26.10.2019: GET WELL SOON, ALEX MAYR - Ludwigshafen - BASF Feierabendhaus

29.10.2019
 

 

Nach Konzerten in der Hamburger Elbphilharmonie, der Berliner Volksbühne, beim Zürcher Theaterspektakel, im Pariser Trianon oder im Hamburger Michel spielt Konstantin Gropper zusammen mit seiner GET WELL SOON Big Band die letzten Konzerte, ehe die „Big Band“ wieder aus dem Bandnamen gestrichen wird.
Ludwigshafen. BASF Feierabendhaus.
Einzigartige Location, einzigartige Band.
GET WELL SOON.

Die erste Überraschung des Abends gibt es bereits vor dem eigentlichen Konzert. Mit ALEX MAYR hat sich Konstantin Gropper eine seiner Schützlinge als Support eingeladen und das, obwohl zuvor kein Vorband-Slot angekündigt worden war.
Ohne Konfetti, dafür mit mächtig guter Laune erobert ALEX MAYR zusammen mit Schlagzeuger Konrad die Bühne. Deutschsprachige urbane Pop-Musik, geprägt von Keyboard, Schlagzeug und Gesang.

ALEX MAYR hat gerade die Album-Aufnahmen für ihr Debütalbum beendet - maßgeblich daran beteiligt - Konstantin Gropper. Der Mannheimer, der zwar nicht Produzent sondern lieber Geburtshelfer genannt werden möchte, hat das Album produziert und wie ALEX MAYR zwischen den Liedern immer wieder zu berichten weiß, mit seinen Ideen und Arrangements  maßgeblich beeinflusst.

Neben Liebe und Schuhen, befasst sich ALEX MAYR auch mit dem konzertübergreifenden, abendbebestimmenden Thema der Angst - auch wenn diese aufgrund der guten Stimmung allem voran auf der Bühne nicht so recht aufkommen möchte. ALEX MAYR kann sich zwischen den Liedern nur schwer zurückhalten, ist wie im Redefluss und tischt immer wieder, immer ausufernde Ansagen auf.
Kein Punkt. Kein Komma. Kein Ende.

Zum Abschluss holt die Mannheimerin die E-Gitarre raus, dreht den Verstärker auf Anschlag und bittet das Publikum, sollte es diesem zu laut werden, sich die Ohren zuzuhalten. Das bunt durchmischte Publikum schaut zwar teils verwirrt in Richtung Bühne, zugehaltene Ohren sind jedoch keine zu sehen.
Popmusik im Redefluss.

Nach kurzer Verschnaufpause betritt Konstantin Gropper zusammen mit der GET WELL SOON Big Band die Bühne. 14 Musiker - die Stammbesetzung um ein Streich- und ein Bläserquartett erweitert. Allein optisch bereits ein beeindruckendes Gesamtbild. Musikalisch erst recht.

Die erste Geige übernimmt auch auf dieser Tournee der Kanadier SAM VANCE LAW, der solo selbst Beeindruckendes zu bieten hat. Neben seiner Tätigkeit als Geiger unterstützt SAM bei „Nightmare No2“ Konstantin Gropper wie gewohnt am Gesang. Ein imposantes Schauspiel.

„Nightmare No1 (Collapse)“, „Nightmare No2 (Dinner at Carinhall)“ und „Nightmare No3 (Strangled)” bilden den Ausgangspunkt für “The Horror” und erzählen Konstantin Groppers ganz persönliche Albträume. „Albtraum Nummer Eins – ohne Hose auf wachen“ korrigiert der Sänger dann aber doch schnell in „Weltuntergang“. Ansagen zwischen Witz, Charme und Ernsthaftigkeit.

Den bizarrsten und gleichzeitig seltsamsten Moment des Abends liefert jedoch ein wie aus dem nichts auftauchender, durch das Publikum hetzender Jogger, dessen Joggingrunde nach einer Runde im Zuschauerraum letztendlich auf der Bühne endet, um dort einen Song lang den Takt vor zu geben. Jeder Schritt wird verstärkt, vertont und sorgt damit für das Pünktchen auf dem i. Skurril schön. Schön skuril.

Rein musikalisch ist die Veranstaltung nur schwer mit „normalen“ Konzerten zu vergleichen. 14 Vollblutmusiker sorgen in feinster Atmosphäre für Highlights am Fließband. Von den Geigen über die Bläser, Klavier, Gitarre, Bass und Gesang ist alles stimmig. Mehr noch. Ruhige und laute Passagen wechseln sich ab, Klangmonumente bauen sich auf und zerfallen wieder zu Staub. Eine einzigartige Atmosphäre zwischen Indie, Pop, Klassik und Punk.

Denn zwischen all den ruhigeren Passagen, bricht es zwischenzeitlich immer wieder aus GET WELL SOON heraus und legt damit die Punk-Vergangenheit von Kopf Konstantin Gropper offen. Monumentale Songaufbauten enden in einer Spirale der Gewalt - 14fach verstärkt. Der studierte Musiker und Dozent torkelt wild über die Bühne, schlägt jäh auf seine Gitarre ein und verletzt sich dabei letztendlich am rechten Daumen, sodass dieser Backstage verarztet werden muss. Der Verband an Kroppers Hand ist jedoch nur von kurzer Halbwertszeit, da dieser das Gitarre spielen unmöglich macht. Mit blutendem Finger und Gitarre in der Hand geht es weiter und - wie der Zufall es will - steht mit „Red Nose Day“ ein Song auf der Setlist der mit „When your fingers bleed, you know you've volunteered enough“ entsprechend beginnt und damit für einige Lacher vor wie auf der Bühne sorgt.

Die Stimmung im Zuschauerraum ist lange kühl. Zwar wird aufmerksam zugehört und zwischen den Liedern lautstark geklatscht, viel mehr passiert jedoch nicht vor der Bühne. Die Stimmung ist dem Konzertsaal angepasst. Gemächlich, edel, besonnen. Erst als Konstantin Gropper dem Publikum die Möglichkeit eröffnet, das Konzert auch im Stehen verfolgen zu können, kommt Bewegung in den Zuschauerraum. Immer wieder spritzen einzelne Konzertbesucher von ihren Plätzen auf und sorgen damit auch für Unterhaltung vor der Bühne.

Eine Stunde und 45 Minuten später hat der Horror sein Ende. Ein Albtraum der sich als orchestrales Meisterwerk herausstellt. GET WELL SOON liefern ein imposantes Gastspiel im BASF Feierabendhaus in Ludwigshafen und lassen die Zuschauer applaudierend zurück.
Verbeugung, Feierabend, GET WELL SOON.