10.10.2014: The Saddest Landscape, Frameworks, The Tidal Sleep - Cafe Nova, Essen

10.10.2014
 

 



Nach eigenen Aussagen der Band war es damals unsicher, ob es sich um die letzte Tour handelt: Anfang 2012 waren THE SADDEST LANDSCAPE mit We Were Skeletons unterwegs in Europa, doch fast drei Jahre später kommt die Band tatsächlich zurück auf den alten Kontinent – und diesmal betont sie, dass es wirklich das letzte Mal sein könnte.

Die Tourbegleitung ist diesmal sehr hochwertig. Man hätte sich kaum eine geeignetere Band aus Deutschland ins Boot holen können als THE TIDAL SLEEP. Die fünf Herren aus Mannheim glänzen live durch ihre spielerisch fast makellosen Auftritte und haben vor kurzem mit „Vorstellungskraft“ sicherlich eines der besten nationalen Releases im erweiterten Hardcore-Sektor auf den Markt gebracht. Und damit beziehe ich mich nicht nur auf das Jahr 2014. Es wundert mich folglich also nicht, dass bereits um halb neun zur zweiten Band das Essener Café Nova so gut gefüllt ist, das man kaum noch durch die Glastür in den Konzertraum herein kommt. Vor der Bühne wird noch ein Sicherheitsabstand von etwa einem Meter eingehalten, doch daran stört sich die Band nicht. Sofort scheinen THE TIDAL SLEEP den Raum mit ihren effektlastigen Gitarrensounds in den Bann gezogen zu haben, und viele der Fans finden sichtlich Freude an der Atmosphäre, die THE TIDAL SLEEP da aufbauen. Ich weiß ehrlich gesagt gar nicht wen aus der Band ich am ehesten loben soll, jeder der fünf Musiker spielt auf hohem Niveau und man merkt den Mannheimern an, dass sie das nicht erst seit gestern machen und dass das wahrscheinlich auch nicht ihre erste Band ist. Doch vor allem der Schlagzeuger fällt mir immer wieder auf, da ohne sein versiertes und genaues Drumming die Lieder nicht so rüberkommen würden. Vor allem die unglaublich schnellen Wechselschläge auf dem Rim der hohen Tom bei „Thrive & Wither“ lassen meine Kinnlade gen Boden sinken. Und das nicht nur für 2-3 Sekunden, sondern gefühlt fast eine Minute lang. Ordentlich Druck (an Bass und Schlagzeug) ist auch mit im Spiel, sodass es einem, obwohl die Gitarristen meist Melodien oder hohe Riffs spielen, sehr kraftvoll erscheint, was THE TIDAL SLEEP da fabrizieren. Alte Songs wie „Serpent Hug“ lockern das Set auf, welches sich logischerweise auf das neue Album konzentriert. Zwar waren auch die Songs der EP schon großartig, doch die Band hat mit ihrem Debütalbum wirklich nochmal ein paar Schippen in Sachen Songwriting und Produktion draufgelegt. Live wie auch auf Platte erinnert das stark an Bands wie Pianos Become the Teeth und Touché Amoré, ohne dort abzugucken. Daher seien THE TIDAL SLEEP jeglichem Fan dieser Kapellen mit Nachdruck ans Herz gelegt!

FRAMEWORKS, ebenfalls aus den Staaten und sogar Split-Partner von The Saddest Landscape, sind mir bis dato noch kein Begriff und daher sozusagen ein unbeschriebenes Blatt. Mich wundert es gleich, wie ich an den Jungs vorbeigekommen bin. Zwar sind die Mitglieder teilweise noch sehr jung (18-24), aber ihre Musik weist schon einiges an Reife und musikalischer Vorerfahrung auf. Auch der gerade erst volljährig gewordene (in Deutschland, nicht in den Staaten – das riecht nach einer guten Woche Toursuff) Schlagzeuger dieser Band steht seinem Vorgänger von The Tidal Sleep nicht wirklich nach. Sein Spiel sprotzt nur so von Ideenreichtum und aus dem Takt kommt er dabei nicht mal im Ansatz. Man merkt: Aus FRAMEWORKS ist in diesem Jahr eine Vollzeit-Band geworden. Nicht nur der Drummer ist kreativ, auch an den Gitarren sowie den verschiedenen Gesangsparts wirkt die Band sehr vielseitig. Manchmal kommt einem das fast schon zu abgespacet vor, beispielsweise als der Leadgitarrist im vorletzten Song ein Solo mit Bottleneck spielt, das Erinnerungen an Spongebob Schwammkopf weckt. Zur Setlist kann ich aufgrund meines Unwissens leider nichts sagen. Fest steht, dass auch FRAMEWORKS mit ihrem verkopften, unkonventionellen Post-Hardcore gut in den Abend passen. Leider wird die Band Opfer technischer Probleme und bereits am ersten Tourtag scheint ein Amp durchgeraucht zu sein. So brechen die fünf Musiker ihr Set vor dem letzten Song notgedrungen ab. Die Besucher des Cafe Nova sind so begeistert, dass sie Zugabe fordern, die ihnen FRAMEWORKS leider nicht bieten kann. Ich bin mir jedoch sicher, dass die Kapelle auf dieser großen Tour genug neue Fans gewinnt, sodass sie Europa bestimmt noch einmal beglücken kann.

Für THE SADDEST LANDSCAPE könnte es, wie eingangs bereits erwähnt, das letzte Mal sein. Dies ließ die Band zumindest vor einigen Tagen auf ihrer Facebook-Seite die Follower wissen. Für die Europa-Tour mit The Tidal Sleep und Frameworks hat man jedenfalls nochmal mehrere hundert exklusive Tour-Platten mitgebracht, die weg gehen wie die warmen Semmeln. Endlich wacht das Cafe Nova auch im Konzertraum auf und wagt den letzten Schritt zur Bühne. Der Raum ist brechend voll, die Show war wahrscheinlich fast ausverkauft an diesem Abend. Spannung liegt in der Luft und entlädt sich erst, als THE SADDEST LANDSCAPE mit „This Heals Nothing“, dem zweiten Lied ihres neusten Albums, das Set ins Rollen bringen. Die Menge rastet kollektiv aus und schreit dem ohnehin immer sehr publikumsnahen Frontmann Andy entgegen. „Declaring War on Nostalgia“ folgt nicht viel später und stellt ohne Frage einen weiteren Höhepunkt in Sachen Publikumsbeteiligung dar. Leider wird auch der Headliner des heutigen Abends vor technische Probleme gestellt und daher kommt es mehrmals vor, dass Maddox die Stille überbrücken muss, die die Musiker selbst sicherlich am meisten nervt. Dies tut er jedoch auf ziemlich charmante Art und Weise und erzählt von seinem bisherigen Tag, dass er einige Filme im Flugzeug angeguckt hat (u.a. Bad Neighbors). Wirklich gerne scheint er jedoch nicht im Rampenlicht zu stehen, zumindest nur dann, wenn seine Band mit ihm am musizieren ist. Nach langer Pause geht es dann irgendwann weiter, ohne dass jemand in der Zwischenzeit genervt den Raum verlassen hätte. Abgesehen von den technischen Problemen war der Sound im Cafe Nova bis jetzt durch die Bank weg sehr gut, und so auch bei THE SADDEST LANDSCAPE. Ein diskutabler Punkt ist jedoch die Songauswahl: Fast ausschließlich Stücke der neusten beiden Alben. Mich als Fan der jungen Stunde freut das, doch andere stoßen sich bestimmt daran, schließlich gibt es die Band schon ein paar Jährchen. „Desperate Vespers“ ist der vielleicht schönste Song des Abends. Generell besticht der Sound von THE SADDEST LANDSCAPE neben den melodischen und einprägsamen Gitarren genau durch das, was die Hater der Band wahrscheinlich am meisten aufregt: Die weinerliche Stimme von Maddox. Doch in keinem anderen Lied kommt diese besser und passender zur Geltung. Auch „Eternity Is Lost on the Dying“ darf natürlicht nicht fehlen und gerade die Shouts in die Stille („Who stole our hearts and who left us so hollow?“) jagt einem die Gänsehaut über den Körper. Nach weiteren technischen Unterbrechungen gibt es wider Erwarten und wider der eigenen Ankündigung noch einige Zugaben für die unersättliche Menge. Um kurz vor elf sind also fast alle Wünsche der Konzertbesucher erfüllt und das Nova wird in Richtung Parkplatz und öffentlichem Nahverkehr verlassen. Man darf gespannt sein, ob es das wirklich letzte Mal für THE SADDEST LANDSCAPE war.