24.06.2007: Pressure Festival - Herne - Gysenbergahlle - Tag 3

24.06.2007
 

 

Sonntag morgen und von irgend woher läuten Kirchenglocken. Die Nacht war viel zu kurz, der Instantkaffee viel zu schwach. Man ist nicht mehr so jung und frisch wie vor ein paar Jahren, da haben einem 3 Stunden Schlaf gereicht. Nun ja, wir haben es dennoch alle überlebt. Wenn auch mit Abstrichen und das in Form von Bands, die ich nicht gesehen habe, weil der Campingstuhl viel zu gemütlich war, anziehen und in die Halle gehen viel zu anstrengend war. Von weitem konnte ich jedoch sehen, dass heute endlich die Schlange vor dem Einlass nicht mehr so riesig war und auch zügiger voranging. Wie gut, dass Alveran aus seinen organisatorischen Fehlern gelernt hat – oder vielleicht lag es auch einfach daran, dass ja eh schon fast alle, die rein wollten Bändchen hatten und es somit einfacher war. An der Besucherzahl kann es nicht gelegen haben, denn auch an diesem Sonntag war die Halle proppevoll. Wie ich mich dann später selber überzeugen konnte, als ich mich endlich aufraffen konnte. Die ersten drei Bands habe ich verpasst, konnte mir aber von verschwitzten Bekannten sagen lassen, dass IN BLOOD WE TRUST mal wieder tolle Morgengymnastik für die Mosher war. Wie es um DOWN TO NOTHING und INTERNAL AFFAIRS bestellt war, kann ich leider nicht wiedergeben, da fehlten mir die „Spione“.

Das ich BURY YOUR DEAD nicht gesehen habe lag dann allerdings nicht an mir, sondern an der Tatsache, dass die Band ihr Show gecancelt hatte. Wie am Vortag zog man die Spielzeiten der Bands nicht vor, sondern konnte so im sonst sehr straffen Zeitplan auch einmal die ein oder andere Zugabe erlauben. SOWRN ENEMY waren dann meine erste Band des Tages und gleich ein super Einstieg. Ich bin eigentlich kein Fan der Band, was ihre Musik auf CD gepresst angeht, aber seitdem ich sie mal im Tower in Bremen live gesehen habe und sie mich da vom Hocker gerissen haben, ahnte ich schon, dass die Show beim Pressure gut werden würde. Und ich hatte recht. Absolut überzeugend mit gutem Sound brachten die Amis ihr Set über die Bühne und weckten mich auf – und auch diverse andere Zuschauer.

Gleich weiter mit MISERY SPEAKS und in ein etwas anderes Genre. Hier verließen die meisten Hardcore-Fans die Arena für einen kleinen Snack oder frische Luft oder eine kleine Shoppingtour bei den Merchständen oder im Alveran-Shop. Für mich war die Band auch ein wenig ein Pausenfüller, da ich mich ihrer Musik nicht ganz so zugänglich erweise. Und dann musste ich auch noch ein Interview mit Josh von EVERGREEN TERRACE führen und so habe ich nicht die ganze Show gesehen. Ob ich was verpasst habe weiß ich nicht, aber ich bezweifle es doch.

Weil Josh und ich dann doch auch etwas länger ins Plaudern kamen, mussten die ersten paar Songs von DO OR DIE auch darunter leiden. Ich weiß: Asche auf mein Haupt! Eigentlich hätte ich an diesem Tag mehr Bands sehen müssen (und auch können!), aber auch ich bin nur ein Mensch und brauche ab und an Pausen.

Zu SHATTERED REALM war ich dann körperlich und geistig auch wieder voll anwesend. Die Band war voller Energie und auch sehr mitteilungsbedürftig. Nach fast jedem Song wurden halbe Reden über SXE und ihr Leben und irgendwas, was Gefängnis anging, das ich aber nicht wirklich verstehen konnte, geredet. Nun ja, gegen Inhalte und Messages ist ja generell nichts einzuwenden, aber vielleicht war es dann doch ein bisschen viel. Für die meisten der anwesenden Zuschauer war es allerdings ein Erlebnis, diese Band live zu sehen und das sah und merkte man ihnen auch an. Sie sind ja nicht umsonst eine Größe in der HC-Szene, was auch hier wieder eine Flut von Shirts und Jogginghosen mit dem Schriftzug der Band im Publikum bewiesen.

Nach SHATTERED REALM dann mein Geheimfavorit: EVERGREEN TERRACE. Die Jungs aus Florida waren absolut frisch und heiß auf die Show, da ich von Josh erfahren habe, dass sie nur für diesen einen Gig nach Europa geflogen sind um Montag dann wieder „back in the States“ zu sein. Für die Band war es quasi ein reiner Partyurlaub und so waren sie auch augenscheinlich die ausgeruhteste und damit auch fitteste Band des Tages. Der Sound war zwar nicht optimal, aber die Menge war begeistert! Auch der neue Song „Wolfbiker“ des kommenden, gleichnamigen Albums kam gut an. Leider gab es keine Zugabe, das war auch so ziemlich das Einzige, was den Auftritt dieser lustigen Truppe trübte. Ansonsten waren sie für mich neben der nun nachfolgenden Band die Band des Tages.

Denn WALLS OF JERICHO sind und bleiben nun einmal eine der besten Livebands dieser Welt – zu recht. Denn nur wenige Bands verstehen es das Publikum so in ihren Band zu ziehen, die Menschen so mit Energie anzustecken, dass sie wie bei SICK OF IT ALL mehrere „durch-die-ganze-Halle-Circle-Pits“ starteten. Ein wenig merkte man es der Band an diesem Abend an, dass sie schon ein paar Tage auf Tour waren, aber je länger ihr Set ging, desto energetischer wurden die Amis um Frontfrau Candace. Nach diesem berauschenden Erlebnis verließen dann doch nicht so viele die Halle und das Event wie ich gedacht hätte; denn mittlerweile war es schon gegen 21h und der Montag und damit für viele der schnöde Alltag nahte.

Die meisten wollten jedoch die mächtigen, berüchtigten EARTH CRISIS noch sehen. Die Band, die in den 80ern den Begriff Hardcore mit geprägt hat und auch zu einem großen Teil Mitbegründer der Straight Edge-Bewegung waren. So wurde während des Sets laut mitgegröhlt, weniger gemosht und dafür andächtig und ehrfürchtig gelauscht und begeistert geklatscht, mitgewippt und mitgesungen. Ein krönender Abschluss für das Pressure Fest 2007 mit einem überragenden Line Up, einigen organisatorischen Schwierigkeiten, sehr vielen gut gelaunten Menschen, sehr viel Party, sehr viel von allem eben. Was kann ich als Fazit sagen: Tja, ich weiß es nicht genau, denn eigentlich kann ich nur sagen: WOW! Davon möchte ich bitte nächstes Jahr mehr – außer von der langen Warteschlange vor dem Eingang. Ein bisschen wie Urlaub war es, ein bisschen anstrengend auch, aber für mich ist das Pressure dieses Jahr zu einem Festival mutiert, dass definitiv zu den besten in Deutschland zählt und vielleicht auch einmal ehrwürdiger Nachfolger des berüchtigten Hellfest (R.I.P.) werden kann. Bis zum nächsten Jahr Pressure, wenn es heißt: auf ein Neues!

Bilder:

Earth
Walls Of Jericho
Evergreen Terrace
Shattered Realm
Do Or Die
Misery Speaks
Sworn Enemy
Internal Affairs
Down To Nothing
In Blood We Trust
Resistance