14.08.2005: Social Distortion, Backyard Babies, Cooper - Hamburg – Grosse Freiheit 36

14.08.2005
 

 

Bereits Wochen zuvor konnte ich bei dem Gedanken an dieses Ereignis einfach nicht das Grinsen aus meinem Gesicht bekommen. SOCIAL DISTORTION kommen nach Ewigkeiten endlich wieder auf Tour. Die Begeisterung war entsprechend so groß, dass alleine in Hamburg zwei Zusatzkonzerte dazugebucht wurden, und so reisen wir Sonntags gen Hansestadt um den dritten Hamburgtermin in dieser Woche zu erleben. Bei einer komplett ausverkauften Tour ist es doch sehr angenehm die Band in einer „nur“ 1200 Leute fassenden Location zu erleben. Überpünktlich treffen wir also an diesem verregneten, kalten Tag im Hochsommer 2005 vor der Großen Freiheit 36 ein, die pünktlich um 19:00 Uhr ihre Pforten öffnet.

Das liebe ich ja an den Konzerten in Hamburg – pünktlich fangen die Konzerte an und man muss sich nicht Ewigkeiten an der Bar rumdrücken. Um 20:00 Uhr betritt also das erste europäische Signing von Kung Fur Records, COOPER, die Bühne und legt sogleich mit dem Opener ihres im April erschienen Albums, „Cooper Makes Tomorrow Alright“ los. Schmissiger Poppunk schallt in die Location und die Crowd nährt sich so langsam der Bühne. Entweder ist die Bude noch nicht voll oder der Barbereich fasst einfach so viele Leute, denn die netten Melodien der Holländer locken nicht wirklich das Publikum in Richtung der Scheinwerfer. Nun ja, sehr verwunderlich ist dies nicht, bedient der poppige Punkrock von COOPER doch eher ein andere Klientel als die Punk’n’Rolligen Klänge der BACKYARD BABIES und SOCIAL DISTORTION. Nichts desto trotz legt das Trio eine ambitionierte Show mit den Hits ihres aktuellen Albums hin, noch Ende dieses Jahres wollen die Jungs im kleineren Rahmen zurückkommen, für heute ist das Set jedoch nach ordentlichen 30 Minuten vorbei.

Schnell beginnt die Umbauphase und das Publikum fängt an die freie Fläche vor der Bühne zu belegen. Einige unverständliche Rufe verhallen und ich frage mich ganz kurz, ob die Leute hier wissen, dass doch erst noch die BACKYARD BABIES kommen... Aber die Crowd ist sich dessen durchaus bewusst und feiert die 4 Schweden von der ersten Minute ab. Frontmann Niklas "Nicke" Borg im tighten Axl Rose Outfit bekundet schnell seine Liebe für die Hansestadt bevor ein weiterer Song des letzten Albums, "Stockholm Syndrome", abgeliefert wird. Fingerpointing und freudiges Mitgegröhle ist die Reaktion des Publikums, welches sichtlich begeistert die Show genießt. Ein bisschen sorgen mache ich mir um den mit den wahrscheinlich längsten Koteletten der Weltgeschichte neben Wolverine ausgestatteten Drummer, Peder, der sich an seinen Kesseln absolut verausgabt, nach jedem Song sichtlich hyperventiliert, sich mit Wasser en masse überschüttet und aussieht als würde er gleich kollabieren. Um es vorwegzunehmen, er hat es überlebt, aber lange Zeit war ich mir da nicht sicher. Während Basser Johan unter seinen blonden Zotteln hervorlugt und in Pose seine Saiten bearbeiten, hüpft Gitarrist und Dregen mit seinen dunkel geschminkten Augen und den zig Piercings wie ein Dervisch über die Bühne. Rock’n’Roll to the fullest mit Hardrock und Glam Breitseiten ist hier im Gange und entsprechend tief hängen auch die Gitarren der Jungs. Es ist bekannt, das SOCIAL DISTORTION eines der klaren Vorbilder der BACKYARD BABIES sind und das SD Männchen, das mitten auf dem Hals von Nicke prangert bedarf entsprechend keiner weiteren Erklärung. Man ist zwar nicht das erste mal gemeinsam auf Tour und die BACKYARD BABIES durften ja auch schon in den USA für SOCIAL DISTORTION eröffnen, unter den interessierten Blicken von Mike Ness im Hintergrund wachsen die Schweden jedoch ein weiteres Mal über sich hinaus und liefern eine fulminante Show ab bei der natürlich weder die Hits wie "The Clash" noch Material von den älteren Alben fehlen. Nach 45 Minuten ist das Spektakel vorbei und die letzte Umbauphase vor dem Hauptact bricht an.

Es vergeht eine weitere halbe Stunde dessen klares Highlight die Enthüllung des riesigen SOCIAL DISTORTION Banners sein sollte bevor Mike Ness unter Begleitung seiner Mitmusiker die Bühne betritt. Tobender Applaus und eine Jubelstimmung sondergleichen. Gut gelaunt stellt sich Mr. Ness ans Mic, hängt sich seine goldene Gitarre mit dem Orange County Aufkleber um und legt mit den ersten Smashern des aktuellen Albums, "Sex, Love and Rock’n‘Roll" los. Die Stimmung die sich im dick gepackten Saal breit macht ist unglaublich positiv, die Leute tanzen und freuen sich über diese seltene Gelegenheit eine lebende Legende wie Mike Ness vor die Nase zu bekommen. Jener Ness, mit getuschten Augen und einem Charisma sondergleichen ausgestattet tritt nach einigen aktuellen Glanzleistung die Reise durch die L.A. Punkrock Historie an. Unter anderem gibt es also Hits wie "Sick Boy", ein wunderbar verlängertes "Prison Bound" oder "Ball and Chain" für die Tanzfreunde. Mike Ness hält zwar keine großen Reden zwischen den Songs, die Ansagen, die er macht kommen jedoch alle vom Herzen und bestehen nicht aus purem Phrasengedresche. Er widmet Songs der jungen Generation und wünscht ihr, aus dem größten Ärger rauszubleiben, den seine Generation noch erlebt hat. Überhaupt ist das Publikum gut gemischt mit gestandenen Rockern und jeder Menge Leute, die zu Zeiten der Gründung von SOCIAL DISTORTION noch nicht einmal laufen konnten oder vielleicht noch nicht einmal geboren waren. Von den Punk Rock Krachern geht es in die Country-lastigern Gefilde und auch eine rein instrumentale Blues Nummer wird begeistert aufgenommen. Mike Ness zeichnet sich nicht durch wildes Rumgehopse auf der Bühne aus – alleine durch sein Mimenspiel liefert er eine fantastische Show ab, bei der er dem Publikum immer wieder gerne so nah wie möglich kommt. Der 43 jährige liebt es einfach auf der Bühne zu stehen und genießt jedes kleine Gitarrensolo mit einer ausgesprochenen Inbrunst. Natürlich darf am heutigen Abend ein "Don‘t Drag Me Down" nicht fehlen, welches einem gewissen George W. und seiner Politik gewidmet ist, ebenso wenig fehlen wie das für den verstorbenen Dannel geschriebene "Don’t Take Me For Granted". Zu einem piratenähnlichen Trinklied werden dann auch nochmal die BACKYARD BABIES auf die Bühne geholt, die den Refrain munter mitsingen und die gemeinsamen Momente im Scheinwerferlicht genießen. Nachdem sich Ness nochmal das Publikum von den Scheinwerfern ausleuchten lässt und sich für den wunderbaren Abend bedankt (dem kann ich mich nur anschließen) geht es auch bald hinter die Bühne. Übrigens hat sich bei der Frage wer am nächsten Morgen früh zur Arbeit muss, keiner zum geregelten Arbeitaltag bekannt.

Natürlich lässt man SOCIAL DISTORTION nicht so leicht davonkommen und natürlich geben Mike Ness und seine Jungs eine Zugabe, bei der dann auch mal das aktuelle Line-Up vorgestellt, welches bei der ganzen Begeisterung um Ness ziemlich an mir vorbei ging. Gespielt werden dann unter anderem die Coverversion von "Ring Of Fire" sowie das abschließende "Story Of My Life". Ein wundervolles Konzert endet um kurz vor zwölf auf das man den Heimweg antritt. Direkt auf der Autobahn fängt es dann auch wieder richtig an zu schütten, aber das ist egal, denn SOCIAL DISTORTION waren das beste Konzert seit langem.

Zu den Galerien:
Social Distortion - Hamburg - Grosse Freiheit 36 (14.08.2005)
Backyard Babies - Hamburg - Grosse Freiheit 36 (14.08.2005)
Cooper - Hamburg - Grosse Freiheit 36 (14.08.2005)