28.09.2013: Koroded, The Ebenezer Scrooge Complex, Visions Of Aurora - Jülich - Kulturbahnhof

28.09.2013
 

 



Drei Bands, drei Killer: KORODED, VISIONS OF AURORA, THE EBENEZER SCROOGE COMPLEX. Erstere luden an einem schönen Samstag ein, um das Erscheinen ihres neuen Albums “Dantalion” (VÖ. 27.09.2013, Noizgate Records) im heimischen Jülich zu feiern. Und das im Kuturbahnhof (KuBa), einer Lokalität, die für diese Feier nicht besser hätte ausgesucht werden können. Kleinere Bühne, die aber nicht zu klein wirkte, ein gemischtes Publikum, das aus viel jung und auch aus erfahren bestand, alle zusammen hatten gute Laune und gierten erwartungsfroh mit ihren Augen auf die Bühne. Somit Vorhang auf und Feuer frei für drei Bands, die unterschiedlich im Death/Metal affinen Core unterwegs sind, aber auf ihre Art und Weise extrem geil sind und vor allem eins verkörpern: Live-haftig geerdete durch und durch Bands!!!


20:00 Uhr: THE EBENEZER SCROOGE COMPLEX (Heimatstadt Köln / Düren / Jülich).
Objektiv gesehen: Der Name klingt ungewöhnlich, fast kindisch, und zunächst kam der Verdacht hoch, dass bei Bandgründung 2010 vielleicht zu sehr auf die kurzlebige Deathcore-Schiene geschielt wurde. Subjektiv: In a dissonant world full of corruption and hate everybody has got a complex dient als Hintergrund für ein Quintett, das nach 40 Minuten inkl. einer Zugabe und Gesprächen eine Band erkennen lässt, die das, was sie macht, 100 % durchlebt und genießt. Wir sprechen hier von einer sehr jungen Band (mit „Transwhoremation" ist bereits ein 1 ½ Jahre altes Lebenszeichen auf dem Markt), die sich dem Deathcore zuordnet, aber immer wieder den Weg aus der Umklammerung sucht (und findet!) und plötzlich einmal so etwas wie free Jazz-Ausflüge unternimmt. Mal davon abgesehen, dass die Instrumentalisten (ihr seid echt alle geil, aber ein kleines Sonderlob an den Gitarristen vom Publikum aus gesehen rechts!) unglaublich tight und technisch versiert sind, gehen auch die Tracks live unglaublich gut ab und nehmen trotz Komplexität mit. Was wären gute Songs ohne einen guten Frontmann, und auch hier muss dem Mann ohne Tunnel hart applaudiert werden. Als er mir vor Beginn mitteilte, dass Kenner der Band Vergleiche mit CARNIFEX zögen, lächelte ich in mich hinein. Aber nach der Setlist muss sowohl das amerikanische Deathcore Urgestein als auch Tellerrandgucker wie DESPISED ICON / ALL SHALL PERISH als Referenz angeführt werden. Und der Mann in der Mitte ist ein Fronter durch und durch, nicht die Sorte, die sich der Lächerlichkeit preisgeben, sondern eine Art, die das, was sie machen, total beherrschen. Das gilt allerdings für alle Bandmitglieder. Alle haben den Auftritt genossen und wenn die Dinge gerecht laufen, dann ist mit einem kommenden Album eine Macht im modernen Deathkampf unterwegs! Applaus!!

Setlist:
Intro
Pulling Teeth In Darkness Falls
The Fox Among The Wolves
Mouldered Vermin
Torch The Guilty
Djent
Interlude
Reproductive Cloning
Witch Of The Forest
Filthy Little Party Whore


21:00 Uhr: VISIONS OF AURORA (Heimatstadt: Aachen).
Wie sollten die denn bitte den Steilpass von TESC auffangen und die Meute sogar noch mehr aufscheuchen? War das möglich? Uneingeschränktes Ja!
Der deutsche Nachwuchs soll ja angeblich im Vergleich zu anderen Ländern besonders fett sein. Und dieses Quintett ist fett. Verdammt fett sogar! Im Vergleich zur Vorband etwas weniger komplex, dafür aber genauso gewillt, nicht Standard bieten zu wollen. Auch VOA sind dem Metal/Deathcore zuzuordnen, wobei sie immer wieder melancholische bzw. sanftere Passagen einstreuen, die auflockern und vor allem das ungemeine Potential erkennen lassen. Wenn denn unbedingt Schubladen aufgemacht werden müssen, dann vielleicht die, auf der AUGUST BURNS RED steht, denn an die Ausnahmeband war ich des Öfteren während des Gigs erinnert worden. Die seit Ende 2012 existierenden VOA, die in Kürze eine EP veröffentlichen wollen, bestechen auch durch den Gesang, der in den immer wieder gebrachten cleanen Momenten/Refrains sowohl einen rockigen als auch melancholischen Ton trifft. Dann war mit einer Gitarristin auch die einzige Frau auf der Bühne zugegen, optisch im Rockabillity-Look (sorry, kann mich auch irren, Klamotten sind nicht so ganz meine Baustelle) stand sie sehr angenehm als Gegenpart zu den ansonsten vorherrschenden Metalshirts. Auch schön zu sehen, wie sie zum Ende hin ihre zurückgenommene Haltung aufgab und sich immer wieder den Kopf abmoshte. Der Mann an der Gitarre verkörperte als kerzengerader Fels in der Brandung mit seiner Performance eher eine old school HC-Richtung, bis er auf einmal zum Ende hin das Mikro schnappte, dem Sänger seine Gitarre gab und einen Rap hinlegte, der Tiefes erahnen lässt. Auch mit dieser Band kommt noch ein Gewitter aus dem Westen auf uns zu und es bleibt zu hoffen, dass es unnachgiebig abregnen wird! Applaus!

Setlist:
intro
ballad of cruelty
beloved perception
the parting of our ways
visions
live it up
people=shit (SLIPKNOT cover)


22:00 Uhr: KORODED (Heimatstadt Aachen / Düren / Köln)
15 Jahre, unzählige Shows, eine der ersten deutschen Metalcore-Bands: KORODED. Ich bin ehrlich, auf Platte konnten sie mich nie überzeugen, aber an diesem Abend haben sie mich mit ihrer Darbietung auf ihre „Gefällt Mir“ Seite gezogen! Jan am Gesang, Andreas an der Gitarre, Ben am Schlagzeug, Christoph am Bass oder der neue Gitarrist Adrian (der gleichzeitig als Bassist beim Opener TESC fungiert) verfügen über mehr Bühnenerfahrung als alle in dem Saal zusammen und genau das spielten sie an diesem Abend gnadenlos aus. Vor allem das Bollwerk am Gesang zeigte eine unnachgiebige Härte im Mosh und eine gute Stimme im Klargesang, generell funktionierte das Aneinanderstellen von Mosh und emotionalen Momenten hervorragend. Ein ungemein tightes Schlagzeugspiel von Ben trieb die Meute immer wieder vorwärts und wenn auch der Funken nicht gleich zu Beginn übersprang so war am Ende doch eine eingeschworene Einheit aus Band und Zuschauer feststellbar. Das Hauptohrenmerk lag an diesem Abend natürlich auf den „Dantalion“ Songs, und wie bereits oben geschrieben wuchsen diese über sich hinaus. Ein Verdienst sicherlich auch des Toningenieurs, der am Anfang noch den richtigen Sound suchte, aber spätestens ab der Mitte eine fette, glasklare und sehr transparente Mauer errichtete, die bis zum Ende nicht eingerissen werden konnte. Aber auch Tracks des wiederaufgelegten „To Have And To Unhold“ Albums wie „Embers“ machten einfach Spaß und erzeugten Druck, Dynamik und groovten wie Sau. Gerade dieser totale Groove und das zielgerichtete Aufeinandertreffen von hart/zart im leicht old schooligen Gewand sowie das totale sich gehen lassen in ruhigen Momenten gespickt mit Erfahrung und Leidenschaft für die Sache ist ein fetter Bestandteil dieser Band. In vielen Unterhaltungen, die ich auch mit den Vorbands geführt habe, kristallisierte sich heraus, dass KORODED als fester Bestandteil der Jülicher Szene vielen Leuten etwas mit auf den Weg gegeben haben und auch einige zum Musikmachen inspirierten. Ich zolle daher im Besonderen der Leistung an diesem Samstag und im Allgemeinen der gesamten Schaffensphase Respekt! Applaus!

Setlist:
DANTALION
KILL BUDDHA
SCARETRADE
DAMNATIO MEMORIAE
PHOBOS
EMBERS
IRA
UNHOLD
TABOBA
INFESTATIO
JIM JONES
FIFTEEN AND ONE
BLOWBACK
WAKE ME UP (AND TELL ME THAT I'M DEAD)
LENG TCH'E
ZERO MINUS ZERO
PEOPLE OF THE ABYSS


Zum Schluss eine paar Worte zu diesem Facebook-Eintrag: „Das einzige, was fehl am Platz war, waren die dummen Violent Dance Spakos.“ Das sehe ich diesmal etwas anders, denn die Violenter standen zwar permanent im Kreis herum und guckten sich gegenseitig an, anstatt auf die Bühne zu achten, aber sie zogen ihre Kreise eigentlich nur in ihrem Revier und bis auf eine Ausnahme, wo ein am Rand stehender einen Fuß in die Fresse bekam, schien es keinen zu stören. Letztlich obliegt es den Bands, ob sie das Geturne dulden oder nicht, und an diesem Abend zumindest schien es keinen groß zu stören. Somit konstatiere ich, dass an diesem Abend alles genau so sein musste, wie es gewesen ist. Danke an alle Bands, den ganzen Leuten drum herum und den anderen 200 Leuten, die daran Schuld waren…