01.02.2014: MXPX, Allister, Kris Roe - The Glass House - Pomona, CA

01.02.2014
 

 


"They have real jobs now. So let me do mine" ist heute die einzige Reaktion Mike Herreras auf die wiederkehrenden Rufe nach Yuri und Tom - zwecks Komplettierung der eigentlichen MXPX. Auch heute im geräumigen Glass House inmitten der aufgepeppten Innenstadt Pomonas gelegen bringt Herrera die drei Schweizer von CANCER als seine "Hintergrundband" auf die Bühne. Zuvor betraten selbige ALLISTER aus Chicago, ein rarer Tourpartner nicht nur in Kalifornien - in welcher Besetzung auch immer. Neun Jahre Standby (laut Eigenaussage) sollten Poppunkkalauer wie "Radio Player" oder "Somewhere Down On Fullerton" mit Leichtigkeit überleben können, trotzdem schleichen sich die vier Musiker durch ihr Set, dessen kurzweiliger Circlepit von einem ersten Securityeingriff überschattet wird. ALLISTER wirken statisch und schnell gelangweilt, allenfalls Bassist und Sänger Scott Murphy bespasst mit eleganten Tanzeinlagen und Nähe zum Publikum.
Trotzdem schliessen sich "5 Years" oder "Scratch" stimmig an das intensive und dynamische Akustikset von THE ATARIS-Frontmann Kristopher Roe und seiner auf links gedrehten Westerngitarre an. "San Dimas Highschool Football Rules" singt Pomona im Schlaf und lauter als die PA mit, insgesamt reiht der 37jährige über eine halbe Stunde Hit an Hit, stapelt Danksagungen und Songhintergründe. "In This Diary" und "My Hotel Year" gibt es zum Warmwerden, zu RANCIDs "Olympia" in der zweiten Halbzeit gibt es brüderliche Unterstützung von Mike Herrera. Die persönlichen Randnotizen zu Roes Ex-Frau klingen fast so hämisch wie die ersten Nachfragen zum Headliner-Lineup. "Seid nett zu ihnen, sie stammen aus der Schweiz" stellt Herrera in Lederjacke "seine" MXPX vor. "I´m Ok, You´re Ok" und "Middlename" funktinieren vielleicht auch ohne Gitarrist Tom Wisniewski und Energiebündel Yuri Ruley, die immergrüne Vollgaspille haben sich die drei Aushilfsmusiker hinter und neben dem aufgedrehten Bassisten jedoch nicht einverleiben können.
Nicht nur der Opener "Heard That Sound" klingt so beinahe deplaziert und trimmt das (gerne im Übermass weiblich kreischende) Publikum nur im Schneckentempo. "Move To Bremerton" mit persönlicher Einladung nach Hause trifft schon eher ins Schwarze - wäre da nicht ein weiterer gewalttätiger Zwischenfall im Publikum, der MXPX letztlich zu einem zweiten Anlauf zwingt.

In das Set, was das (eigentliche) Trio aus Washington heute deutlich schwächer als noch zu seiner Blütezeit zeigt, drückt Herrera nur mit Akustikgitarre ausgestattet nicht nur das tolle "For Always" und das seltene "Christalina" - sondern nutzt seinen Alleingang ebenso, um Songs seines Countrypunk-Seitenprojektes TUMBLEDOWN vorzustellen. Fragwürdig finden das die meisten kalifornischen Kids im Raum, die - die Zwangspause erstmal überstanden - den Skatepunk lieber mit "Secret Weapon" inhalieren, bei dem sich Kris Roe an Gitarre und Mikrofon revanchiert. "Chick Magnet" schleift zum Endspurt einige mürrische Gesichter wieder auf Seiten von MXPX, ein geglückter Heiratsantrag on stage klaut einige weitere Minuten, die Herrera und Co. jedoch ungefragt hinten dran hängen. Mit Sympathieschnipseln wirft der Headliner heute nur zögerlich um sich, inklusive zehn verlangten Dollarn für eine 7". Nebenan gibt es für gleiches Geld das ALLISTER-ATTACKS!-T-Shirt zum Tourfinal-Sonderpreis ("Kauft lieber gleich mehrere, wir kommen ziemlich sicher laaaaange Zeit nicht mehr wieder!" erklärt Gitarrist Tim Rogner) oder den Dreiersatz künstlerische Fotomotive inklusive Klönschnack mit Kris Roe. Der berichtet aufgeregt, dass er in fünf Wochen bereits wieder in der Nähe aufspielt, um das Jubiläum von "So Long, Astoria" anständig zu feiern. Zehn Jahre, fassen kann er das selber nicht. Damals hatten sogar Tom und Yurey noch keine "real jobs". Und das war - von aussen betrachtet - auch besser so.