21.04.2013: Callejon, August Burns Red, Architects, Adept, Breakdown Of Sanity - Würzburg - Posthalle

21.04.2013
 

 


Dass fast alles, was Impericon anfasst, ein Erfolg wird, zeigt sich mal wieder beim dritten Stopp der Progression Tour, mit einem ebenso bunten Musik- wie Publikumsmix
In Würzburg geht es heute vergleichsweise ziemlich bald los: Bei dem immens früh angesetztem Einlass um 17:30 Uhr fluten allerdings tatsächlich schon Horden von jungen, kaufkräftigen Musikkunden die Posthalle. Bei der ersten Band, den Schweizern von BREAKDOWN OF SANITY , die immerhin schon um 18:30 beginnen, sind beinahe schon so viele Menschen im Publikum, wie es später bei der letzten Band sein werden. Obwohl die Jungs im letzten Jahr ziemlich von sich Reden gemacht haben, haben sie auf dieser Tour doch noch den Status eines Underdogs. Durch ihre tighte Spielweise – teilweise jedoch etwas stumpf, als würden sie einem langsam eingestellten Metronom sklavisch folgen – können sie aber trotzdem die Menge für sich begeistern. Und in einem für einen Opener schon recht großem Pit können sich die Ersten schon einmal warm turnen.
Obwohl nicht so steif wie ihre Schweizer Vorgänger, können ADEPT beim Publikum zunächst nicht großartig punkten. Nur ihre permanente Anstrengung etwas Stimmung zu erzeugen, ihr andauerndes Über-die-Bühne-wirbeln und wiederkehrende Ansagen, was für ein tolles Publikum man doch vor sich hätte, dass obgleich welcher Wochentag immer Party mache, lassen irgendwann in der Menge den Knoten platzen. Und statt eines übergroßen Pits laden ADEPTS teilweise poppige Dancesamples die Leute zum Tanzen ein.
Die bisherigen Bands waren nur von der Menge dankbar angenommenes Kanonenfutter. Aber nun zeigt sich, auf wen sie eigentlich gewartet haben: Zum ersten Mal an diesem Abend fordern Sprechchoräle ARCHITECTS noch vor ihrem Auftritt auf die Bühne. Mit „Alpha Omega“ eröffnen die Engländer dann jedoch endlich und erlösen ihr Publikum vom Warten. Schon ab der ersten Sekunde wird fleißig mitgesungen und frenetisch gefeiert. Leider ist Sänger Sam Carter stimmlich heute nicht auf der Höhe („I’m sorry for my voice – it appears that I have none“), aber trotz diesem Handicap gibt auch er von der ersten bis zur letzten Minute absolutes Vollgas und singt mit so viel Inbrunst, wie nur möglich. Und ARCHITECTS beweisen auch, dass sie zwar einerseits mittlerweile routiniert im Konzertgeschäft sind, trotzdem aber noch mit einer Passion und Hingabe ihr Set spielen. Musikalisch top und spätestens beim Intro von „Devil’s Island“ hat sich eine Mischung aus Gänsehaut und freudiger Spannung über die Halle gelegt, die Crowd grölt mit. Nach nur ca. einer halben Stunde und „These Colours Don’t Run“ als fulminanten Abschluss, endet dann ein wunderbares Set.
Ich habe wohl noch nie einen so unterhaltsamen Soundcheck wie vor AUGUST BURNS RED erlebt. Der Roadie, der für die Tonabnahme der Mikros zuständig ist, brabbelt wie ein singendes, gutgelauntes Kleinkind in die verschiedenen Mikrophone – wie sich später herausstellt nur ein Vorgeschmack auf die ähnlich aufgelegte Band. Doch dann wird es noch einmal dunkel und der 90er Techno-Dance-Hit „Everybody’s Free“ dröhnt aus den Boxen. Nach dem ersten Refrain ist die Menge schon am Tanzen und da hüpfen/tänzeln AUGUST BURNS RED auf die Bühne, um durch Blastbeat und die harten, schmutzigen Gitarren von „Internal Cannon“ den Stilbruch perfekt zu machen. Eigentlich lässt sich ihre ganze Show auf einen sehr einfach Satz runterbrechen: Richtig gute Musiker spielen ein richtig gutes Konzert. Da sitzt wirklich jeder Ton und selbst bei den technisch anspruchsvollsten Passagen gab es keinen einzigen (!) Verspieler. Zu diesem musikalischen Hochgenuss kommt noch, dass die Jungs so wahnsinnig sympathisch und authentisch rüberkommen, dass es Spaß macht, ihrem Treiben auf der Bühne zuzusehen. Und sie nehmen sich selbst nicht zu ernst, mal mimt Sänger Jake Luhrs den Flamencotänzer, dann groovt er im Rastafari Style, und dann wiederum nehmen sie sich gegenseitig auf die Schippe und lachen miteinander. Großartig ist auch ihre Liebe zum Publikum, zum Beispiel fordern sie die Menge auf, ihre Feuerzeuge in die Luft zu halten und mit dem Satz „This one’s for you“ werden dann die ersten Töne von „Marianas Trench“ angeschlagen. Von weiter hinten kann man sehen, wie die Menge tobt und brodelt wie das aufgewühlte Meer. Da steht gerade eindeutig der musikalische Headliner auf der Bühne. AUGUST BURNS RED sind und bleiben einfach ein echtes Livemonster!
Der Moment, als CALLEJON angesagt und erfolgreich wurden, ist irgendwie an mir vorbeigegangen. Und ganz ehrlich ist es mir unerklärlich, warum nach dieser überragenden Performance von August Burns Red jetzt tatsächlich noch der „echte“ Headliner spielt, es sollte umgekehrt sein. Andererseits sieht man so viele (und nicht nur Kids!) mit Callejon-Shirts herumlaufen, dass es mich kurzzeitig an meiner Meinung zweifeln lässt. Nach einer großen Umbau- und Dekoaktion auf der Bühne und der unverschämt langen Wartezeit von 45min zwischen den Bands, lassen sich die Düsseldorfer schließlich doch erweichen und eröffnen nach einiger Inszenierung mit „Blitzkreuz“. Was dann kommt ist viel TamTam, der Versuch einer Live-Inszenierung, die jedoch in sich nicht konsequent durchgezogen ist. Geschminkt und im Marilyn Manson Stil zappelnd – nicht das einzige, was an andere Musiker „angelehnt“ scheint – wird versucht, ein Image-Ungetüm zu beleben. Dass das Ganze dann jedoch an mangelnder Authentizität scheitert, ist beinahe vorherbestimmt. Und auch wenn Distanz zum Publikum zu diesem selbstkreiertem Image gehört, so nehme ich es nur als Arroganz wahr. Aber gut, der Menge gefällt es. Das Publikum tobt, feiert, tanzt, mosht und crowdsurft. Schon beim dritten Lied, dem Fettes Brot Cover „Schwule Mädchen“, kocht die Stimmung und alle grölen mit. Man muss wohl Fan sein. Ich jedoch bin von dem Ende dieses Abends nicht wirklich überzeugt