19.02.2010: Heartbreak Kid, Blackstone, Evenworse, Juggernaut - Feierwerk, München

19.02.2010
 

 

Wie das Leben so spielt. Irgendwann ist es eben für jede Band (außer SLAYER) an der Zeit, die Segel zu streichen. So auch für die Münchener von HEARTBREAK KID. Die gab es nicht erst seit gestern und insbesondere im Hardcore-Kontext muten fünf Jahre ja beinahe wie eine Ewigkeit an. Warum genau nun die Segel gestrichen werden ist dem Verfasser dieser Zeilen nicht bekannt. Man kann jedoch mutmaßen: am fehlenden Support kann es nicht gelegen haben und persönliche Zerwürfnisse sind auch eher unwahrscheinlich.

Man hat sich in einer halben Dekade jedenfalls einen Namen gemacht und so verwundert es nicht, dass das kleine, aber feine Sunny Red im Feierwerk-Komplex heute aus allen Nähten platzt. Fast 140 Besucher haben trotz Schneeregen und ekelhaft kaltem Wind heute den Weg hierher gefunden, um der letzten Show bei zu wohnen. Dass das Hauptaugenmerk dann auch weniger auf den drei anderen Bands lag, die heute das Publikum aufwärmen durften, war wohl schon von vornherein klar. Nichts desto trotz lohnt es sich, mehr als nur ein Ohr zu riskieren.

Eröffnen durften an diesem Abend die mir bis dato völlig unbekannten und blutjungen BLACKSTONE aus Regensburg, die sich dem in letzter Zeit wieder massiv an Popularität zugenommenen Verzweiflungscore Marke AMERICAN NIGHTMARE oder (aktueller) DEAD SWANS verschrieben haben. Und diesen bieten die Jungs auch wirklich ziemlich mitreißend dar. Der Sänger ist erschreckend gut bei Stimme und übernimmt den Posten des Anheizers mit viel Spaß und Bewegungsfreude, während sich der Rest der Band zumindest im Bezug auf letzteren Punkt eher zurück hält. Macht aber gar nichts, wenn musikalisch alles sitzt. Und das tut es. Definitiv eine Band, die man im Auge behalten sollte. Es dürfte nicht nur am mitgereisten Fanblock liegen, dass bei ihnen sogleich schon die erste Zugabe verlangt und auch geliefert wird.

Nach diesem verheißungsvollen Beginn lag es nun an JUGGERNAUT aus Wien, das Publikum bei der Stange zu halten. Man muss leider sagen: so richtig wollte dies nicht gelingen. Musikalisch bewegt sich die Band in etwas Metal-lastigeren Gefilden und das Demo der Band, welches man kostenlos auf ihrer Myspace-Seite herunterladen kann ließ auch durchaus eine solide Show erwarten, doch irgendwie mag der Funke nicht überspringen. Es mangelte vor allem am Engagement und so bleiben mir die Österreicher als unmotivierteste Band des Abends in Erinnerung. Musikalisch durchaus ansprechend, aber letztlich doch zu sehr mit angezogener Handbremse vorgetragen, als dass man wirklich mitreißen könnte. Das Publikum sah es ähnlich und so gab es im Vergleich zu den vorherigen BLACKSTONE dann auch deutlich weniger Bewegung und eher Höflichkeitsapplaus statt aufrichtiger Begeisterung. Dass der Sänger deutlich zu laut abgemischt war und zumindest an diesem Abend etwas schwachbrüstig klang trug sicher auch seinen Teil dazu bei, dass ich von JUGGERNAUT etwas enttäuscht zurückgelassen wurde.

Komplettes Kontrastprogramm dann bei den mittlerweile recht populären GOLDUST-Splitpartnern EVENWORSE aus Schweinfurt, mit denen sich HEARTBREAK KID vor gar nicht allzu langer Zeit noch den Tourbus (oder doch eher zwei Mini-Vans?) geteilt hatten. Die Schweinfurter Sympathiekanonen fackelten nicht lange und ballerten sich dann auch mal eben mehr als überzeugend durch ein kurzes, aber dafür umso heftigeres Set. Das Publikum dankt es ihnen, auch wenn da im Bezug auf die Bewegungsfreudigkeit definitiv noch mehr drin gewesen wäre. Aber die Energie will eben eingeteilt werden und wenig später weiß man dann auch, warum.

Es war durchaus zu erwarten, dass bei HEARTBREAK KID schlußendlich dann doch alle Dämme brechen, aber ein solch kollektives Ausrasten hatte ich nicht erwartet. Ab dem ersten Ton nach einem nicht eben originelle, aber dafür wunderbar melodramatischen Intro (kleiner Tipp: blinder Tenor, Duett mit einer weiblichen Sängerin) befindet sich sowohl die Band als auch das Publikum im absoluten Ausnahmezustand. Konfetti hier, Stagedives dort, dazu noch die obligatorischen Hangeleien an den Rohren der niedrigen Decke und natürlich Sing-Alongs am laufenden Band. Ein Abriss nach Maß. Da verwundert es dann auch nicht, wenn es den einen oder anderen Kollateralschaden beim Inventar zu beklagen gibt. Möge die Diskokugel, die heute ihr Leben lassen musste in Frieden ruhen. Das tolle: trotz einer Spielzeit von nahezu einer Stunde („ungefähr drei Mal so lang wie die Shows, die wir sonst spielen“) langweilt man sich keine Minute. Im Gegenteil. Empfand ich HEARTBREAK KID bisher zwar als solide, aber letztlich doch musikalisch eher uninteressante Band, so muss man ihnen heute attestieren, alles richtig gemacht zu haben, indem man sich durch jede Schaffensperiode spielt. Mag sein, dass die Band nie ihren wirklich originären Sound gefunden hat, aber was macht das schon, wenn man mit so viel Freude bei der Sache ist. Was zählt ist insbesondere im Hardcore eben doch live und da wurden diesmal nun wirklich keine Gefangenen gemacht. Eigentlich schade, dass man sich nun auflöst. In dieser Verfassung hätte ich mir die Jungs gerne noch öfter angesehen. Aber man soll eben aufhören, wenn es am schönsten ist und ich wage zu behaupten, dass dieser Abend als einer der Besten in die Bandhistorie eingehen wird. Macht's gut, HEARTBREAK KID. „Time to say goodbye“.