25.07.2018: GOGOL BORDELLO - Karlsruhe - Substage

26.07.2018
 

 

Eigentlich ist es ein Wahnsinn. Wie kann man an einem Tag im Hochsommer, das Thermometer zeigt unnachgiebig 34 Grad und die Sonne knallt erbarmungslos, nur auf die Idee kommen in einen stickigen Musikclub zu gehen? Dann auch noch, wenn sich eine Band angekündigt hat, die für schweißtreibende Shows und jede Menge Liveenergie bekannt ist.

Abgeschreckt haben tropische Temperaturen 350 Besucher im Karlsruher Substage nicht: GOGOL BORDELLO spielen am Mittwochabend mitten in der Festivalsaison ein intimes Clubkonzert. Die drückende Hitze ist nach nur wenigen Sekunden vergessen. Die Mixtur aus Dub, Punk, und traditioneller Roma-Musik fährt einem zwangsläufig in die Beine.

Eine Vorband gibt es nicht. Wozu auch, wenn der Zirkus schon in der Stadt ist. Gut der Einstieg, der sofort die Richtung vorgibt: „Break Into Your Higher Self“ und „I Would Never Wanna Be Young Again“ sind schnell, tanzbar und geben einem das Gefühl man befände sich auf einem irren Saufgelage irgendwo auf dem Balkan. Sänger Eugene Hütz turnt mit langen Haaren gewohnt wild über die Bühne, ballt die Faust, animiert die Fans zum Abgehen, ist innerhalb weniger Minuten klatschnassgeschwitzt und erledigt sich deshalb auch schnell seiner Lederjacke und seines Hemds.

Die Band ist mit vollem Einsatz bei der Sache: Bassist Thomas Gobena, Gitarrist Michael Ward und Geigenspieler Sergey Ryabtsev sind viel auf der Substage-Bühne unterwegs, Pedro Erazo wechselt ständig zwischen seinen Percussion-Instrumenten und seiner Rolle als Co-Frontmann, Drummer Oliver Charles hält cool und stoisch mit Sonnenbrille den Sound der Band zusammen.

Im Zentrum der GOGOL BORDELLO Show steht trotz allem Frontmann Hütz, der sich ab und an die Akustik- und E-Gitarre umschnallt oder mit einer Flasche Rotwein auf den Boxen am Bühnenrand herumklettert. Den Inhalt der Flasche bekommen übrigens zum Großteil die Fans ab. Bei „Last One Goes The Hope“ wagt sich Hütz ohne Berührungsängste mitsamt seiner Gitarre ins Publikum, das sich für den Song hingesetzt hat.

Auf der Setlist stehen, bei dem Tempo Gott sei Dank, auch Songs, die ein wenig Zeit zum Verschnaufen geben. Das langsam rumpelnde „Alcohol“ wird von den Fans dankbar angenommen. Die Band mischt geschickt alte und neue Songs, hat vom aktuellen Album „Seekers and Finders“ (2017) natürlich einige Lieder dabei.

Ein Highlight am Abend ist immer wieder Pedro Erazo, der neben Hütz den zweiten Anheizer gibt. Er erklärt dem Publikum gleich drei Dinge, die "für den Abend wichtig sind“: Einheit, Liebe, Frieden.

Gegen Ende zieht die Band die Hitrate noch einmal an: „Start Wearing Purple“ bringt den Laden zum Springen, als letztes haben sich die Gypsy-Punks aus New York ihre Single „Wonderlust King“ aufgehoben. Als Zugabe hat die Band dann noch „Familia Bonfireball“ und „Undestructable“ im Gepäck. Unnötig und irgendwie auch unagebracht ist die Verneigung vor einem der größten der Musikgeschichte: Elvis Presley. Das schiefe und nölige „Always on my mind“ passt weder zur Stimmung noch zum Sound der Band. Nach knapp zwei Stunden endet ein tolles Konzert, bei dem sich Band und Publikum gleichermaßen verausgabt haben. Ein durchgeschwitzes T-Shirt? Egal. Müde Beine? Werden in Kauf genommen. 19 Jahre nach Bandgründung zeigen GOGOL BORDELLO, dass sie live immer noch ein intensives Erlebnis sind.