23.11.2013: Amon Amarth, Carcass, Hell - Wiesbaden - Schlachthof

23.11.2013
 

 



Man muss dem Schlachthof Wiesbaden ja schon lassen, dass er sich trotz seiner enormen Größe, die sich durch den kürzlichen Umbau nochmals geändert hat, immernoch sehr reflektiert und anspruchsvoll zeigt. Das zeigen vorallem die Schilder, die man innerhalb des Schlachthofs findet, die darauf hindeuten, dass Nazis und Sexisten hier ungern gesehen werden. Auch am Eingang hat man ein großes Plakat aufgehängt, dass solchen Leuten suggerieren soll, bitte schnell wieder die Räumlichkeiten zu verlassen. Gut so, denn nicht alle Clubs oder Konzerthallen mit einer vergleichbaren Kapazität suggerieren ein politisches Selbstverständnis wie dieses.

Heute wird dieses umso wichtiger sein, denn aus verschiedenen Gründen könnte Amon Amarth solch ein Publikum anziehen. Die nordische Mythologie auf die textlich und musikalisch in der kompletten Schaffensphase der Schweden eingegangen wird, ist ein Anknüpfungspunkt für rechte Ideologie, also wird es umso wichtiger auf das Publikum einzugehen, was sich heute Abend eventuell zeigen könnte.

Doch alle Angst ist schnell verflogen, denn hier hat der Schlachthof ganze Arbeit geleistet. In der Halle angekommen sehe ich nur frenetisch feiernde Metaller, die zu den letzten Riffs von HELL die Haare schwingen. Leider ist das wirklich alles, was ich von dem Opener dieses Abends mitkriege. Wie mir später erzählt wird, soll es im Gesamtbild dann doch eher amüsant und musikalisch durschnittlich gewesen sein.

Das erste Highlight dieses Abends nun mit CARCASS, die ihr Set gleich mit dem Opener ihres Albums "Heartwork" beginnen. Technisch versierten Deathmetal mit donnernden Moshparts haben vorher nur Wenige so gut hinbekommen wie der Fünfer aus Großbritannien. Ich sehe in der Halle auch ein paar Kids im typischen Hardcoredress. Ein Grund für das Erscheinen sind wahrscheinlich die zahlreichen US Bands, die sich heute mit ihrem Sound an der Schaffensphase dieser Band Mitte der 90er Jahre orientieren. Die Bühnenshow ist ebenfalls so brachial wie der gute Sound in der Halle, da man zwei Leinwände auf der Bühne aufgestellt hat, auf denen eine Diashow zu sehen ist gespickt mit religiösen Symbolen und Bildern menschlichen Elends. Wenig überraschend für dieses Genre, aber jederzeit und überall passend. Während des einstündigen Sets spielt die Band Songs vom neuen Album "Surgical Steel", Fans der ersten noch brachialeren Alben Ende der 80er kommen ebenfalls auf ihre Kosten. Beendet wird das Set mit dem letzten Song von "Heartwork". Vom Aufbau der Songs also perfekt. Musikalisch wenig überraschend, aber muss das diese Band eigentlich noch?

Nach einer kurzen Umbaupause legen dann AMON AMARTH mit ihrem bretternden Viking Metal los. Die Bühnenshow wirkt hier noch umso krasser als schon zuvor. Das dauernd wechselnde Bühnenbild, das abwechselnd verschiedene nordische Szenerien der aufwändig gestalten Artworks der Band zeigt, verbunden mit dem Vikinger Outfit der fünf Schweden machen die Atmosphäre unfassbar authentisch. Auch das Publikum hat sichtlich Spaß, während des Konzertes werde ich mehrmals von einem in Leder gekleideten bärtigen Mann zum Headbangen animiert, der glatt mein Vater sein könnte. Ich fühle mich aber zu keiner Zeit durch irgendwas gestört, wann ist mir das das letzte Mal auf einer Hardcore Show von ähnlicher Größe passiert? Es fällt eben sehr schwer nicht seinen Kopf zu schwingen bei dieser Band, die in dem 1 1/2 stündigen Set zu keinem Zeitpunkt enttäuscht. Das liegt vor allem an den sympathischen Ansagen und der großen Spielfreude, die wahrscheinlich durch Songs vom neuen Album und Klassikern bis zum Finale mit "Valhall awaits me" als weitere Zugabe entsteht.
Im Gesamten ein gelungener Abend mit angenehm feiernden Menschen, der zeigt, dass große Konzerte nicht ausnahmslos scheiße sein müssen. Zumindest nicht, wenn sie in einer sympathischen Venue wie dem Schlachthof stattfinden. Ich freue mich auf die weiteren geplanten Highlights im neuen Jahr.