17.11.2009: Billy Talent, Silverstein, Cancer Bats - Hamburg - Color Line Arena

17.11.2009
 

 

Nachdem auch in unseren Landen nach und nach immer mehr (Untergrund?) Rockbands von Übersee dem Status von IRON MAIDEN gerecht zu werden scheinen, folgt ein weiterer Beweis dafür an diesem Dienstag. Mit offenen Mündern biegen wir vom Autobahnzubringer in die Sylvesterallee aka Color Line Arena Boulevard. Nach 10-minütigem Fussmarsch vom Parkplatz bis in die Halle, die einem Stadtteil gleicht, erreichen wir pünktlich das Set der CANCER BATS - Level eins des heutigen kanadischen Dreiers. Ihr dicker metallastiger Rock zwingt uns direkt zum Ohrenstöpselgebrauch. Leider bleibt der Sound das komplette Set über breiig und verschwommen. „100 Grand Canyon“, „Lucifer´s Rocking Chair“ oder ein niedermetzelndes „Hail Destroyer“ zum Abschluss haben die Eier sehr tief hängen, aber zünden nicht durch fehlende Atmosphäre. Ein gefühltes Hurricane - Festival aus der letzten Reihe - nur mit Dach. Mit einer kleinen Träne im Auge lassen wir die letzten Töne auf uns wirken.

Die Umbaupause nutzen wir, um uns mit unserem neuen Stadtteil bekannt zu machen. Es gibt Döner-Buden, eine Disco und mit dem Merchstand sogar eine Konsum-Meile, auf der Billy Talent - Promoposter für „nur“ 7 Euro den Besitzer wechseln können. Durch den ganzen Stadtteil laufen junge Menschen mit Bierfässern auf dem Rücken, so dass man wenigstens keine Minutenmärsche für ein Frischgezapftes aufbringen muss.



Schon ist es Zeit für SILVERSTEIN, also Level zwei. Auch bei den Screamo-Schönlingen geht der Gesang leider baden. Umso mehr wissen die fünf Energiebündel, den jungen Teil des Publikums zu begeistern. Mit Gekreische werden (vor allem alte) Stücke wie „Smile In Your Sleep“, „My Heroine“ aber auch „Smashed Into Pieces“ und „Sound Of The Sun“ empfangen und betanzt. Auffällig gut funktioniert bei dieser Band der Teil des Singens/Kreischens – der von Sänger Shane glatt wie auf den Studioaufnahmen dargeboten wird. Auch hier bleibt allerdings von dem Konzerterlebnis aufgrund der Antarktisatmosphäre der Color Line Arena nur eine Erinnerung, die einer Fahrstuhlfahrt ähnelt. Schade.



Vom 12-jährigen Mädel auf Papas Schultern bis zum 40 Lenzen zählenden Berufsstudenten warten alle nun gespannt auf Kanada, die Dritte: Der Tornado - Rock Vierer aus Ontario, mittlerweile ja bekannt aus Funk und Fernsehen, brettert pünktlich mit „Devil In A Midnight Mass“ los. Sofort merkt man, was die Jungs die letzten Jahre zu Hauf trainieren konnten: Eingespielt und handwerklich 1a rotzt man sich durch die Passagen. Das markante Kreischorgan von Frontmann Ben Kowalewicz zündet live noch aggressiver und direkter als auf (zumindest der ersten) LP. Ein Feuerwerk an Hits wie „Surrender“, „This Is How It Goes“ oder „Try Honesty“ gepaart mit literweise echtem Männerschweiß aus allen kanadischen Drüsen würde sicher zum Grill anzünden reichen. Die Songs der ersten beiden Alben „I“ und „II“ wirken frischer denn je und lassen die neuen Stücke wie „Rusted From The Rain“ glatt das Ohr passieren. Emotional merkt Ben die Entwicklung der Band in den letzten sieben Jahren an und erinnert an die erste HH-Show der Band im Molotow. Gute 80 Minuten hält das Quartett durch, dann geben sich die Jungs geschlagen. Läden wie das Molotow wären sicher abgebrannt, nach diesem Spektakel verlassen wir allerdings ohne einen einzelnen Schweisstropfen am Körper die Arena. Trotzdem, Billy – dein Name kommt nicht von ungefähr!