Plattenkritik

The Sons Of Howie Munson - Gold

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Info

Release Date: 23.04.2010
Datum Review: 22.04.2010

The Sons Of Howie Munson - Gold

 

 

Es gibt 2 Arten von Menschen, nein, besser von Männchen: Die einen haben als Kinder in die Rolle der Indianer, die anderen in die der Cowboys schlüpfen wollen. Ich war immer auf der Seite der Unterdrückten, der Ausgerotteten, und konnte nie nachvollziehen, wie mit einem Ersatzglied in der Hand durch mein Heimatdorf gestreift wurde, um die von mir gespielte, zahlenmäßig völlig unterlegenen Minderheit oder sonstige Tante Traudels/Onkel Kurts abzuknallen. Ich bin mir auch sicher, dass die Grundaggressivität eines Menschen, nein, besser Männchen, und das spätere Verlassen der Normalität durch Übertreten der Schwelle hin zum für die Allgemeinheit ungesunden Choleriker mit Hang zu explosiven Ausbrüchen nicht erst vor dem PC/der Play Station/der Anlage mit SLAYER Stickern geprägt wird, sondern einen Nährboden dadurch erhält, ob ich als Kind imaginäre Bisons töte, um sie für meinen Stamm zu verwerten, oder sie lediglich wegen des mich Geil machenden Tötungsaktes umbringe. Als Indianer im Geiste hasse ich somit Cowboy-Geschichten (wir schlachten mal eben ein paar Indianer ab und setzen uns dann vors Lagerfeuer, essen Bohnen und spielen Countrymusik) und habe, wenn es um den Wilden Westen geht (wobei, Onkel Fuzzy und "Western von Gestern" waren Pflicht!), mehrere Dornen im Auge.

Und wenn es um THE SONS OF HOWIE MUNSON, stecken ganze Präriekakteen in meinen Gehörgängen. Warum gründen ehemalige MAINTAIN oder MY OWN VENDETTA Mitglieder eine Band, die im Western Style ihren Bandnamen gebrandmarkt hat und sich als die Söhne des "Ein Colt Für Alle Fälle" Blödmanns Howie Munson ausgeben? Ach so, die Jungs wollen einen neuen, frischen Rocksound in Deutschland etablieren. Und scheuen nicht davor zurück, Southern Rock, 80er Jahre Metal und alternative Zutaten ihrem Debüt "Gold" beizumengen. Auch die Texte stecken oberflächlich im Sumpf der schwarz-weiß abgedrehten John Wayne Filme (der Mann ohne Mimik, der Fels im Saloon), sind aber voll von sozialkritischen Themen und handeln vom einfachen Leben. Gut gebrüllt, schauen wir mal hinter die Fassade der Westernstadt, die bekanntlich von vorn prächtig strahlt und hinten von Baracken gestützt wird. Zunächst fehlt dem Sänger ein must have, denn sein Stimmchen ist weder mit Whiskey getränkt noch mit besonders viel Charme gesegnet worden. Abzusprechen ist ihm nicht sein Bemühen, dem Material einen in New Orleans aufgewachsenen Stempel aufzudrücken. Aber ihr wisst selbst, was passiert, wenn im Lebenslauf steht: Der Sänger bemühte sich, die ihm auferlegten Pflichten zu erfüllen...Die Songs gehen ansonsten gut ins Ohr und wohlwollend kann von "Spaß machen" geredet werden. Auf der anderen Seite ist "Spaß machen" eine Umschreibung von "nett", der kleinen Schwester von Scheiße. Ganz so schlimm ist es dann aber doch nicht, denn THE SONS OF HOWIE MUNSON sind ein wenig mehr als eine reine Schenkelklopferband, technisch durchaus solide ausgestattet und sie treffen mit den guten Soli ab und zu ins Schwarze. Gefällig sind THE SONS OF HOWIE MUNSON vor allem dann, wenn sie in die Moderne gehen und die Spur des Alternativen aufnehmen, dann verwandelt sich der Mief eines Rodeohintergrundbeschallungssoundtracks zu einem ernstzunehmenden Gegner, dann zeigen sie, woher sie kommen. Letztlich kann "Gold" alles ein bisschen, aber so richtig gar nichts und ist deshalb ein typisches Beispiel vom Generalistentum des aktuellen Rock, aus jeder Ecke entspringt ein Fluss, doch keiner kommt an. Nehmt euch ein Beispiel an BOLLE AND THE VERY GOOD LOOKIN BOYS, die haben Arschtrittattitüde und Hook-geladene Songs, und ich bin felsenfest davon überzeugt, dass diese Jungs als Kinder Indianer waren!

Tracklist
01. Interlude - Lady
02. I Am Henchman
03. Sailors Grave
04. I'm Wasted
05. Take My Hand
06. Baby Brandy
07. Never Meant To Burst
08. Nothing Remains
09. Wake Me Up
10. You Could Be Gone
11. 21 Stories

Autor

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Clement

Autoren Bio

Ich fühle mich zu alt