03.05.2008: Antitainment, Amiens, Baxter, Nine Eleven, Cobretti - Berlin - Festsaal Kreuzberg

03.05.2008
 

 


Fünf fantastische Bands waren für diesen Samstagabend im Festsaal Kreuzberg angekündigt. Geboten wurde bester Hardcore verschiedenster Richtungen, gepaart mit Vegan Fast Food (Danke!) und thematisch passenden Redebeiträgen der „Wir bleiben Alle!“ – und „Let’s Fight White Pride!“ – Kampagne. Als ich um 21h in Kreuzberg ankam, hatte noch keine Band begonnen. Bis 22.30h füllte sich der Festsaal nur mäßig, sodass COBRETTI aus Köln ihren Hardcore/Punk vor 80 verstreuten Menschen präsentierten. Es viel schnell auf, dass ihnen kleinere Bühnen mit mehr Publikumskontakt eher liegen. Genauso wie die beiden nachfolgenden Bands war auch das Interesse des Publikums an ihnen relativ begrenzt. Dadurch verkam ihr Auftritt zu einer eher undankbaren Aufgabe. Vereinzelt wurde aber trotzdem schon sehr bewegungsintensiv abgefeiert, was von der Band dankbar aufgenommen wurde.

Nach der ersten Band folgte ein Redebeitrag zweier Vertreter der WBA-Kampagne. Sie stellten die Kampagne und bisherige Aktionen vor und verwiesen auf die kommenden dezentralen Aktionstage Ende Mai in Berlin. Dies passte thematisch sehr gut zu dem Anspruch der Show („put politics back into hardcore!“), die unkommerziellen (Konzert)Räume nicht nur zu konsumieren, sondern auch zu gestalten und dafür zu kämpfen. Um 23 Uhr war es dann Zeit für die Franzosen von NINE ELEVEN die Bühne zu entern und sich druckvoll durch ihr halbstündiges Set zu prügeln. Hier wurde sauberer Hardcore in der Manier von Backsight zum Besten gegeben. Schnell und kompromisslos beeindruckten sie wahrscheinlich nicht nur mich. Gemosht wurde trotzdem fast gar nicht.
Mit den ebenfalls aus Frankreich kommenden BAXTER änderte sich der Musikstil ein wenig in Richtung Punkrock: Mehr Chöre, punkigere Riffs, weniger metallisch. Trotzdem blieb es vom Tempo her sehr ordentlich, an der Qualität konnte auch nicht gemeckert werden! Sowieso muss allen Bands musikalische Erstklassigkeit attestiert werden! Wer sie noch nicht gehört hat, sollte das schnellstens nachholen.

Die Berliner Hardcore Szene hatte sich trotz des mit 7 – 10¤ doch sehr humanen Eintrittpreises noch nicht in größeren Mengen in den Festsaal verirrt. Die noch zahlreich im Hof stehenden Menschen begaben sich erst zu AMIENS vorerst letzter Show nach innen, was sich atmosphärisch sofort bemerkbar machte. Alles wirkte plötzlich nicht mehr so verstreut, es gab das erste dicke Circle Pit, Stagedives aus 3 Metern Höhe, die Bühne wurde gekapert, Mikros umgestoßen. Eben alles was dazu gehört. Die sympathischen Berliner Punkrocker waren angesichts ihrer nahenden Auflösung bester Dinge, noch einmal die Bude abzureißen. Mit großartiger Stimmung wurde vom ersten bis zu letzten Song alles gefeiert. Der Sänger war zwar durch eine stärkere Erkältung ziemlich angeschlagen, bekämpfte dies aber erfolgreich mit Antibiotikum und Bier. An der Show gab es einfach nichts auszusetzen. Ein wenig kurz vielleicht. Aber gut, es war schon spät, das ganze war anstrengend genug und man soll aufhören wenn’s am schönsten ist. Mit der Ansage, dass der letzte Song Linoleum von NOFX ist, spielten sich Szenen ab, die jedem Punkrocker die Freudentränen in die Augen treiben: Sofort völliges Chaos, nach 30 Sekunden war die erste Gitarre im Arsch, eine Minute später spielte nur noch das Schlagzeug, der Rest der Band mit Mikro im Publikum, voller Abriss! Yeha!

Während der Umbaupause ging die eine Hälfte Bier holen und die andere raus um erstmal durchzuatmen. Als ANTITAINMENT den Soundcheck starteten, wurde es noch mal voller als bei Amiens. Ich hatte sie ja bis jetzt immer unglücklich verpasst, war also schon gespannt was kommen würde. Die nun ca. 400 Besucher feierten ab dem ersten Ton den Wasserrutschenhardcore der Frankfurter grandios ab. Gespielt wurde eine gesunde Mischung aus beiden Platten. Zwischendurch gab es einen kurzen Redebeitrag von einem Vertreter der „Let’s Fight White Pride“ – Kampagne. Dieser war kurz und prägnant und verwies auf die enorme Wichtigkeit, Hardcore und Punkrock wieder politischer zu gestalten. Dabei bezog er sich auch auf häufig auftretende Probleme des Sexismus, was vom Publikum gut angenommen wurde. Nach der kurzen Pause ging’s dann mit voller Kraft weiter. Mich hat überrascht, dass die auf den ersten Blick komische Mischung aus Hardcore und Elektro auch live so super funktioniert. Genauso der Sprechgesang. Das Publikum lag den Jungs von Antitainment zu Füßen und sang vor allem die Songs der letzten Platte textsicher mit. Antitainment selber schienen aber über diese Popularität nicht so erfreut zu sein. Irgendwie entstand bei mir und anderen der Eindruck der Rockstarattitüde. Das umgehende Gerücht, Antitainment werden sich wegen zu viel Erfolg auflösen, verstärkte wahrscheinlich diesen Eindruck. Vielleicht waren sie auch einfach nur nicht so gut gelaunt und Punkt. Um 3 Uhr war jedenfalls der DIY-Marathon vorbei und die fröhlichen Gesichter verschwanden in der Kreuzberger Nacht.