18.07.2012: Joey „Briggs“ LaRocca, The Forum Walters, The Liberation Service - Bei Chez Heinz, Hannover

18.07.2012
 

 


This is L.A.: Konsumwahn, Kamikazeverkehr und Kunststofffreundschaften. Zumindest sind das einige Aspekte, die Joey LaRocca in seinen Songs anschneidet. This hingegen is Hannover: Herbstlicher Sommer mit Regen, gewissenhaften Publikum und eher trägem Toursupport – an einem Mittwochabend mit dem Frontmann der kalifornischen Punkrockband THE BRIGGS.

Boykott, Kontroversen oder „blinde Kühe“? JOEY BRIGGS nutzt den heutigen Tourstop, auf dem ihm (ausnahmsweise) weder Auftritts- noch Lokalverbot droht. Seine Tourbegleitungen ziehen mit: THE LIBERATION SERVICE fallen mit charmant platzierter Geige und lebendigen Folk(punk)-/Rocksongs positiv auf und reißen mit – zumindest, solange der teils kantige Akzent der singenden Gitarristen unter dem Tisch verweilt. Die Songs kommen aufregend und freundlich daher, Violinistin Verena steckt das überschaubare Publikum mit textsicherem Dauergrinsen an. Jenes bleibt innerhalb der guten halben Stunde an den Österreichern haften und ruft authentisch mal zu Umtrunk, dann zu melodischen Streicheleinheiten auf.

Kantiger trifft es THE FORUM WALTERS aus Wien: Der recht plumpe Streetpunk mit weitreichenden RANCID-Anleihen und unspektakulären Offbeateskapaden langweilt zu schnell - weder das nötige Pfund in den zahlreichen Chören, noch ein dringender Hitfaktor sind bei Frontmann Phillip und seinen Mitstreitern ins Flightcase gebettet. Wo der „Lederhosenpunk“ beiläufig Gas gibt, hält ruppig monotoner Gesang die Songs im Zaum. „Wir sind Scheiß-FORUM WALTERS aus Scheiß-Österreich...“ begrüßt und verabschiedet das Quartett den beinahe leeren Raum – und greift nach „Californian Sun“ oder dem zähen „No Happy Ending“ doch lieber zum frisch gewaschenen Bühnenhandtuch.

Staubsaugervertreter? Outlaw? „Worte sind meine Waffe“ meint der dürre Gastgeber Mister LaRocca und geht mit Bassdrum und mattschwarzer Konzertgitarre an den Start. Vom Soloalbum „The Travelling Salesman, Pariah, Me“ geht es mit „Suburban Kid“ oder „So Let Down“ („passend zum ganzen aktuellen Bullshit...“) und roher Stimmgewalt über das klassische „All For Me Grog“ für den „Prost“-Faktor zum Bergfest. JOEY BRIGGS spielt erleichtert und gutgelaunt, das Hauptband-Potpourri schmücken „Wasting Time“, „My Own Enemy“ oder das hymnische „Not Alone“ welches akustisch und im direkten Angesicht beinahe noch mächtiger daherkommt. Wen das langweilt, der kann sich mit JOEY´s Körperkunst beschäftigen oder seinem Gefolgen Bob und dessen unterstützender Westerngitarre folgen. Angesprochen fühlen sich hier jedoch die wenigsten.
„The Sun Will Shine“ ruft laut den Optimismus in den Keller und beim abschließenden „This Is L.A.“ stampft Hannover aus allen Kehlen und der Punkrocker aus North Hollywood besonders doll auf die Kickdrum. Lokalstolz wird zu Hause nämlich großgeschrieben, weiß auch das Din A4-Blatt große Tribut-Tattoo auf Joeys Hüfte.
THE BRIGGS in allen Ehren – sie haben den markanten Musiker geformt und ihm den Soloauftritt ebenso auf den Leib geschnitten, wie das im Kollektiv gecoverte „Sink, Florida, Sink“ den Abend zu beschließen versucht. Wer bei „The Sun Will Shine“ noch überlegt hat, dem scheint spätestens jetzt selbige aus dem Hintern. Allen voran den Protagonisten selber.