06.07.2011: U.S. Bombs, One Trax Minds - Bei Chez Heinz, Hannover

06.07.2011
 

 




Dank der beschämenden und überflüssigen RTL2-Serien rund um den Zollalltag weiß heute auch Tante Else, dass sie aus dem Pauschalurlaub kein totes Reptil im Handgepäck einführen darf. Und auch Hermann hat kapiert, dass 6 Stangen Zigaretten in seinem Koffer 5 Stangen zuviel sind. Mit diesen Vorkenntnissen im Hinterkopf male man sich nun aus wie Sir Duane Peters bei Einreise in die EU den Zollbeamten seine vorbildlich im Halfter an seinem Nietengürtel aufbewahrte Pistole präsentiert. Nur einer von vielen Momenten, der heute Abend zum Schmunzeln anregt.
Ausnahmsweise sommerlich zeigt sich Hannover, auf dem Vorhof fällt sofort der Altersdurchschnitt ins Auge: Gut drei Viertel der Anwesenden dürften die U.S. BOMBS bereits zur Kernzeit vor 10-13 Jahren erlebt und gefeiert haben, alte Tourshirts und noch ältere Träger dieser tummeln sich im Sonnenuntergang. ONE TRAX MINDS, die italienischen Wahlberliner, haben nicht nur eine rauchende Catwalkfraktion, sondern auch duften 1,2,3,4-Punkrock durch die imaginäre Zollkontrolle geschleust. Saftig und in 1a Pose gibt es „I´m Giving All“ oder das pfundige „The Number Two“, auch vor seichtem „Lovesong“-Einsatz schrecken die vier Einwanderer (jetzt zur Hälfte ebenfalls bei TEXAS TERRYBOMB) nicht zurück. Mit dauerhaft wippendem Fuß geht die gute halbe Stunde fast etwas schnell um. Sauberes Songwriting und kräftiges Set – bitte die Hauptband, also ONE TRAX MINDS, zukünftig nicht vernachlässigen!

Der „Master Of Disaster“ hat es inklusive seiner persönlichen Hauptband tatsächlich noch einmal nach Europa geschafft. Ob neben einer Ansammlung an Tourdaten ebenfalls ein Album folgen wird: Scheißegal. Live war das kalifornische Anarchospektakel schon immer ein Spaßgarant. Der vertraute Marschbeat leitet „Tora! Tora! Tora!“ ein und die Silhouette der Kultfigur (mittlerweile jenseits der 50...) verrenkt sich mit den ersten Gesangseinsätzen. Leider wirken Hymnen wie „Warbirth“ oder „ Skater Dater“ aufgrund des nur einfach besetzten Gitarrenpostens heute etwas dünn, dennoch brauchen sich die U.S. BOMBS nicht zu schämen: Chip Hannas klirrend glattes Schlagzeugspiel und die pöbelnden Backingvocals drücken „Isolated Ones“ und „Die Alone“ sofort ins rechte Licht. Für Peters´ Verhältnisse stimmt darüber hinaus ebenso die Mischung aus Rotz und Mühe, nur die wilde(ste)n Bühnenstunts darf man mittlerweile nicht mehr erwarten. Der einmalige Tanzstil des Proskaters und Vollzeitpunks sorgt in Verbindung mit dem bekannten Outfit auch für optisches Entertainment: Die besagte Pistole, eine Sonnenbrille auf der Nase, eine weitere am Hut – nach wenigen Minuten geht es topless und mit Kippe weiter. Die Setlist der U.S. BOMBS rührt die Diskographie einmal von vorne bis hinten durch, nur wenige Releases werden komplett vernachlässigt.
Leider bleibt es mit ca. 45 Minuten bei einem recht kurzen, dennoch mit reichlich Hits angefülltem Besuch, nach dem die Band nach anständigem Zugabenblock auf die Couch (oder der Master evtl. auch ins Sauerstoffzelt) sinkt. Zwischen Kopfschütteln und Grinsen bleibt auch der 2011er Besuch der Herren Hanna, Martinez und Co. in der Sparte „sehenswert“ hängen, alleine der große Duane Peters Zirkus ist sein Eintrittsgeld immer wieder wert. Bitte bleib sauber, Duane – und uns somit noch ein paar Jahre erhalten!