Plattenkritik

The Low Anthem - Oh My God, Charlie Darwin

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Release Date: 28.08.2009
Datum Review: 19.08.2009

The Low Anthem - Oh My God, Charlie Darwin

 

 

"Nur die stärksten Ideen überleben". Eine der vielen Theorien des Wissenschaftlers Charles Darwin. Getragen, besungen und gelebt von Ben Know Miller, eigentlicher Frontmann von THE LOW ANTHEM. Einer Band, deren Geschichte vielleicht nicht lang, dafür aber umso interessanter ist.

So trafen sich 2002 Miller und Jeff Prystowky beim Baseball an ihrer Universität und gaben sich fortan ganz der Musik hin. Ganz besonderer sogar. Dazu jedoch später mehr. Nachdem man 2007 mit "What The Crow Brings" das Debüt veröffentlichte stieg ein Jahr später Jocie Adams mit ein. Die studierte Multiinstrumentalistin verlieh THE LOW ANTHEM dann auf dem zweiten Album "Oh My God, Charlie Darwin" den Großteil aller 27 verwendeten Instrumente, welche allerdings nur zum Teil zu der unvergleichlich erdigen und klassischen Note dieses Folk- und Jazzalbums beitragen.

So kann man als wesentlichen Bestandteil dieser Platte die Falsett-Stimme von Ben Miller sehen, die den Ausflug in verschiedenste Epochen der Folkmusik trägt und zwischen BOD DYLEN und TOM WAITS für den schönsten Gospel seit langem sorgen.

"Oh My God, Charlie Darwin" beginnt gleich altertümlich wertvoll. "Charlie Darwin" wird mit Gospel, sanfter musikalischer Unterlegung und Klarinette besungen und hinterlässt Gänsehaut. Gerade die zerbrechliche Stimme von Jocie Adams sticht hervor ohne gleich zu dominant zu klingen. "To Ohio" hingegen ein typisches Lied mit Geschichte. Auf der Suche nach der Liebe des Lebens reist ein Mann alleine durch Wälder und sucht mittels Gitarre und Mundharmonika das, was ihn glücklicher stimmen könnte. Ein erzählerisches Stück mit der Macht eines frühen DYLANs. Grandios. Mit "The Horizon is a Beltway" und "Home I'll never be" hingegen tauchen die Drei Folk-Liebhaber so tief wie möglich ein in altertümlichen, rotzigen Folk. Die E-Gitarre, das Schlagzeug, die Mundharmonika – alles wird in einen bunten Topf geschmissen und mit einer nahezu ausgetauschten, whiskeygetränkten Stimme besungen. Übrigens die wohl eindeutigsten Referenzen an den unterschätzten Altmeister TOM WAITS.

Und schlagartig wird es still. Das zweite Viertel der Platte endet gediegen und ruhig in Form von "Ticket Taker". Die Klarinette erneut im Anschlag, der Falsett auf Seite gelegt, nun wird geflüstert. Im Hintergrund kratzen die Gitarren und THE LOW ANTHEM läuten ein in das absolute Highlight dieser Platte. "To The Ghosts Who Write History Books". Die Mundharmonika leitet ein, der Kontrabass wummt in der Magengegend und die warme Produktion trägt die wunderschöne, facettenreiche Stimme von Sänger Ben Miller durch eines der schönsten Lieder des Jahres. Intensiv, fesselnd und atemberaubend. Schon jetzt, an der Hälfte des Albums angelangt fühlt sich der Hörer, ebenso wie die Protagonisten, zurück in die 30er versetzt. So geht es weiter. Mit "Don't Tremble" gibt man sich wieder andächtig leise, reduziert auf das Mindeste, mit dem instrumentalen "Music Box" leitet man ein ins beflügelnde "Champion Angel". Hier zeigt Miller's Stimme erneut eine andere Facette und klingt erstmals kraftvoll, in manchen Momenten schon wütend und zeugt das zweite eindeutige Highlight dieser Platte. "Cage The Songwird" erinnert dann an den Opener und wird im minimalistischen Gospel vorgetragen. Anders und doch irgendwie gleichgesetzt präsentiert sich dann "OMGCD". Noch einmal wird der Grundgedanke dieser Platte besungen und auf ein Neues hört man stimmungsvollen Gospel, unterlegt mit Kontrabass und verschiedensten Klangideen.

So endet eines der wohl stimmungsvollsten und abwechslungsreichsten Alben die es im Folk-Sektor jemals gab und welches wohl so schnell nicht mehr übertroffen wird. Eine Pflichtplatte.

Tracklist:

Charlie Darwin
To Ohio
The Horizon Is a Beltway
Home I'll Never Be
Ticket Taker
To The Ghosts Who Write History Books
(Don't) Tremble
Music Box
Champion Angel
Cage The Songbird
OMGCD
To Ohio (Reprise)

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Raphael

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