15.05.2011: Spanish Gamble, Smile And Burn - Bei Chez Heinz, Hannover

15.05.2011
 

 



"Konzert? Oder eher Tatort und ´ne Pizza...?" Klar, bei dem abartigen Herbst, der sich am heutigen Sonntagabend über Hannover breitmacht, ist "Füße hoch" eine goldene Alternative. Wer jedoch sein Taschengeld eher in das Wochend-Begräbnis-Bundle von Pazzo Shows steckt - alles richtig gemacht!

Nachdem sich die Europatour der Gainesville´rischen Trinkerjugend SPANISH GAMBLE von Gerüchten wie Verhaftungen und Körpersekreten im Tourbus begleitet quasi alleine promotet, gibt es für den tapferen Stamm angereister Freunde von gepflegtem, humanem und bodenständigem Sound aus dem SHOOK ONES / POLAR BEAR CLUB-Kapitel zuvor die ausgeschlafene Partie von SMILE & BURN zu bewundern. Die jungen und vor allem sympathischen Berliner scheinen sich weder für Wochentag noch Publikumsumfang zu interessieren (richtig so!) und rotzen zackig und hellwach Perlen wie "Tootles Has Returned To London" oder "Don´t Rock The Boat, Sink The Fucker" um sich, optisch angeführt von jeder Menge Bewegung innerhalb der Band. Wolli, Chris und Co. haben einfach reichlich Bock und fitte Knochen, die Kumpels von ALL ABOARD sollen den Weg aus Mönchengladbach schliesslich heute auch nicht umsonst gemacht haben. Das gut 35-minütige Programm, vorwiegend der LP "Flight Attempt Of The Kiwi" entstammend, macht schlicht Spaß und rückt Regen, Sofa oder Lieferservice schlagartig in den Hintergrund. Das Hemd ´nen Zehner, Vinyl ´nen Zehner, Kiwis und Salzstangen für umme. Alle Hits gespielt? Run-DMC-Ripoff-Shirts beworben? Ausreichend Gelegenheit für Sing-A-Longs und kaputte Snareteppiche? Bitte sehr. Berlin gibt ab an Florida.

"There Is No God Tonight..." Kann es eine bessere Textzeile geben, mit der vier versoffene und übermüdete Amis die letzten Kraftreserven zusammensammeln und mit typischem Flanellhemd-Punk ihr Sonntags-Potpourri aus dreckigen Suffhymnen und kratzenden Melodien eröffnen? Die als DIRTY MONEY gegründeten Mannen um Frontmann Colin wirken zwar optisch durchaus "gefährdet", über die Beiträge der Setlist wie "A Four Letter Word", "Can I Live?" oder das überragende "We Are The Restless" dringt aber keine Spur der Erschöpfung nach außen. Eine Kunst, befinden sich SPANISH GAMBLE momentan auf ca. 100-tägiger Tour über den Globus. "Science Can´t Explain Magic" oder das passende "Sunday Curse" geben Antwort. Basser Ryan musste schon mit einem Hörsturz auf dem rechten Ohr, Drummer Birdman mit einer (angeblichen) Verhaftung nach einem Techtelmechtel mit männlichen Prostituierten bezahlen. Dennoch lebt die Band ihren Alltag, es gibt Shots in der Setmitte (was sonst...), SPANISH GAMBLE passen wie Arsch auf Eimer in den dunklen und engen Kellerraum, der heute Zeuge des ehrlichen und vollblütigen Paper & Plastick-Gespanns wird. Leider ist die Spielzeit aufgrund lediglich eines LP-Releases begrenzt, aber mit feuchten Chorgesängen zu "It´s All Coming Down" und mehr als ausreichend herzlichen Danksagungen lässt sich der Abend abkömmlich ausklingen. Wuchtig und zugleich emotional, live noch mehr an HOT WATER MUSIC oder NOTHINGTON angelehnt, entlassen die Jungs das überschaubare Publikum in die Nacht zum Montag und gönnen sich selber hoffentlich auch mal eine Mütze Schlaf, damit sie es auf der nächsten Weltreise wieder in unsere Nähe schaffen. "Füße hoch" in Gainesville - das war gestern.