14.05.2011: Raised Fist, Confession, Hundredth - Hamburg- Grünspan

14.05.2011
 

 

Okay, wagen wir ein Experiment: Schicken wir Singersongwriterindieemopunkcorejule auf ein Fratzengeballerkonzert, damit sie auch mal (wieder) was Anständiges zu hören bekommt. Samstagabend, Hamburg, Grünspan, zwischen Regenschauer und Sonnenstrahlen, nach Bundesligasaisonende und verlorenem Abstiegskampf des FC. Eigentlich ist noch früher Nachmittag, der Einlass beginnt um 18:30h. Das Publikum möchte dem Klischee nicht entsprechen, wie unglaublich entspannt.

19:30h geht es dann auch schon los. HUNDREDTH entern die Bühne mit Hilfe des auferstandenen Johnny Cash. Das Grünspan noch recht unbefüllt, der Sicherheitsabstand zur Bühne wird überanständig gewahrt. Ein paar Rumpelstilzchen verteidigen den Dresscode für ein solches Konzert, proben vor der Bühne vereinsamt den Aufstand und buhlen um die Gunst des Sängers, der sich nur selten erbarmt und das Mikro zum Fanshout herablässt. Interaktion mit dem Publikum gehört nicht zu den Stärken der Band. Dafür: Sauberer Sound, etwas zu blitzblanke Show, es bleibt ruhig, wenig Herzöffnendes und nach 30 Minuten ist es dann auch schon vorbei.

20:15h (ja, ich nutze auf Konzerten gerne die Uhr) geht es weiter mit CONFESSION. Das es laut ist, muss ich an dieser Stelle nicht erwähnen. Allerdings klingen CONFESSION so unglaublich monoton, dass es sich kaum lohnt, die Zehenspitzen zu reanimieren. Die Rumpelstilzchen haben sich vermehrt, produzieren sich immer noch und geraten in unglaubliche Extase, als der Sänger zum Moshpit auffordert. „Hurt someome!“, schreit es von oben und meiner einer fasst sich im Geiste an den Kopf. Selbst wenn das eine ironische Bemerkung zur Füllung des Freiraumes vor der Bühne sein sollte, wo bleibt die so geschätzte Achtsamkeit? Früher hieß es mal: Habt Spaß, aber passt aufeinander auf. Das einzige woran es nichts zu meckern gibt ist auch hier Soundqualität. Gute Mischer haben sie dabei und so bröselt bei jedem Basedrumschlag ein Stück mehr der Schädeldecke. Sauber! Zum Abschluss noch „Break Stuff“ in bester LIMP BIZKIT Tradition samt Gastspringer mit Fred Durst Statur. Ich beginne zu denken, dass ich den Schlüssel für diesen Musikstil nicht finden kann. Nach 30 Minuten ist auch hier Feierabend.

Doch dass es oft anders kommt und vor allem als man denkt, bekomme ich ab 21h gezeigt. RAISED FIST legen eine bombastische Show hin. Auf der Bühne: Drei bangen, einer mosht (in Münster geht das andersrum) und den Trommler gibt es auch noch. Das Grünspan ist von jetzt auf gleich rappelvoll und es quetscht sich. Ein Sänger, der mit dem Publikum in Interaktion tritt. Geballte Muskelkraft springt in ungeahnte Höhen, feuert an. Kraft an allen Ecken und Enden, Sound, Endorphine, Adrenalin, Schweiß und Fäuste. Ein Feuerwerk der Emotionen. RAISED FIST ballern ihr Set durch und reißen alles mit und ab, was da so rumsteht und nicht hingehört. Das mit dem Stagediven funktioniert nicht so richtig, hält aber niemanden davon ab, es nicht dennoch andauernd zu versuchen. Umso erstaunlicher, dass der Hardcorepowerriegel nach einer dreiviertel Stunde inkl. Zugabe gegessen ist. Letzteres habe ich auch nur festgestellt, weil wir uns wunderten, dass es noch hell war, als wir aus dem Grünspan stolperten. Nordish by Nature: Bei uns geht die Sonne niemals unter und nach einem solchen Konzert scheint sie einem manchmal aus dem Arsch. Selbst der Singersongwriterindieemopunkcorejule.