05.06.2007: Silverstein, Today Forever , Afire - Münster - Tryptichon

05.06.2007
 

 

Stagedives, Singalongs und Circlepits auf einer Emo-Show? Noch dazu bei einer Band, die bei Victory gesignt ist? Geht nicht? Geht sehr wohl, wie der verdammt tighte Auftritt von SILVERSTEIN und ihrem famosen Support TODAY FOREVER im Münsteraner Tryptichon am vergangenen Dienstag beweisen konnte. Vielleicht lag es aber auch an der allgemein guten Stimmung, die beide Bands verströmten, denn die erst kürzlich abgeschlossene Deutschland-Tour der Jungs war ein grandioser Erfolg, die mit einer ausverkauften Show im Münsteraner Tryptichon ihr fulminantes Ende finden sollte.

Doch nach der Ankunft konnte man sich es erst mal in der abendlichen Sonne gemütlich machen, denn Herscharen von Emo-Kids belagerten das Tryptichon und reihten sich in einer 100m Schlange vor der Treppe, die zum Club heraufführt. Zwar kann warten im Allgemeinen stinken, aber am diesen Abend hatte es durchaus seinen Reiz sich erst mal ausgiebig umzuschauen, denn die Frisuren, Mode-Accessoires und tonnenweise vermalte Schminke, hatte einen sehr unterhaltsamen Touch, der die Wartezeit beträchtlich verkürzte. Allen voran die nicht von der Hand zu weisende Uniformität mancher Kids war extrem belustigend. Nach einer Weile ging uns das Warten aber auf die Nerven und wir drängelten uns in das bereits prall gefüllte Tryptichon vor, wo wir bereits um kurz nach acht von den chaotischen Klängen des ersten Supports AFIRE in Empfang genommen wurden. Die Band hatte durchaus was für sich, denn ihr brutaler Screamo verschreckte bereits zu einer frühen Zeit die hauptsächlich jüngeren Zuschauer und verweichlichten Studenten, die sich stolz wie Oscar mit ihrem frisch erworbenen Silverstein-Shirt durch das Tryptichon schlängelten. Gehört es eigentlich nicht mehr zum guten Ton, dass Bandshirt nicht bei dem Konzert der jeweiligen Band zu tragen? Egal, es ging an diesem Tag ja auch nicht darum den Hardcore-Knigge zu predigen. Während der letzten Akkorde von AFIRE, inklusive verfremdeten ‚Boys Don’t Cry’ Cover, ging es weiter mit der Modensch… ähm, ich mein natürlich mit dem Konzert.

Als nächstes stand eines der besten Guideline-Releases der letzten Zeit, auf der Bühne. Die Rede ist von niemand geringerem als TODAY FOREVER, die sich zum Teil aus Leuten der Old-School Combo XGRACEX rekrutieren und den offiziellen Tour-Support für SILVERSTEIN darstellten. Manch einem wird die Kombination ein wenig komisch vorkommen, doch interessanterweise ließ sich das Publikum durch das anfangs angespielte Pink-Cover direkt mitreißen und markierte den Knackpunkt des Abends, denn ab dem zweiten Song von TODAY FOREVER brannte die Luft im Tryptichon. Gute Laune, Stagedives und Circlepits dominierten fortan das Bild vor der Bühne. Die Band gab sich alle Mühe die Stimmung immer wieder auf ein noch höheres Level zu pushen und mit Verlaub, das ist TODAY FOREVER mehr als nur einmal gelungen. Absolutes Highlight der Show war das grandiose Texas Is The Reason Cover, dass voller Inbrunst von einem einzigen Anwesendem aus dem Publikum mitgesungen wurde. Zum Glück unterstützte der Silverstein Bassist den Sänger von TODAY FOREVER bei diesem Song. Der Drummer und Gitarrist der Kanadier hingegen zogen es vor die ersten, der noch zahlreich folgenden Stagedives des Abends zu markieren. Eine knappe halbe Stunde zerlegten TODAY FOREVER mit freundlicher Unterstützung des Publikums das Tryptichon und ehrlich gesagt hätte ich nicht gedacht, dass dieser Abend um weitere Highlights noch bereichert werden könnte.

Aber bekannterweise ist irren menschlich, denn nach kurzem Soundcheck und dringend notwendiger Verschnaufpause gingen SILVERSTEIN auf die Bühne, die sichtlich gut gelaunt durch ihre Rock Am Ring und Rock Im Park Auftritte eine betont lockere Stimmung schafften. Direkt mit dem ersten Akkord des Sets sprangen dann die Jungs von TODAY FOREVER ins Publikum und heizten den Pit an, der sich fortan vor der Bühne ausweitete und kaum Platz zum atmen ließ. Sänger Shane Told wurde regelrecht belagert und umgarnt von den weiblichen Fans in der ersten Reihe, während er seine, mit Pathos getränkten, Herzschmerz-Texte zum besten brachte. Das kollektive mitleiden nahm im Verlauf des Konzertes bedrohliche Zustände an und jede Zeile wurde lauthals mitgebrüllt- und gesungen. Natürlich durfte kein Hit der Band fehlen und neben den üblichen Verdächtigen der beiden ersten beiden Alben, gab es noch eine Handvoll neue Songs zu hören, die lustigerweise jeder kannte, den die Lippen bewegten sich bei dem Großteil des Publikums mit. Tja, wie gesagt: Kollektives mitleiden benötigt keine fundierten Textkenntnisse. Ein schöner Höhepunkt der Show waren die beiden ruhigen Songs ‚My Heroine’ und ‚Giving Up’, denen ein kurzer Moment des Innenhaltens seitens des Publikums beiwohnte und die gesanglichen Qualitäten der strapazierten Stimme von Sänger Shane unter Beweis stellten. Mit der Zugabe ‚My Heart Bleeds No More’ und dem versprechen im November wieder auf Tour zu kommen, verabschiedeten sich SILVERSTEIN von einem verausgabten Publikum in Münster. Schöne Show, die ich beileibe nicht so erwartet hätte. Ich bin gespannt auf die nächste Tour der Jungs, die aller Voraussicht nach nicht noch mal in einem solch kleinen Rahmen erfolgen wird.