25.04.2019: SAMIAM, THE TIDAL SLEEP, VIVA BELGRADO – Bremen – Tower vs. THE PENSKE FILE, WHAT THE KEEK – Bremen - Titus Skateshop

27.04.2019
 

 

Bremen ist nicht Köln, nicht Berlin und schon gar nicht Hamburg (darauf legt der Bremer viel Wert). Aus diesem Grund grenzt es schon an Überforderung, wenn dann an einem Abend plötzlich zwei hochklassige Konzerte anstehen und eine Entscheidung gefragt ist: Entweder hochenergetischer und hymnenhafter Punkrock aus Kanada (THE PENSKE FILE) oder die sichere Bank mit kalifornischen Emo-Punk-Legenden (SAMIAM)? Die Antwort: Ja!

 

1. THE PENSKE FILE, WHAT THE KEEK – Bremen – Titus Skateshop

Das Bremer Qualitätslabel Gunner Records hat sich darauf spezialisiert, erstklassigen Punkrock aus aller Welt zu importieren und hat deswegen auch die Kanadier THE PENSKE FILE im Programm, die sich nun auf einer winzigen Bühne vor dem Schuhregal des Titus Skateshop wiederfinden, um ihren mit leichter Americana-Schlagseite versehenen Hochenergie-Punkrock zu präsentieren. Bevor das passiert, betreten aber noch vier Lokalhelden die „Bühne“. WHAT THE KEEK spielen nach eigener Aussage jetzt die vierte von insgesamt fünf Shows ihrer jungen Geschichte in eben diesem Skateshop und treten entsprechend selbstsicher auf. Ihr rauer, vielstimmiger Punkrock wurde wahrscheinlich auf den mit vier Rollen versehenen Brettern geboren, die hier an jeder Wand hängen. Skate or die eben. Überhaupt ist die Location so ungewöhnlich wie passend: Während auf einem Fernseher an der Wand Skatevideos laufen, brennt auf der Bühne ein Punkrockfeuerwerk. Auftritt THE PENSKE FILE: Wer ihr 2018 auf Gunner Records erschienenes Album „Salvation“ kennt, der weiß, dass die Band ausschließlich Hit schreiben kann, die für die Bühne gemacht sind. „Come What May“, „Kamikaze Kids“, „Lakeshore“: An Hymnen mangelt es nicht, an Spielfreude und Leidenschaft schon gar nicht. Travis, Alex und James zelebrieren ihren Endorphinpunkrock mit so viel ehrlicher Hingabe und Herzblut, als würden sie gerade vor Tausenden Leuten spielen.

Leider ist ein wesentlicher Teil der eigentlichen Zielgruppe wahrscheinlich bereits auf der anderen Veranstaltung, weswegen sich nur eine handvoll Zuschauer in den Skateshop verirrt hat. Die Band kümmert das allerdings herzlich wenig, die Jungs bedanken sich im Gegenteil mehrmals aufrichtig dafür, dass überhaupt jemand da ist, um eine kleine, weitgehend unbekannte Punkband aus Kanada zu unterstützen. Dass sich das lohnt, machen THE PENSKE FILE jedem Anwesenden klar, denn so einen grandiosen Auftritt bekommt man nicht alle Tage geboten. Sicher ist jedenfalls, dass man die Jungs bei der gebotenen Qualität wohl nie wieder in so intimen Rahmen wird bewundern können.

 

2. SAMIAM - Bremen - Tower


Locationwechsel: Der Tower ist durch den Support von VIVA BELGRADO und THE TIDAL SLEEP bereits ordentlich vorgeheizt, besonders erstgenannte Spanier konnten das Publikum dem allgemeinen Vernehmen nach voll überzeugen. Die ca. 250 Besucher sind aber natürlich hauptsächlich für die Urväter des emotionalen Punkrocks aus Berkely, Kalifornien gekommen.SAMIAM geben sich hier schließlich nicht alle Tage die Ehre. Deswegen werden Jason Beebout, Segie Loobkoff, Sean Kennerly, Colin Brooks und Chad Darby auch entsprechend frenetisch empfangen. Frenetisch ist tatsächlich ein gutes Stichwort, denn selten sieht man den Bremer so ausgelassen und fast schon überschwenglich (für norddeutsche Verhältnisse). Das registrieren auch SAMIAM, die man ihrerseits selten so ausgelassen und fast schon überschwenglich sieht (für Bandverhältnisse). Jason gibt sich zwar zwischen den Songs gewohnt wortkarg („Thanks“, „Whoohoo“, „Yeah“), lässt sich aber, angesteckt durch die gute Laune des Publikums, dazu hinreißen, vom Lichtmischer zu verlangen, doch mal nur die Discokugel über den Zuschauern anzustrahlen.  Leider wird sein Wunsch nicht erfüllt, und so widmen sie sich wieder ihrer Kernkompetenz: Hits am Fließband spielen.  Da haben sich in den vergangenen 31 (!) Jahren so einige angesammelt. Die Frühphase wird an diesem Abend aber bis auf wenige Ausnahmen vernachlässigt, stattdessen gibt es ein Best-Of der Alben „Clumsy“ (Stepson, Capsized, Bad Day), „You’re Freaking Me Out“ (Mud Hill, Factory, She Found You, Ordinary Life, Full On), „Astray“ (Sunshine, Mexico, Dull, Super Brava), „Whatever’s Got You Down” (Do You Want To Be Loved, Take Care) und “Trips” (80 West, September Holidays, Over Now).

Stichwort Over Now: Das reguläre Set endet mit “Full On”, Samiam verlassen die Bühne, lassen sich aber nicht wirklich lange bitten, und betreten zur Zugabe mit „Take Care“ die Bühne. Bis hierhin alles normal, doch plötzlich erwähnt Jason, dass man aktuell tatsächlich an neuer Musik arbeitet. Spontan wird dem ungläubigen Publikum eine Kostprobe serviert. So viel darf man verraten: Es klingt sehr vielversprechend. Danach versucht sich die Band erst an „Sky Flying By“, dann an „Don’t Break Me“, kommt in beiden Fällen aber nicht über die ersten Riffs hinaus. Die Songs sind eben schon ein paar Tage älter. Alternativ wird der Auftritt mit „Ordinary Life“ und „Super Brava“ beschlossen und die euphorisierte Meute in die Nacht entlassen.