09.12.2010: Maike Rosa Vogel, Young Rebel Set, Nils Koppruch, Thees Uhlmann - Hamburg - Schauspielhaus

09.12.2010
 

 



Einleitend muss ich zu meiner Schande gestehen, noch keinen der heute auftretenden Künstler und Bands jemals vorher auf Platte gehört oder live gesehen zu haben. Mit Ausnahme von THEES UHLMANN, jenen aber immer nur im Zusammenhang mit TOMTE. Die Location heute aber mehr als spannend. Das deutsche Schauspielhaus in Hamburg. Draußen herschen Minusgrade und auf dem Weg kommt man am Hauptbahnhof am Kälteschutzraum für Obdachlose vorbei. Ein kleiner Kulturschock macht sich breit, als ich mich dann in die weichen, samtig rot gepolsterten Stühle unter reich verzierten Stuckdecken niederlasse. Man trinkt Rotwein und ich habe mein Opernglas vergessen. Es schreit alles nach Dekadenz in Reinform und das Schauspielhaus erlebt heute vermutlich eine wahre Verjüngungskur von Innen. THEES UHLMANN kündigt eigenhändig den Moderator des Abends an, welcher sich wahrhaft eine eigene Ankündigung verdient hat: SVEN REGENER. Seines Zeichens Sänger von ELEMENT OF CRIME und Buchauthor, selbstredend ein guter Freund des Hauses VAN CLEEF. Der könnte heute abend auch getrost eine eigene Bühne für sich beanspruchen, denn er führt humoristisch durch den Abend und lässt wirklich keinen alten Kalauer aus.

MAIKE ROSA VOGEL macht den Anfang. Der Name ist Programm. Kleines liebes Mädchen, barfüßig, mit Karohemd und Jeans. Gitarre und Mundharmonika. Klingt ein wenig wie DOTA ohne die Stadtpiraten und kommt auch aus Berlin. Singer/Songwriter, lieb und süßlich. So wird sie auch schon recht schnell von der Bühne gescheucht. Man bekommt den Einduck als hätte sie ihr geplantes Set nicht durchbekommen.

YOUNG REBEL SET greifen die Dekadenz des Abends auf und gönnen sich wirklich einen Mann, der alleine für den Mundharmikasound zuständig ist. Dass das Sinn macht hört man aber auch. Sie gehen ordentlich nach vorne. Bringen Schwung in den Laden. Mundharmonika für sich alleine gibt auch mehr her, als wenn man nebenbei noch Gitarre spielen muss. In den ersten Reihen stehen so nen paar Rebelle wirklich auf und beginnen zu tanzen. Die alten Punker, die! Die Zwischenansagen schwanken zwischen tiefstem nordbritischen Akzent und totaler Vollalkoholisierung. Der Sound sitzt aber. Guter, schwungvoller Country. Das möchte ich gerne nochmal in einer lauen Sommernacht im Stehen genießen.

Die Zigarettenpause vor dem deutschen Schauspielhaus erfolgt unter Betrachtung des deutschen roten Kreuzes, welches warme Suppe an die Bewohner des Kälteschutzraumes verteilt. NILS KOPPRUCH darf alleine anfangen und auch hier: Countrysound der gezogenen Töne. Weiterhin unaufregend. Wir versinken im roten Samt und machen es uns muggelig, treiben auf Gesang dahin, nehmen die Texte in der Dösigkeit kaum wahr.

THEES UHLMANN beginnt sein Set ohne Freunde aber mit altbekannten Songs von TOMTE alleine an der Gitarre. Um sich die Gunst des Publikums zu erspielen? Man weiß es nicht. YOUNG REBEL SETS Mundharmonikabläser darf zur „Schönheit der Chance“ mit auf die Bühne. Nachdem die Freunde auf der Bühne sind, fragt man sich, warum dass nicht wirklich TOMTE sind. Kein Unterschied. Hatte er zuviele Songs für eine Band? Hatte der Rest keine Lust? Die neuen Songs erinnern Streckenweise erschreckend an MARIUS MÜLLER WESTERNHAGEN, haptisch tritt THEES in OTTO WAALKES´ Fußstapfen. Die dargebotene St. Pauli „Hymne“ „Das hier ist Fußball“ spiegelt so ungefähr den Stand des Vereins wider: ein wenig niedergeschlagen und man möchte ihn wirklich einfach nur umarmen. Also den FC St. Pauli. Weitere Stücke für die Zugabe gibt es nicht. Man drückt auf die Repeattaste.

Konzerte mit Bestuhlung hemmen die Stimmung, Country ist streckenweise ein zweifelhafter Trend, welchem es zu folgen oder zu flüchten gilt. Ausgeschlachtet wird er derzeit allemanl. Ein netter aber nicht überragender Abend im Schauspielhaus. Kann man mal erlebt haben. Die gesehenen Bands machen aber sicher mehr Freude auf anständigen Club- oder Open Air Konzerte. Man könnte jetzt noch die AUIOLITH PARTY im Anschluss mitnehmen können, doch ich bin eingelult. So fühle ich mich irgendwie alt und in meiner Spießigkeit bestätigt, als ich mich um halb zwölf auf den Weg nach Hause mache und denke, dass ich den morgigen Arbeitstag nach dem Abend locker meistern werde.