18.10.2013: Story Of The Year, Like Moths To Flames, Hawthorne Heights, Set It Off, I Am King, Sienna Skies - House Of Blues, Anaheim, CA

18.10.2013
 

 

"Scream It Like You Mean It" leuchtet auf weißem Grund die Einladungsparole, die nach Haargelendorsements, vakuumierten Jeans und Pit-Coolness riecht. Passend dazu (?) gibt es eine musikalische Geburtstagstorte für das Debüt von STORY OF THE YEAR, die mit einem Akustikrelease von "Page Avenue" dessen 10-jähriges Jubiläum feiern.
Das riesige weiße Banner mit dem Tour-Motto beobachtet zunächst I AM KING und SET IT OFF, die zwischen glitschigem Pop und gewollter Härte mitzureißen versuchen. Im bis jetzt bloß halb gefüllten House Of Blues, dass direkt an die Disney-Vergnügunsmeile "Downtown Disney" grenzt, machen es sich der Großteil des pünktlich aufgelaufenden Mobs und die Band aus Florida gegenseitig nicht leicht. Die verkrampft einstudiert wirkende Show und ein klappriger Sound mit einem viel zu laut und käsig quäkenden Cody Carson am Mikrofon verfängt sich und geht schnell auf die Nerven. Das Ende der lediglich sechs gespielten Stücke ist glücklicherweise absehbar - viel besser läuft der Abend für die eingesessenen Postcore-Vertreter von HAWTHORNE HEIGHTS jedoch zunächst auch nicht ab. "I Won´t Let This Die" heißt es nach schleppender Umbaupause auf den Bühnenaufstellern und im Opener "Skeletons Remain", dazu läuft der Motor der Band aus Ohio jedoch nur stockend an. Lediglich "Niki FM" oder das abschließende "Ohio Is For Lovers" locken Anaheim (oder zumindest die Fans der ersten Stunden) aus der Reserve - und Frontmann JT Woodruff mit Hornbrille und Glitzergitarre tatsächlich einmal in die direkte Nähe zum Publikum.
Das frische Material vom aktuellen Album "Zero" wirkt eher schüchtern, der Siedepunkt der HAWTHORNE HEIGHTS als treibende Liveband scheint lange Zeit vorrüber. Immerhin der Breakdown-Garant LIKE MOTHS TO FLAMES überzeugt im Anschluss mit bulligen Songs wie "Something To Live For" oder "The Worst In Me" und starkem Soundgewitter. Sänger Chris Roetter schüttelt Dankesreden und Moshpitanstachelungen aus dem Ärmel, während seine Band aus Columbus überlegen lässt, ob ein Gespann aus fünf Supportbands (inklusive der leider verpassten SIENNA SKIES) nicht einfach ein Hauch zuviel des Guten sind.
Gegen 22.15h werden auch die "älteren" Besucher im House Of Blues hibbelig. Ob diese Tatsache an den Helden ihrer Jugend oder an den dreißig Dollarn liegt, die der Barnachbar soeben für zwei Tequilashots gelassen hat, verpufft mit dem Schlagzeugintro zu "And The Hero Will Drown" ruckartig. STORY OF THE YEAR sind zurück und sofort voll da. "The Night Will Come / And Rip Away". Genau daran arbeitet das Quintett aus St. Louis ab Sekunde eins. Für Adam Russell scheinen die Jahre rückwärts gelaufen zu sein, der schmächtige Bassist sieht eine Dekade nach "Page Avenue" keinen Tag älter oder verbrauchter aus. Sänger Dan Marsala hangelt sich ton- und bewegunssicher durch "Anthem Of Our Dying Day", "Divide And Conquer" oder "Take Me Back" und verspricht, dass es jeder einzelne Song der Geburtstagsplatte heute auf die Setlist geschafft hat. Ryan Phillips und Phillip Sneed veranstalten ihre technischen Wettrennen auf sechs Saiten - dazu gibt es den synchronen Rückwärtssalto vom Schlagzeugpodest und jede Menge Chancen für Anaheim, sich in Sachen Textsicherheit zu beweisen. "Swallow The Knife" gibt es akustisch, "Sidewalks" inklusive Gänsehautharmonien und dem klaren Kopfnicken zur Annahme, dass sich ein Kaliber wie das von "Page Avenue" für STORY OF THE YEAR nicht mehr wiederholt hat. "Zehn Jahre - in der Zeit haben wir viele gute Freunde auf Tour gefunden" berichtet Marsala. Damit sich auch das Publikum erinnert gibt es ein erstklassiges Medley aus u.a. YELLOWCARD ("Ocean Avenue"), THE USED ("The Taste Of Ink"), TAKING BACK SUNDAYs "Cute Without The E" und MY CHEMICAL ROMANCEs "I´m Not Okay", dazu auf der Bühne Besuch von 30 SECONDS TO MARS oder MONTY ARE I.
Jede Minute der Show platzt beinahe vor Energie, Tightness und Spielfreude, die oft fast als Ausdauersport bezeichnet werden darf. "Until The Day I Die" beschliesst um 23.30h einen Abend, der in musikalischer Hinsicht erst spät die Kurve bekommen hat. "Our Time Is Now" hies es zuvor im Set - Russell verabschiedet sich somit vorbildlich mit einem Spaziergang über den Bartresen. "We´re so fucking excited to be back in Southern California" brüllten heute diverse Stimmen in diverse Mikrofone. Einzig bei STORY OF THE YEAR beruht dieses Gefühl auf ernstgemeinte Gegenseitigkeit.