Plattenkritik

Seahaven - Reverie Lagoon: Music For Escapism Only

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Release Date: 28.03.2014
Datum Review: 17.03.2014

Seahaven - Reverie Lagoon: Music For Escapism Only

 

 

Wenn man sich beim Abwasch übermäßig darauf konzentriert, weder ins Sushi-Messer zu greifen noch das Lieblings-Pintglas aus der Hand gleiten zu lassen, ist klar was passiert. Gefahren wie diesen gehen SEAHAVEN daher seit langem aus dem Weg.

"Your friends, are they dangerous?" fragt "Silhouette (Latin Skin)" gleich zu Beginn und lässt dem offensichtlichen Ernst der Lage kaum Luft zum Atmen. Kein seltener Moment auf dem Nachfolger zu "Winter Forever": Die Kalifornier kümmern sich in ihren Songs um alles Zerbrechliche, Ungeklärte - einfach all das, was schlicht nicht unter den Teppich gekehrt gehört. Ihr Rezept dafür greift auf bewährte Bestandteile zurück: Den Gitarren sind SUNNY DAY REAL ESTATE mehr als ein loser Begriff, genauso schafft "Reverie Lagoon: Music For Escapism Only" aber auch Atmosphäre mit einhüllenden Arrangements. "Andreas" zeigt sich verspielt, "On The Floor" vertont die nachdenklichen und nach innen gekehrten Seiten. So klingen SEAHAVEN mal nach einer verschachtelten Teillösung, dann plötzlich nach entrüsteten BRAND NEW - wie etwa beim sorglosen "Flesh".
Wer sich der Band aus Torrance/Los Angeles komplett ohne Ängste nährt, wird schnell selbst zum Teil ihres Clans: verspielte Details funkeln aus Songs wie "Love To Burn" - man muss nur gut aufpassen. Wer "Reverie Lagoon: Music For Escapism Only" vorschnell oder aufgrund seines Titels als Gefühlsdusel-Attentat abtut, geht leer aus. Alle übrigen freuen sich über die Wärme, das Vertrauen und die Nähe zu Indierock und Emo aus Glanztagen, die SEAHAVEN willkommen aus der Masse hervorheben.

-Moppi-


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Music For Escapism Only. So fordert es der Titel des zweiten Albums von Seahaven. Eine Aufforderung, die deutlicher und passender nicht sein könnte. Denn was die Herren um Songwriter und Mastermind der Band Kyle Soto mit Reverie Lagoon abgeliefert haben, ist ein Stück Kunst, welche beim besten Willen nicht sonderlich alltagstauglich ausgefallen ist. Aber der Reihe nach.


Bereits während des ersten Durchlaufs zeichnet sich ein deutlicher Stilbruch gegenüber den alten Werken der Band ab. Langsamer ist es geworden. Ruhiger. Verträumter. Melodischer. Demnach schöner. Aber auch trauriger. Wieso es das alles geworden ist kann man nur mutmaßen, spielt letztendlich aber auch eigentlich keine Rolle. Was bleibt sind die ersten Eindrücke einer übergeordneten Grundidee, welche auf fast jedem Lied von Reverie Lagoon Einzug hält.

Eine Idee, die sich am besten anhand des Albumhighlights On The Floor beschreiben lässt. Ein Lied, welches textlich kaum trauriger hätte ausfallen können, mit Zeilen wie Ain’t it something when anything falls apart? // It’s the last thing you want, but the first to move forth. Ein Lied, welches durch seine minimalistische Untermalung, die sich langsam aber sicher aufbaut und perfekt mit Sotos zerbrechlicher Stimme zusammenarbeitet, trotzdem wunderschön daherkommt. Bereits jetzt kann getrost von einem Glanzstück in der noch jungen Songwriter Karriere des Herren gesprochen werden.

Eine Idee, die bereits auch auf der Vorabsingle Silhouette (Latin Skin) hervorragend funktionierte, zeigt nach mehreren Durchgängen auf Albumlänge leider auch ihre Schattenseite. Kaum ein Lied unter drei Minuten (die Interludes ausgenommen), viele Lieder über fünf Minuten, mit teilweise sehr langsam aufbauenden und sich immer und immer wiederholenden Melodien, die nur darauf warten, dass etwas Großes passiert. Geschieht aber leider nicht immer. Dass das Konzept prinzipiell funktioniert beweisen eindrucksvoll Silhouette (Latin Skin), On The Floor und zum Beispiel auch Karma Consequential - nur leider eben nicht alle. Hier hätte Reverie Lagoon ein paar Minuten weniger Spielzeit deutlich besser gestanden.


Was bleibt ist also ein schweres, verträumtes und durchweg wirklich schönes Album. Ein Album, welches aber leider auch über manche Stellen deutlich zu lange geworden ist (52 Minuten Spielzeit) und es nicht immer schafft, die inszenierte Atmosphäre aufrecht zu halten. Das ist schade, den die angesprochene Grundidee der verschiedenen Lieder auf Reverie Lagoon ist durch die Bank hinweg großartig und wegweisend für dieses neubegründete Subgenre. Fehlt es nur hier und da eben leider noch etwas am Feinschliff.
Was also am Ende vielleicht wirklich bleibt ist ein Album mit Hits. Vielen Hits. Nur eben keine im klassischen Sinne zum mitsingen und mittanzen, sondern viel mehr zum mitfühlen. Auch toll.

-Fabian-



Trackliste:

01. Fifty-Four
02. Andreas
03. Silhouette (Latin Skin)
04. Wild West Selfishness
05. On the Floor
06. Paseo De Las Estrellas (I)
07. Highway Blues
08. Flesh
09. Whispers
10. Love to Burn
11. Solar Eclipse
12. Paseo De Las Estrellas (II)
13. Karma Consequential
14. Four-Eleven

Silhouette (Latin Skin):

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Fabian

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