Plattenkritik

The Bottrops - Hinterhofhits

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Release Date: 23.11.2012
Datum Review: 20.11.2012

The Bottrops - Hinterhofhits

 

 

Der Mensch, das System, die Politik, die ganze Welt - nichts funktioniert richtig, nichts läuft so, wie es der gütigen Gesellschaft von wahrem Vorteil wäre. Manchmal braucht es den kleinen Anreiz am Rande als Art stechende Notiz - um sich daran zu erinnern, wie dumm, verkopft und egoistisch ein Abhandeln von Alltagssituationen oder flächendeckendes Verstumpfen gestaltet werden können. Hier und heute: Wahrheiten aus dem Berliner Backyard.


„Der Punker an sich nimmt sich also zum Glück nicht immer ernst...“ Was ebenso eine Textzeile von THE BOTTROPS sein könnte, schürt Hoffnung und Vorfreude auf das dritte Album der Band aus der Hauptstadt: „Wir bauen einen Turm aus Scheiße / Groß, groß, größer, höher / In jeder Stadt steht dann der Gleiche...“ So geht mitsingen, so funzt Protest und Aufklärung. „Hinterhofhits“ hält sich vielleicht bedeckt und im Mittelfeld was die Summe seiner fünfzehn Songs zwischen Poppunk und Muttersprachenoffensive angeht - aber bitte: Wer will schon das Festgefahrene, das Dauerbeschränkte, das Weichspülergetränkte im kritischen „Rocksongformat“ serviert bekommen?
„Zuviel Gerät auf dem Planet“ besingt man in „Ich sende“, „Alles Menschenmaterial ist unbrauchbar“ bestätigt die Vorzüge der Spezies mitsamt diversen Beispielen und Schnapsideen. Wer würde da nicht verständnisvoll nicken und Bang Bang Benno plus Konsorten die Hände schütteln wollen?

Offbeatansatz („Kannibale“) und Schunkelkante („Du Kannst Nichts, Du Bist Nichts“) hätten sogar im stillen Kämmerlein verweilen können – „Hinterhofhits“ kann sich auch so als gut statuiert und anstachelnd auf dem Surfbrett halten, welches über Köpfe und Bügelfalten hinwegshreddert. „Die Maschine“ und „Weltuntergang Abschaffen!“ glätten das Fahrwasser angenehm, der augenzwinkernde, nahe Sound von THE BOTTROPS wirkt wie eh und je schnell vertraut und kumpelhaft.
Die Magie dieser Kreuzberger Keller – irgendwo muss dieses rüpelhafte Großstädtertum verankert sein. Trinkwasser? Dönerangebot? Schnell schnell, bevor „Zusammen Sein“ auch noch zum Gefühlsduseln aufruft. THE BOTTROPS jedenfalls fragen nach „Entertainment Overkill“ kurz bei John Belushi und der verkorksten Call-Center-Dame nach Meinung und Gefühl – dann steht die gute dreiviertel Stunde und mit ihr alle „Hinterhofhits“ zentral im Leben. Und obenauf funkelt die Leuchtreklame als Antenneniro auf dem besagten Haufen Scheiße. Ein Hoch auf die Punker-Touristen, ein Hoch auf die Gärten der Großstadt!

Trackliste:

01. Die Maschine
02. Einer Von Uns
03. Go2Hell
04. Ich Sende
05. Du Kannst Nichts, Du Bist Nichts
06. Kannibale
07. Schönheits-OP
08. Menschenmaterial
09. Täglich Mehr (Grüsst Das Murmeltier)
10. Weltuntergang Abschaffen!
11. Ramona
12. Wegen Dir
13. Das Produkt
14. Zusammen Sein
15. Schaf Im Wolfspelz

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Moppi

Autoren Bio

Alt, langweilig, tierlieb.