Plattenkritik

Turnover - Peripheral Vision

Redaktions-Rating

Info

Release Date: 24.05.2015
Datum Review: 24.05.2015
Format: CD Vinyl

Tracklist

 

1. Cutting My Fingers Off
2. New Scream
3. Humming
4. Hello Euphoria
5. Dizzy on the Comedown
6. Diazepam
7. Like Slow Disappearing
8. Take My Head
9. Threshold
10. I Would Hate You If I Could
11. Intrapersonal

Band Mitglieder

 

Austin Getz - voc, git
Casey Getz - drums
Eric Soucy - voc, git
Danny Dempsey - bass

Turnover - Peripheral Vision

 

 

TURNOVER aus Virginia dürften Vielen spätestens seit ihrem Debütalbum „Magnolia“ ein Begriff sein. Eine der auffälligsten Bands im endlosen Meer an zeitgemäßen Pop-Punk-Bands waren die vier Jungs dabei nicht gerade, doch vor allem Songs wie „Most of the Time“ oder „Flicker and Fade“ sorgten schon mal für tagelange Ohrwürmer. Der Nachfolger „Peripheral Vision“ könnte nun den Durchbruch bedeuten.

Doch was hat sich geändert, dass das so ist? Eine positiv und harmonisch klingende Band waren TURNOVER seit jeher, traurig-verzweifelte oder gar dreckige Strukturen wie beispielsweise bei Superheaven oder Title Fight sucht man vergebens, stattdessen konnte man die RunForCover–Schützlinge eher zwischen Bands wie Real Friends und The Story So Far platzieren, was neben den melodischen Gitarrenschichten vor allem an der glasklaren Stimme von Austin Getz lag.

„Peripheral Vision“ bringt den Sound von TURNOVER auf den Punkt, zeichnet einen deutlich neuen Kurs auf, klingt dabei kohärent und doch ideenreich, und in erster Linie eben viel eigenständiger und einprägsamer als noch „Magnolia“. Die Verzerrung ist den Gitarrenriffs fast vollständig genommen worden, stattdessen wird das Klangbild nun von Hall- und Chorus-Effekten geprägt, die dem ganzen Alben eine warme und träumerische Atmosphäre verleihen. Überall stechen hohe Melodien hervor, während die Rhythmus-Sektion aus Bass und Schlagzeug im Hintergrund vor sich her groovt. „Cutting My Fingers Off“ dient der zweiten LP als grandiose Eröffnung und jagt dem Zuhörer mit emotionalen Textzeilen und einem Editors-artigen Finalriff sofort die erste Gänsehaut über den Körper.  Spätestens mit „New Scream“ macht es dann Klick und „Peripheral Vision“ zieht endgültig und unweigerlich in seinen Bann. Trotz der Schwermut, die über diesem Song lastet, oder vielleicht auch gerade deswegen, stellt er für mich den Höhepunkt der Platte da. Nostalgischen Herzen und gegens-erwachsen-werden-Sträubenden dürfte das wirklich fast die Tränen in die Augen treiben. „Humming“ vertreibt im Anschluss den Kloß im Hals mit einer großen Prise Optimismus und einer völligen Unbeschwertheit. Während der Anfang des Albums ein bisschen etwas von einer emotionalen Achterbahnfahrt hat, kehrt zur Mitte hin die Ruhe ein. „Hello Euphoria“ und „Dizzy on the Comedown“ sind die perfekten Soundtracks für sommerliche Sonntage am Fluss oder in der Natur. Doch mit „Diazepam“ und den anschließenden Tracks wird die einzige Schwäche dieses Albums klar: Vor allem die zweite Hälfte von „Peripheral Vision“ ist etwas zu gleichartig und zu ruhig geraten, sodass kaum noch Songs wirklich herausstechen. Lediglich „Take My Head“ fällt wegen dem poppigen Refrain mit seinem frischen Hauptriff und dem kurzen experimentellen Ausflug gegen Ende hin nochmal richtig auf. Dem hohen Niveau tut diese Feststellung jedoch keinen Abbruch, und nach so vielen großartigen Nummern zu Beginn muss man vielleicht sowieso erstmal durchatmen. Textlich fügt sich „Peripheral Vision“ sowohl in die eigene Diskographie als auch in die Pop-Punk-Sparte gut ein, wobei ich die Musik, die TURNOVER inzwischen schreiben, getrost auch in die noch größere Schublade Indie werfen würde. Mit verzerrten Drei-Akkord-Teenie-Songs hat das jedenfalls nicht mehr allzu viel gemein.

 

Fans von Run For Cover, Topshelf Records und Co. haben es hier definitiv mit einem Anwärter auf das Album des Jahres zu tun. Allein schon deshalb, weil es immer wieder sehr erfrischend ist, wenn eine Band sich so sehr in ihrer eigenen Nische platziert, wie TURNOVER es auf „Peripheral Vision“ tun. Wer „The Things We Think We’re Missing“ von Balance & Composure oder „Reverie Lagoon“ von Seahaven 2014 auf seiner Liste ganz oben hatte, der wird auch „Peripheral Vision“ lieben. Diese Platte trifft irgendwo in die Mitte, denn TURNOVER klingen auf ihr etwas weniger bedrückend als Balance & Composure, aber dafür etwas aufgeweckter und weniger verträumt als Seahaven.

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Marcel

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