23.08.2011: Boysetsfire, The Menzingers - Hamburg- Markthalle

23.08.2011
 

 




Die kleinen Emos dürfen heute im Småland abgegeben werden. In Hamburg ist das heute die Bahrenfelder Trabrennbahn mit 30 SECONDS TO MARS. Die großen Emos treffen sich hingegen heute in der Markthalle und dürfen sich die relativ frisch reuninionierten BOYSETSFIRE gepflegt zu Gemüte führen. Tickets für lau gibt es noch vor der Halle, kein Gepose, bestes Hamburger come as you are und drinnen ist es dann doch recht voll.

THE MENZINGERS kommen heute nicht so recht aus dem Tran. Allerdings kann man es am heutigen Abend als Vorband nur schwer haben. Die Erwartungen an den Hauptact hängen zu hoch, als dass sie daran reichen könnten. Der Frontmensch hält eine ziemlich selbstbewusste Show ab, während rechts und links und hinter ihm alles daneben zu stehen scheint. Die Zweitstimme wirkt etwas unsicher und schräg. Das Publikum ist aber da und bringt der Band das verdiente Wohlwollen entgegen.

BOYSETSFIRE lassen sich mit ihrem Auftritt Zeit und es liegt nicht an einer überlangen Umbaupause. Das Licht bleibt aus, man wartet. Dann treten sie auch einfach mal so auf die Bühne und Objektivität kann an dieser Stelle unwichtig werden. Sie brettern mir nichts, dir nichts, gewohnt anständig los. Beim Soundcheck vercheckt. Der Druck in den ersten Reihen bläst einem erstmal die Frisur zurecht, bevor nachgeregelt wird. Sound sitzt, Frisur, sitzt. Sauber! Ich bin mir nicht sicher, ob ich mich irre, aber mir kommt es vor, als wehe ein leichter Geruch von Patchouli von der Bühne in die ersten Reihen. Davon bleibt schnell nicht viel übrig, denn nach dem ersten Song fließt nicht nur auf der Bühne der Schweiß. Der Sampler sei kaputt gewesen, entschuldigt Nathan Gray den humpelnden Aufgang.

Was aber nun folgt ist eine Aneinanderreihung von Hits, Hits, Hits. Sollten BOYSETSFIRE jemals etwas anderes geschrieben haben, so möge man mir das nicht sagen und für alle Zeit die Klappe halten. Eine ausgewogene Mischung aus Antrieb, Spannung und Ruhe zum Aufatmen. Ein Querschnitt durch sämtliche Werke. Eigentlich müssten alle glücklich werden und schaut man sich die Gesichter in der Umgebung an, so sind sie es auch. Allerdings zeugen die grauen Schläfen von Nathan davon, dass wir vermutlich alle nicht jünger werden und so drängelt sich indirekt folgend die Befürchtung auf, dass man selbst und alle um einen rum, ruhiger werden. Ruhe mag bei BOYSETSFIRE eine eigene Relation haben, dennoch scheint ein Quäntchen des Wahnsinns verschwunden.

ABER!!!!: der Pit büßt an keiner Stelle ein. Im Gegenteil: er gewinnt Rücksichtnahme und Achtsamkeit. „Rookie“, „Empire“, „After The Eulogy“ werden gut betanzt und gesurft. Auch bei mehrmaligem Dominoeffekt in den ersten Reihen stehen alle wieder schnell und gut und ohne dass ein Sänger das anmahnen muss. Vermutlich war der Circle Pit auch einer der wundervollsten und perfektesten, die ich in meiner jahrelangen Konzertära zu Gesicht bekam. Ohne Ansage, spontan, einfach so, dicht, schnell und es fehlte nur noch der Sog nach unten. Ein Kreis, wie er im Buche steht. Hier feiert man zusammen, statt gegeneinander, singt gemeinsam und braucht dafür keine Sing alongs.

Dem spontanten Wunsch, dem äußerst gut gelaunten und streckenweise etwas zu übermütigen Bassisten einen oder mehrere Schlüpper auf die Bühne zu flitschen, kann gerade noch so Einhalt geboten werden. „(10) And Counting“ in der Gitarrenakkustikversion mit Chad im Schneidersitz auf der Bühne, Schweiß, Schweiß, Schweiß. „My Life In The Knife Trade“ und nach über eineinhalb Stunden darf keiner mehr unzufrieden sein. Die Band verabschiedet sich per Handschlag und persönlich.

Scheiß auf Alter, graue Haare, fünf Jahre ohne neues Album. Wer in Bezug auf Reife als Vegan- Straight- Edger auf den Beweis durch altem Rotwein und Käse verzichtet, bekommt den Beweis bei, von und mit BOYSETSFIRE. Wir werden alle nur besser. Und draußen scheint es zum ersten Mal in diesem Jahr eine laue Sommernacht zu sein.