20.-22.07.2012: Serengeti Festival - Am Safaripark in Schloß Holte/Stukenbrock

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“Der König ist tot! Es lebe der König!!”

Dieses Motto trifft auch auf die Veranstalter des 7. Serengeti Festivals in Schloß Holte/Stukenbrock bei Bielefeld zu, denn kurz nach dem Ableben der diesjährigen Party wurde bereits der Termin für 2013 (19.-21. Juli) bekannt gegeben. Und an dieser Stelle wieder einmal ein großes „Dankeschön“ an die Macher des Festivals, denn an 3 Tagen ca. 29.000 Besucher (Angabe des Veranstalters, was sich allerdings durch meine Schätzung deckt) durch die Arena zu schleusen, verdient Respekt.
Zum einen wegen des großartig aufspielenden und abgefeierten Billings, zum anderen wegen der guten rundum-Organisation. Etwas negativ ist zahlreichen Besuchern eine schiere Überpräsenz von OWL-Security Leuten, die zumeist böse schauend (und im Graben auch etwas hart zupackend) das Gelände bevölkerten. Am Eingang wurde jeder Besucher (außer Presseleute, die mit ihren großen Taschen einfach so passieren konnten…) von Kopf bis Fuß untersucht, wobei das Hauptaugenmerk der Security auf illegale weiche Drogen gelegt wurde. So kam es auch, dass am Samstag kurz vor Beginn des H-BLOCKX Konzerts eine lange Schlange am Einlass Einlass begehrte. Der Stau konnte so schnell nicht aufgelöst werden, da ist vielleicht 2013 etwas weniger mehr.

Etwas weniger wäre auch in Bezug auf die Essenspreise mehr, denn Riesen Hot Dogs, Mantaplatte und China-Food für EUR 5,50 anzubieten ist doch etwas übertrieben (aber wahrscheinlich für Festivals „normal“). Die Getränkepreise für Bier, Cola und Wasser (wieder kein alkfreies Bier zu bekommen!!!) waren mit EUR 2,50 angemessen.

Dieses Jahr feierte dann noch eine zweite Bühne Premiere auf dem Serengeti Festival. Die Stage 2 war in ein relativ großes Schützenfestzelt gepackt worden und bot immer dann Programm, wenn auf der Hauptbühne der Umbau zum nächsten Act anstand. Auch hier ein großes Kompliment, denn die Implementierung einer zweiten Bühne schuf Abwechslung (so spielten am Sonntag CRUEL HAND (Stage 2) zwischen DENDEMANN und GENTLEMAN (beide Haupttribüne) und war für viele willkommener Anlass, die Überbrückungszeiten sinnvoll zu kompensieren.

An diesem Wochenende regierte Friedfertigkeit und gute Laune, die Stimmung war einfach „sensationell“ Zudem konnte während des gesamten Festivals der Regen vertrieben werden und am Sonntag war es durchgehend sonnig warm. Damit waren die äußeren Umstände „sehr gut“ und es entstand Euphorie, die sich auf die Bands übertrug. Ich habe keine einzige schlechte Band an diesem Wochenende gesehen, ganz im Gegenteil, viele waren sichtlich angetan von der Partylaune der Zuschauer. Hier einige Impressionen unterteilt nach Stage 1 und 2:

Stage 1 (Hauptbühne):

DEICHKIND boten als Festivalabschluss am Sonntag Abend ganz großes Spaßkino. Was die Jungs mittlerweile an Hits im Repertoire haben ist fast schon beängstigend. Die Meute war trotz drei ganz tief in den Knochen sitzender Tage in Tanzstimmung und so wurde ordentlich ugefeiert. Mit einer halbstündigen Verspätung gestartet waren die Helden gewohnt bekloppt gekleidet, immer wieder mit den bekannten LED-Dreiecken auf dem Haupt ausgestattet wurde eine alberne futuristische Show mit drehenden Elementen, fahrenden Untersätzen, einem Fass, das auf das Gelände gerollt wurde und alle Mitglieder der Band beherbergte, abgezogen, die im Enddefekt so schlecht war, dass sie einfach nur mitriss. Wer bei der Kissenschlacht auf dem Schlauchboot nicht Daunen fraß, ist selber schuld. Passend dazu fanden sich die Mitglieder der Band (waren es eigentlich sechs?) nachmittags beim gegenüberliegenden Safaripark ein, um ein Kamel auf den Namen "Sultan Günther Deichkind" zu taufen…

SKINDRED, die fester Bestandteil des Festivals sind, durften vor zwei Jahren im Nachmittagsprogramm, im letzten Jahr am Abend und nun als würdiger Schlusspunkt des Samstags in der Nacht spielen. Es oblag ihnen die schwere Aufgabe, die Massen nach einer etwas behäbigen MAXIMO PARK Vorstellung in Wallung zu bringen. Und natürlich haben sie es mit ihrem Ragga-Metal auch geschafft! Fronter Benji Webbe spielte mit dem Publikum wie ein Kind mit seinem Flummi, so dass geschrien, gesungen und vor allem gehüpft wurde. Den Walisern haftet eine Genialität inne, sowohl drückende Metalgrooves als auch die Leichtigkeit es Reggae transportieren zu können. Weiterhin haben sie massig Hits am Start, die schnell mitgesungen und vor allem mitgetanzt werden können.

Eine Überraschung waren die H-BLOCKX. Nicht musikalisch, denn der Gig um einen immer runder werdenden Henning Wehland war solide, fast ansprechend. Erstaunlich war vielmehr, wie viel Besucher sich zu der frühen Stunde (14 Uhr am Samstag) bereits eingefunden haben, um mit den Münsteranern und ihren Songs („Risin‘ High“, „Ring Of Fire“) zu feiern. Henning war gut bei Stimme und der Flow auf der Bühne funzte, so dass es kein Besucher bereut haben dürfte, die Band nach 2009 wieder auf dem Serengeti begrüßen zu dürfen. Und eine Band, die den Soundtrack zu einem der besten deutschen Filme der Nachkriegszeit geschrieben hat, kann eh nicht vor den Karren gepisst werden…

JENNIFER ROSTOCK spielte am Freitag um 20:30 Uhr mit sich und mit ihrer rechten und linken Schamlippe (gemeint waren die Publikumsseiten). Ein Typ in der Mitte des Publikums war dann ihr Kitzler, ständig bedrängt durch die vorher genannten Körperregionen. Die vor allem weiblichen Fans feierten und einige der anwesenden Väter (viele Eltern begleiteten ihre Kinder während der drei Tage) hielten ihren Töchtern die Ohren zu. Letztlich ist die Musik in meinen (…Ohren…) nicht mit allzu viel Durchschlagskraft gesegnet, aber dafür ist Jennifer einfach eine totale Rampensau und auch die Zuschauer egalisierten den fehlenden musikalischen Punch.

Dieser (musikalische Punch) wurde danach um 22 Uhr von HEAVEN SHALL BURN nachgereicht. Hier lag es genau andersherum, hier war der maßgeblich von BOLT THROWER beeinflusste Death Metal Star und die große Anhängerschar fraß den Thüringern willig aus der Hand. Das Quintett schmiss dann aus Dank auch mit „Fuck Dub Step“ Shirts um sich („hier ein paar Gastgeschenke für euch“) und zerlegte das Festivalgelände in seine Einzelteile. Die Show war unterlegt mit der besten Pyro und Lightshow des gesamten Wochenendes, so dass der gewaltige (von der Songauswahl überraschungsarme) Gig auch visuell einschlug. Sympathisch und true heißt das Erfolgsrezept der erfolgreichsten deutschen Metalcorecombo, und genau das zementierten sie auf ihrer Show.

Mit Ersatzsänger und ohne Zoli traten IGNITE am Freitag um 19:15 Uhr an, um ihren etwas ramponierten Ruf wieder aufzupäppeln. Es wirkte ein wenig so, als würde die Band ohne ihren charismatischen Frontmann befreiter aufspielen und mehr in den Mittelpunkt rücken. Allerdings musste der Rest der Band auch etwas mehr Gas geben, damit der dezent agierende Sänger (Jon Bunch von SENSEFILED) aufgefangen wird. Letztlich sind die vielen Singalongs ohne Zoli’s markantes Organ einfach langweiliger und insgesamt war der Gig daher trotz der auf der Bühne herumtobenden Band durchwachsen.

Vor IGNITE kam eine Band auf die Bühne, die (manchen zum Graus) erwachsen geworden ist. Ohne Firlefanz, sondern nur gestützt auf gute Songs gefielen CALLEJON vom Fleck weg. Basti konzentrierte sich neben standesgemäßer Gesichtszuckungen auf das Schreien, wobei CALIBAN like der Gitarrist für die cleanen Parts herhalten musste. Die Band spielte tight und konnte die von DEEZ NUTS angestachelte Stimmung fast aufrecht erhalten. Gespannt wurde auch die Bühnentauglichkeit vieler neuer Songs wie den Titeltrack des neuen Albums „Blitzkreuz“ geschielt. Und spätestens beim Abschluss „Porn From Spain 2“ zeigte sich, dass diese mithalten bzw. sogar in Front gehen können.

Die eben bereits angesprochenen DEEZ NUTS zeigten sich zunächst sehr fanfreundlich und stiefelten bereits vor ihrem Gig auf dem Festivalgelände herum. Vielleicht suchten sie auch noch Zeitvertreib in Form von Groupies? Wie auch immer, die australische Hardcoreband (upps, habe ich eben HC geschrieben; ist es nicht eher Ballermann-Core?) zeigte, dass genau sie es waren, warum viele junge Leute zum Serengeti gekommen sind. Die Dynamik und Energie, gespickt mit zahlrechen Moshs und Breaks, lädt auch förmlich dazu ein, völlig aus sich herauszugehen. M.E. haben sie 2 Stücke vom neuen Album gespielt, und wenn die Hitdichte diesen Tracks ebenbürtig ist, dann kommt da eine Abrissbirne auf uns zu…

Meine Fresse, da spielen doch die allmächtigen EYEHATEGOD aus Nola (New Orleans /Louisiana) auf dem Gras, wo sonst Kühe aus Stukenbrock hinscheißen. Das kann doch wohl nicht war sein, wie geil das war. Der Sludge Metal tief aus den Herzen der Sümpfe Floridas inspirierte Bands wie DOWN, CROWBAR oder BARONESS und Gitarrist Jimmy Bower, der bekanntlich auch bei DOWN und CROWBAR aktiv ist, zählt vor allem BLACK SABBATH zu seinen Einflüssen. Der knietief im DOOM wabende Metal ist für mich das geilste gewesen, was an allen Tagen auf dem Festival vorgetragen wurde. Vor allem, weil eine Band mit einer Geschichte (ihr könnt gern mal das Internet nach dem Sänger Mike Williams absuchen) am Werk war und auf der Bühne authentische Rocker zugegen waren. Mr. Williams Aufenthalt in Entzugskliniken dürfte nach dieser Vorstellung rausgeschmissenes Geld gewesen sein und der Mann sah schlechter aus als Ozzy jemals ausgesehen hatte. Aber dieses Feeling für ihren Sound und das Atmen der Songs steht für sich und wurde von keiner anderen Band getoppt. Die Amerikaner befinden sich jetzt auf einer kleinen Deutschland-Tour und der Gig auf dem Serengeti war ihre erste Station.

Die reunierten ZSK boten Mainstream Punk aus Deutschland und auch das Serengeti war am Samstag um 19:15 Uhr nicht von der Antifa verschont. Natürlich ist eine Einstellung gegen rechts und gegen Rassismus löblich, allerdings sollte diese nicht als Mittel zum Zweck ausgenutzt werden, um als bloße Phrasendrescherei im Staub zu zerfließen. Musikalisch boten die Jungs einen soliden Gig, auch wegen ihnen sind zahlreiche Besucher auf das Gelände gekommen.

Davor erfolgte der Auftritt von AGAINST ME! und nach dem ganzen Klatsch und Tratsch der letzten Wochen um Frontfrau Tom Gabel war es einfach nur schön, die gute Band musikalisch erleben zu dürfen. Wer Punk Rock mit einem Blues Vibe versieht und dabei gekonnt ein Spagat aus Melodie und Härte schafft, dem ist die Faust entgegen zu recken und Tribut zu zollen. Geiler Auftritt!

Die STREET DOGS spielten davor Irish Folk aus Boston und erinnern vom Sound an die DROPKICK MURPHYs. Da passt es ganz gut zusammen, dass ihr Sänger Mike McColgan sogar ein ehemaliger Murphy ist. Unter seiner stilechten grünen Sportjacke trug er dann das grüne Auswärtstrikot der deutschen Fußballnationalmannschaft, so dass er den Schalk in seinem Nacken spürte. Die Band brachte Stimmung und heizte um 17:00 Uhr bereits ordentlich ein, allerdings sprang der große Funke noch nicht auf das Publikum über.

Stage 2 (Schützenfestzelt):

WE BUTTER THE BREAG WITH BUTTER zerlegten das Zelt in Schutt und Asche. Egal, was ihr von der Band haltet (oder nicht), die Jungs zeigten mit ihrem Nintendo Death Grind, welche Band bei den Kiddies am meisten angesagt ist. Tight wie sau, spielerisch gut aufgelegt und agil wie Sau nutzen sie jeden Zentimeter auf der Bühne mit ihren einstudierten Choreos aus, um das restlos gefüllte Zelt (es gab kein rein und raus mehr) in Wallung zu versetzen. Die durch den Reißwolf gedrehten transformierten Kinderlieder haben nach wie vor ihre Daseinsberechtigung und letztlich müssen beide Daumen hoch gestreckt werden!

CRUEL HAND war die Band für die richtigen Hardcoreler. Mit ihren gezielten Breaks und Moshparts kommt es den Amerikanern aus Portland aber auch darauf an, den Pit zu beschäftigen. Letztlich klingt der Sound auch sehr metallisch, so dass viele Leute Gefallen an der Band gefunden hatten.

Die Krönung für mich waren jedoch am Samstag um 16:30 Uhr ONKEL BERNI. Was diese zwei unterschiedlichen Spaßvögel (Wolfgang Petri an der Gitarre und Rapper Nick Carter (so sah er zumindest aus…) am Gesang) so von sich ließen bescherte zum einen unverkrampfte Backen und auch eine gesunde Portion Dancefloor Feeling. Dies Gespann ist talentiert, da sie witzig und musikalisch sind und beiden Adjektiven/Attributen das „zu“ fehlt, so dass eine gesunde Mischung aus allem entstanden ist. Versteht ihr, was ich meine? Nein, dann willkommen in ONKEL BERNIs Welt…

Wem das nicht reicht, dem sei gesagt, dass es zwischen chilligem Reggae (GENTLEMAN) und Death Metal Geblaste (NEAERA) noch etliche andere Bands gab, die versucht haben, dem Festival musikalisch Konturen aufzuerlegen. Vielleicht ist es das große Plus dieser Veranstaltung, keine solchen zu besitzen, so dass für jeden Etwas dabei ist. Vielleicht lag es auch am Wetter, denn wer konnte nach diesem beschissenen Sommer bisher von Regenarmut ausgehen? Ich denke aber, dass die Veranstalter ein gutes Händchen für angesagte Bands bewiesen haben und letztlich ist jede Band abgefeiert worden, was auch nicht unbedingt zum Standard bei mehrtägigen Festivals gehört.