06.04.2006: Some Girls, Malkovich, Pointing Finger, Presley Bastards - Bremen - Schlachthof-Magazinkeller

06.04.2006
 

 


Ausgezeichnetes Booking wird in Oldenburg und Bremen von RED RED RED getätigt, die auch am sechsten April wieder zuschlugen und neben den kalifornischen SOME GIRLS drei weitere Bands in den Bremer Schlachthof zitierten. Den Anfang durften an diesem Abend die finnischen PRESLEY BASTARDS machen, die aus dem ENDSTAND Dunstkreis stammen und glücklicherweise so ähnlich klingen wie AFI, jedoch keineswegs so dämlich aussehen. Besonders gesanglich konnten die Finnen überzeugen und somit einen tadellosen Auftakt für diesen Konzertabend tätigen.

Weiter ging es mit POINTING FINGER aus Portugal, deren Musik vom kritischen Zuschauer als belangloser „Jogginghosen Straight Edge“ bezeichnet werden könnte, die für ihr Genre jedoch sicherlich als „solide“ beschrieben werden dürfen. Anachronismus ist im Hardcore wohl eine permanente Schwachstelle, der sich nur wenige Bands erfolgreich entziehen können. POINTING FINGER hätten jedenfalls ein bis zwei Jahrzehnte früher mehr als die obligatorischen zwei Menschen vor der Bühne in Bewegung versetzt.

Weitaus innovativer muteten dagegen MALKOVICH an, die aus Holland angereist waren, um mit einer verrückten Mischung zu punkten, die irgendwo zwischen Hairmetal und In-die-Fresse Hardcore anzusiedeln wäre. Auch optisch spielten MALKOVICH (allen voran ihr Sänger) in einer ganz eigenen Liga, so dass von erfrischendem Kontrastprogramm gesprochen werden darf.

Letzten Endes war man allerdings am meisten gespannt auf SOME GIRLS, deren Verortung als Allstar-blah-blah-band ich mir an dieser Stelle erspare. Mir wäre das ganze noch um einiges sympathischer, würde diese ganze Hype Geschichte ein wenig zurückgeschraubt, aber Sympathie ist es sicherlich sowieso nicht worauf die Herren aus San Diego aus sind und insofern soll ruhig weiter gehypt und abgefeiert werden, was ich persönlich als oberaus interessante und konsequente Herangehensweise an Hardcore und eine nicht mehr zu definierende Szene empfinde. Eigentlich sollte es an dieser Stelle genügen sich mit dem Ende der ohnehin nicht sehr langen Show zu beschäftigen, welches aus dem Song „Deathface“ bestand, der sich aus mehrminütigem schreien des Wortes „Ape!“ in Verbindung mit monotonem Einschlagen auf die Instrumente zusammensetzt. Man könnte an dieser Stelle sehr wissenschaftlich werden, Begriffe wie Postmoderne und Dekonstruktion bemühen und würde trotzdem am Ende nur vor einer Band stehen bleiben, die einem ausdruckslos und ohne Kompromisse für mehrere Minuten „Ape!“ ins Gesicht schreit. Das hat für die Musiker sicherlich etwas kathartisches und für die Zuschauenden im besten Fall auch, soll aber sicherlich genauso verstören und tut dieses im Bremer Schlachthof: Jemand aus dem Publikum spuckt auf den Sänger, der Sänger spuckt zurück, ein Becher fliegt auf die Bühne und die Katharsis nimmt Gestalt an. Der Gitarrist der SOME GIRLS nimmt seine Gitarre und schleudert sie mit voller Wucht in die Ecke aus der der Becher kam. Dass dabei sicherlich auch Menschen getroffen werden, die keinen Becher geworfen haben, ist dem Gitarristen genauso egal wie dem Rest der Band der gesamte Zwischenfall. Keiner der Musiker lässt sich aus dem Konzept bringen und es hallt weiter: „Ape! Ape! Ape!“

Meiner Meinung nach liefern SOME GIRLS eine großartige Show ab, die letztendlich auch nichts weiter ist, als genau das: eine Show. Sie beachten das Publikum nur minimal, es gibt keine Ansagen und keinen Blickkontakt. Die Musiker stehen zusammen auf der Bühne, scheinen jedoch jeder für sich zu agieren. Sänger Wes schreit für sich und schenkt seinem Umfeld keine Beachtung. Ein Musikgenre in dem der Abstand zwischen Band und Publikum aufgehoben werden sollte wird hier von SOME GIRLS beerdigt. Sie setzen sich aus erfahrenen und weitgereisten Hardcoremusikern zusammen, die scheinbar endlich eine Plattform gefunden haben um herauszuschreien, wen sie in den letzten Jahren allabendlich vor der Bühne ausmachen: Affen und Nachäffer. (Dass solche auch häufig auf der Bühne stehen, soll in dieser Interpretation nicht verschwiegen werden.)

SOME GIRLS ziehen mit ihrem Auftritt und besonders mit „Deathface“ einen dicken fetten Schlussstrich unter diesen interessanten Konzertabend und vielleicht auch unter Hardcore