs sind in sich abgeschlossen, trotzdem würde „Fossils And Other Phantoms“ weder ohne das zurückhaltend zu Herzen gehende „Careless Talk Cost Lives“ mit seiner Reduktion auf das Wesentliche (Gitarre und Gesang) noch ohne die flotte Folk/Indie-Nummer „February Snow“ noch Sinn ergeben.

Mit den letzten sieben Songs ihres Debüts ist den Engländern ein kleiner Geniestreich geglückt, den man bedenkenlos weiterempfehlen könnte und der in sich geschlossener kaum vorstellbar ist. Da davor jedoch leider unverständlicherweise auf Sparflamme gekocht wird möchte man fast empfehlen, die ersten fünf Songs hintenüber fallen zu lassen, um nicht an ein ausgesprochen zwiespältiges Album erinnert zu werden, das mich bei der Punktevergabe vor arge Probleme gestellt hat, sondern vielmehr mit einer ganz und gar ausgezeichneten EP, die man allzu gerne weiterempfiehlt. So ist „Fossils And Other Phantoms“ ein Album, das so viel besser hätte sein können, wenn es keines geworden wäre.

Tracklist:
1. „Long Division Blues“
2. „Yo Mama
3. „I Read it In The Paper“
4. „Green Grow The Rushes“
5. „Watchman“
6. „She Called“
7. „Careless Talk Costs Lives“
8. „The Remainder“
9. „Matilda“
10. „February Snow“
11. „Fossils“
12. „The Shape We Made“

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Manuel F.

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Eher so der Kumpeltyp.