Plattenkritik

Pierce The Veil - Collide With The Sky (Deluxe Edition)

Redaktions-Rating

Info

Release Date: 02.12.2013
Datum Review: 04.12.2013

Pierce The Veil - Collide With The Sky (Deluxe Edition)

 

 

Die Brüder Fuentes, namentlich Vic (vocals) und Mike (drums), machen mit ihrem Bassisten Jaime und zweitem Gitarristen Tony seit Jahren von sich reden und die Bühnen dieser Welt unsicher. Das Quartett aus dem sonnigen San Diego bringt mit „Collide With The Sky“ nun ihr drittes Album auf den Markt, welches (lt. Pressemitteilung) zu den Scheiben gehört, welche von der Alternativpresse als „Most Anticipated Music of 2012“ auserkoren wurde.

Nachdem die Band die letzten Jahre im Grunde nichts anderes als den Staub der Straßen vieler Herrenländer geschluckt hat, taten sie sich mit Dan Korneff und Kato Khandwala zusammen, um ihren „mexicore“ (progressiver Post-Hardcore in die Richtung von SAOSIN, ALESANA oder A SKYLIT DRIVE mit schlechten Frisuren und zu engen Hosen) einzuspielen. Die beiden Produzenten waren unter anderem auch schon für PARAMORE und CHIODOS verantwortlich. Daher vielleicht der nach anderen (größeren) Bands klingende Sound. Stark komprimiert, Gitarren, die nicht nach Gitarren klingen (abgesehen vom Bass), nicht wenigen Synthies und sich überlappende Gesangslinien von denen erwartet werden kann, dass sie so live nicht zu hören sind. Aber ich habe letztens einen Musiker sagen hören: „Live ist live – aber das Album ist was für die Ewigkeit bleibt.“ Es ist ja nicht so, dass der Sound nicht transparent wäre oder schlecht...aber es klingt alles so gleich und ich meine, dass man manche Platten mehr atmen lassen sollte, mehr Raum geben. Mehr Platz im Sound lassen und nicht alles zukloppen was geht. Und Herrgott, wann klingen drums wieder nach nem Kesselschlagzeug und nicht wie Waschkartons? Aber komm, ich klinge wie ein alter Mann.

Was wirklich gefällt ist die Aufmachung der mir vorliegenden Deluxe-Edition. Diese Hardcover-Box ist wirklich mal ein Jewelcase (allein, dass die Halterung der CD nicht mehr diese nölige Plastikkrone ist, von der die Zacken immer wegbrechen, sondern „flauschiger“ Schaumstoff). Ein Booklet mit wirklich schönen Zeichnungen die die zu den Songs passende Geschichte erzählen (nicht zu identifizierende dramatis personae schweben über einstürzenden Gebäuden, einem zerschmettertem Dystopia), inklusive allen (zum Teil überraschend guten, dann aber auch wieder stereotypen) Texten, sowie s/w Live-Bildern, wird eingerahmt von der Audio-CD und der DVD. Also, das macht einfach Spaß das durchzublättern und die Texte mit zu lesen. Ehre, wem Ehre gebührt.

Die Songs, ja...so ganz mein Ding ist es nicht. Das hat was mit dem Sound zu tun, der mir zu nah bei oben beschriebenen Bands ist und somit irgendwo eine klare Zielgruppe ansprechen soll, wobei natürlich jede Band ihr spezielles Klientel hat. Zum anderen ist eine gewisse Antipathie dem Gesang geschuldet. Ich mag das nicht, wenn ich eine Stunde lang angeschrien oder zu geflennt werde. „Props & Mayhem“ finde ich im wahrsten Sinne des Wortes schön – poppig, ein Ohrwurm mit coolen Gitarren und vom Gehalt der Melodien her erinnert der Song an bessere Jahre von THE USED. „King For A Day“ geht gut nach vorne, erinnert dabei partiell an HOUSE VS. HURRICANE und...macht gar keinen Sinn lauter Bands aus dem Bereich aufzuzählen oder? Weiß man eh wie die klingen (zuletzt anhand der Fotos). Also, der Song gefällt mir auch, durch sein Arrangement und den Mitsing-Refrain (wenn man ein Vic, ein Sopran oder Dickinson ist;-)). „Tangled In The Great Escape“ ist dann der nächste Hit, durch sein polyrhythmisches Drumming und die wechselnden Klangfarben im Gesang. Aber auch hier: Gebt einem doch mal die Möglichkeiten, all die tollen Dinge die gespielt werden zu hören und matscht nicht alles mit keys und Gesangsspuren zu. „The First Punch“ ist dann ein weiterer Song der gut nach vorne geht und hier sind es gerade die Synthies die mir gefallen, sowie die Dubstep Einlagen – ganz dezent.

Insgesamt haben alle zwölf Songs Kraft und Energie. Besitzen alle eingängige Melodien und mehr als ein interessantes Element. Ich mag der PM glauben, dass die Jungs hier alles gegeben haben. Aber das hört man auch, dieses allumfassende alles. Vielleicht werde ich doch älter, aber mir ist das im Sound einfach zu viel. Das macht es nicht schlecht, aber ich hätte es besser gefunden, wenn man den Gitarren mehr Raum gegeben hätte und weg mit dem überflüssigen Müll, der nach Retorte klingt. Man hat doch nix zu verstecken oder?

Die DVD: Genial. Auf so etwas stehe ich einfach. Knappe 2 Stunden Videomaterial einer unglaublichen Tour gen Brasilien, Indonesien und weiteren Ländern wie diese. Bilder, die mich wirklich berühren. Junge Menschen, gute Freunde, die mit Hingebung und unter Einsatz aller Kraft an ihre Band glauben und die Welt betouren. Das wird ihnen von enthusiastischen Fans weltweit gedankt. Beide Seiten sind glücklich und manchmal auch ausgebrannt. Dazu gibt es noch ein paar Musikvideos.

Also, auch wenn man der Musik nicht viel abgewinnen mag und das Aussehen der Bandmitglieder etwas belächelt, der solle sich doch wirklich diese DVD ansehen und zu dem Schluss kommen: Am Ende sollte man immer Respekt und Achtung vor der Leistung anderer Menschen haben. Denn ich sitze hier morgens um 7:00 Uhr MEZ bequem mit Kaffee an meinem Schreibtisch und soll nun eine Platte bewerten, für die sich vier Junge Männer den Arsch aufgerissen haben. Manchmal ist man vielleicht doch zu schnell mit einem abwertenden Urteil bei der Hand.

Fazit: Das gesamte Paket ist genial. Für Fans und solche die es werden wollen oder auch einfach nur neugierig sind. Falsch, kann man hier nicht viel machen, nur sich darüber im Klaren sein, dass die Stimme hoch, die Hosen eng und die Frisuren weiblich sind. Aber bis auf die vielen Tattoos hatte man das in schon in den 70ern. So what!?

Autor

Bild Autor

Linc

Autoren Bio

Singer-Songwriter (LINC VAN JOHNSON & The Dusters) Singer (SUPERCHARGER) [DK] Vocal Coach seit 2011. Berufssänger/-musiker seit 2008. Studium Musik/Anglistik Bei ALLSCHOOLS seit 2006.