Plattenkritik

Tephra - Tempel

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Release Date: 18.02.2011
Datum Review: 27.01.2011

Tephra - Tempel

 

 

Der Ausbruch aus gewohnten Strukturen ist immer ein anstrengendes, sowie kompliziertes und in vielen Fällen auch aussichtsloses Unterfangen. Was ist also zu tun, wenn man sich selbst weiterentwickeln, vielleicht sogar neu erfinden möchte? Bestenfalls fängt man mit den kleinen Dingen des Alltags an: Neue Wege, vielleicht mal eine Abzweigung früher, beim Straßen überqueren dann einmal mehr nach links schauen, die Augen offen halten für Details. So könnte man zumindest beginnen. Und dann fängt man an, sich Gedanken zu machen, was es wert ist zu ändern und was eben nicht. Dann gibt es aber jene, die meinen alles über Bord werfen zu müssen und sich komplett neu gestalten wollen. Auf Teufel komm raus. Zwei Schritte vor, einer zurück, nach links geschaut und rechts abgebogen und irgendwann weiß man nicht mehr, wo man ist. Hier wird es kompliziert.

Was bedeutet das nun für TEPHRA? Die Antwort ist denkbar einfach: Sie wagen den zweiten Schritt. Konkret bedeutet das, raus aus dem perfekten und dabei doch so eigenständigen Dasein eines ISIS-Klons und rein in die fast ausweglose Katastrophe. Eine Entfernung vom Doom und Sludge und eine gleichzeitige Annäherung an Stoner Rock ähnliche Gefilde. Eine stimmliche Anbiederung an Scott Kelly, sowie musikalische Zitate der großen Helden namens NEUROSIS. Hier und da klingeln MASERATI an der Tür, werden reingelassen und spielen einige Parts ein, auch CULT OF LUNA dürften mal kurz „Hallo“ gesagt haben („Deadman´s Path“) – das zumindest könnte man denken. Irgendwie enttäuschend, wenn man sich an „A Modicum Of Truth“ zurück erinnert, welches einen die letzten fast vier Jahre begleitet und begeistert hat. Die komplexen Songstrukturen sind einer Einfachheit gewichen, die maximal im Übersong „How The West Was Lost“, nämlich in seinem stampfenden Charakter und dem bluesigen Mittelstück, noch einmal aufflackern. Was weitestgehend auf der Strecke bleibt ist die Wucht und die dunkle Atmosphäre, die die Band über Jahre ausmachte und für die sie immer wieder einstand. Hinzu gekommen sind flimmernde Gitarrenwände, die so zerbrechlich wirken, dass man sich fast nicht traut zu atmen. Nur ab und an scheinen die alten TEPHRA durch (der Opener „Ghost“ erinnert weitestgehend an altes Material). Wenn dem dann so ist, lehnt man sich gerne entspannt zurück und fängt endlich an zu genießen, was man da hört. Sonst herrscht regelrechte Verwirrung. Was viel schlimmer ist als jegliche Verwirrung, ist der Einsatz von Lückenfüllern, die dazu noch langweilig anmuten („Agra“). Nichtssagende Stücke, mit noch viel weniger sagenden Arrangements, eine Aneinanderreihung von Belanglosigkeiten. Leider.

Nun soll das nicht so klingen, als wäre es grundsätzlich schlecht, was TEPHRA mit „Tempel“ abliefern. Viel mehr ist es so, dass man mit vielem, was hier passiert nicht gerechnet hätte. Lässt man sich aber darauf ein und gibt dem Album seine Zeit, erkennt man nach mehrmaligem Hören die Lichtblicke der Scheibe, wie beispielsweise oben genanntes „How The West Was Lost“ oder aber auch das fast hypnotisch ruhige, mit einzelnen brachialen Ausbrüchen versehene „City Immersed In Dust“. Hier zeigt sich dann das Händchen der Band für große Melodien und auch die gewohnten Songstrukturen lassen sich wieder blicken – nur im neuen Gewand. So ist das eben. Man entwickelt sich weiter und damit wird man es nie allen Recht machen. Das wird ganz bestimmt aber auch nicht der Anspruch einer Band wie TEPHRA sein. Sie ziehen ihr eigenes Ding durch und das ist gut so. Die Zeichen stehen nach wie vor auf Sturm, nur der Weg ins Auge dessen will noch gefunden werden.


Tracklist:

01. Ghost
02. Chain And Pounding Hooves
03. Agra
04. How The West Was Lost
05. City Immersed In Dust
06. Seven Teeth
07. Deadman’s Path
08. Tempel

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Alex G.

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