Plattenkritik

Pttrns - Science Piñata

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Release Date: 01.04.2010
Datum Review: 16.04.2010

Pttrns - Science Piñata

 

 

Drei Herren aus Köln teilen sich Briefkasten, Esstisch, Flur und Kloschüssel. Klingt nach normaler WG, Männer- WG mit all dem Spökes, der so dazu gehört. Mehr leere als volle Bierkästen, Fuppes am Samstag und gepflegtes am Sack kratzen wo man gerade geht und steht. Die Herren von Pttrns (sprich: Patterns) haben aber besseres oder zumindest noch anderes zu tun. Sie kratzen sich die Säcke vermutlich auch mal gepflegt im Proberaum den sie sich auch noch teilen. Und weil das mit dem Teilen der Wohnung und dem Proberaum schon so gut klappt, teilen sie in letzterem und auf der Bühne gerne noch die Instrumente. Alle spielen alles, zumindest Schlagzeug, Bass und Gitarre. Nicht gleichzeitig, aber dazu später. Wer nun meint, hier würde es um am- Sack- kratz- Mucke gehen, der irrt. Zwar teilen sie viel, aber so grundharmonisch ist das im Leben nunmal nicht. Nicht so entspannt und auch nicht so leicht zu durchschauen.

Nach Splits mit Fuckyouismyname und The Falcon Five, nun das Erstlingswerk Science Piñata. Es kommt ganz leise angerauscht und geraschelt und dann geht es los. Relativ minimalistisch. Die Drums geben den Schwung, der Bass bumst in ruhigen Bahnen und die Gitarre besinnt sich auf jede einzelne Saite. Musikalische Euphorie wird stoßweise kundgetan, in Kombination mit den Texten wirkt diese aber eher verwirrend. Denn Pttrns lenken den Blick wohlwissend auf das, was um sie herum geschieht, was mit ihnen geschieht. In einer Welt voller Arbeitswahn, Liebesfrust und knirschender Zahnräder. Ebenda findet sich wenig Harmonie. Und so kreischen, (sprech)singen, stampfen, brummen und schrammeln sie sich durch das Album. Begleitet von gerade einmal drei Instrumenten. Kein Schnickschnack. Das Ganze fast auf reine Metren komprimiert, Melodien sparsam eingesetzt, wohldosiert, die Übergänge fließend, kaum erkannt.

Bei all der Reduktion vergessen Pttrns nicht, worauf es in der Musik ankommt: Bewegung. Die stellt sich zwangsläufig ein. Als ob er sich nicht recht entscheiden könne, welchen Part er nun übernehmen soll, titscht der Bass zwischen Melodie und Rhythmus hin und her. Manchmal fragt man sich, wer hier eigentlich den Takt angibt. Ebenso aktiv werden Gehirnzellen. Anregungsreiche Umgebung, Klänge in der Luft, akkustische Vibrationen bringen nicht nur das im Kopf zum wippen. Die gegensätzlichen Beats verwirren den inneren Beatnicker. Achja, man könnte sich der Musik so wunderbar hingeben und einfach treiben lassen. Will man doch manchmal gerne einfach mitlaufen, nacheifern und sich steuern lassen. Hin und wieder gelingt das Pttrns auch, nicht aber ohne den Lauschern doch noch eine rhythmische Vollbremsung zu verpassen, bevor sie sich vollends treiben lassen. Denkapparate wieder anwerfen, liebe Leute! Feine Sache. Da ist noch Raum, den man füllen könnte. Warten wir es mal ab. Science Piñata ist auf jeden Fall schonmal ein sehr schöner Einblick in das, was eine Männer- WG neben leeren Bierkästen noch so fabrizieren kann.

Tracklist:
1.Apocalypso
2.Paradise Paradigms
3.Higher Grounds
4.Knick Knack
5.Xhezemaing
6.Diamond Life
7.Professional Voodoo
8.Principle Of Touch
9.Houses & Numbers

Autor

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Jule

Autoren Bio

wäre gern teil einer postfeministischen emopunkband/ verbalprimatin/ kuchenveganerin/ ich kann mir keine songtitel merken, selbst die meiner lieblingssongs vergesse ich.../ ich bin nicht betrunken, ich bin immer so/ fraujule.blogspot.de