18.12.2013: NOFX, Masked Intruder, Implants - House Of Blues - Anaheim, CA

18.12.2013
 

 



Wenn ein falsch gedeutetes T-Shirt-Motiv bereits ausreicht, um COHEED AND CAMBRIA beinahe aus dem House Of Blues zu verbannen, empfehlen sich NOFX heute für die Todesstrafe: Wunderbar politisch unkorrekte Witze (wie gewohnt) gepaart mit Details zu sexuellen Praktiken wie dem "Chili Dog" oder dem "Lion King" - schon läuft das Punkrock-Urgespann auf Hochtouren. Zuvor tun das am heutigen Mittwochabend auch die lokalen Skatepunks der IMPLANTS, die mit Mitgliedern von u.a. STRUNG OUT oder TEN FOOT POLE in den eigenen Reihen versuchen ein eher liebloses, dreissigminütiges Revival zum frühen 90er Melodicore zu kreieren. Nicht alleine die angespitzte und sture Präsenz der Band prallt am Großteil des Publikums ab, auch können die Songs (hauptsächlich des Albums "From Chaos To Order" stammend) live nicht dauerhaft überzeugen.

Ansteckender (wie gewohnt) sind MASKED INTRUDER, die nicht nur gelb-blau-grün-roten Christbaumschmuck am Merchandisetisch, sondern auch den schnauzbätigen Partybullen im Gepäck haben. Hektisch wird es da zu "I Don´t Wanna Be Alone Tonight" nicht nur auf der Bühne, auch "25 To Life" und "Unrequited Love" finden den Weg ins ausverkaufte House Of Blues. MASKED INTRUDER verlassen sich auf das farblich perfekt abgestimmte Bandbild und eine sichere Auswahl Songs ihres Debütalbums - welche heute ohne "Heart Shaped Guitar" oder weihnachtliche EP-Tracks auskommen muss.
Währenddessen rückt die Gästeliste, die sich heute wie ein who-is-who der Orange County- /L.A.-Punkrockszene liest, näher zusammen. Die Wahl der (insgesamt sicher 6-minütigen) Intromelodien beweist ein weiteres Mal Geschmack, dann schlurfen El Hefe, Eric Melvin, Erik Sandin und Fat Mike mit "60%" auf die Bühne. "Verdammt viel Tequila" war es heute laut Eigenaussage, der Mike heute noch öfter zum Tanzen anregen soll. Einiges an Aufbautropfen wird heute auch ge-, bzw. verbraucht - immerhin gibt es nicht bloß NOFX-Evergreens wie "Kill All The Whiteman", "Bob" oder "Linoleum" zu hören, auch "The Decline" lässt die Band in Gänze aus dem Sack. Nicht bloß der Weltklasse-Pantomime von Gitarrist El Hefe ist zu verdanken, dass der achtzehnminütige Track zu keiner Sekunde schlaucht oder langweilt - der 30-jährige Apparat NOFX mitsamt seinen selbstironischen Roadies, professionellen Bühnenrumlungerern und den Die-Hard-Fans, die scheinbar weder Schuhe noch Bekleidung wieder mit nach Hause bringen wollen, trägt sich über die knappen eineinhalb Stunden wie von selbst.
"Eat The Meek" kühlt runter, aktuelle Songs wie "72 Hookers" oder "Ronnie & Mags" zusammen mit einem Gastauftritt von Intruder Blue an der Gitarre kochen Anaheim wieder hoch. Magisch - doch die flachen Scherzen über Mexikaner, minderjährige Crowdsurfer und wildgewordene Geschlechtsorgane funktionieren jedes Mal aufs Neue. Dazu lockern "Fuck The Kids" oder "I Wanna Be An Alcoholic" auch die hinteren Reihen auf, letztlich ist sich der erschöpfte und in FAT WRECK-Shirts gepferchte Mob aber sicher: "The Decline" setzt dem Abend die Krone auf, die das klamme Venue mit den unmenschlichen Getränkepreisen und seinem überheblichen Disneyland-Charme zunächst stehlen wollte. Wer noch Zweifel hat, lauscht TONY SLYs "The Shortest Pier" in der NOFX-Version oder freut sich über "Green Corn". Oder - wahrhaftig geschehen - ergoogelt auf dem Smartphone während der Show "Chili Dog" und "Lion King"-Beschreibungen...