29.08.2009: Bold, Bringin' It Down - Aachen - Musikbunker

29.08.2009
 

 


The complete discography.
Über den Sinn und Widersinn von Reunions einst wegbereitender Bands zu räsonieren, ist mitunter recht müßig. Liegt’s schlichtweg am schnöden Mammon, packt die einstmals juvenilen Pioniere erneut der Ehrgeiz oder doch irgendwas dazwischen? Schlagendstes und überzeugendstes Beispiel einer rundum gelungenen Wiedervereinigung samt Triumphzug durch sämtliche, aus allen Nähten platzenden Clubs waren in letzter Zeit wohl Anthony Civarelli, Walter Schreifels und Co. Und, um mit der Nörglertür mal direkt ins Haus zu fallen: Mit der GORILLA BISCUITS-Reunion konnten BOLD und BRINGIN’ IT DOWN (eine JUDGE-Coverband mit einem einzigen Gründungsmitglied…) noch nicht mal annähernd mithalten. Sei’s drum: Für die knapp fünfzig Anwesenden im Musikbunker zu Aachen war es ein recht kurzweiliger, mitunter müde wirkender aber auch irgendwie unterhaltsamer Kurztrip in die Vergangenheit. Nicht weniger, definitiv nicht mehr.



Kälte macht sich breit in Aachen. In dem recht pittoresken Stadtteil, welcher den Musikbunker beherbergt, wirkt alles ein wenig so wie in konstante Langweile gegossen. Einige wenige Gestalten sitzen wartend, wenn auch nicht sichtlich euphorisch, auf Steinstufen und harren der Dinge, die da kommen mögen. Nix mit elektrisierter Luft und gebanntem Blick. Erschreckend leer wirkt sowohl der lange, düstere Gang in den Konzertraum, als auch der Raum selber. Man könnte jetzt dahingehend argumentieren, dass BOLD ohnehin nie einen vergleichbaren Status in ihrer gerade mal vierjährigen Karriere innehatten wie bereits genannte GORILLA BISCUITS oder auch YOUTH OF TODAY. Und wer braucht schon „JUDGE“ ohne den legendären Hass von Namensgeber Mike, mit Porcell am Gesang, der zwar irgendwie immer noch sehr charismatisch ist aber doch nicht das verkörpern kann, was JUDGE einst ausmachte. Wie bei so vielen Bands jener Zeit, die heutzutage noch eine wie auch immer geartete Rolle spielen, standen JUDGE exemplarisch für die volle Verausgabung, den blanken Hass – der schneller verpuffte als Ray Cappo Gebetsketten verkaufen konnte. Aus eben jener energetischen Kurzlebigkeit strickt sich dann der Legendenmythos, möchte man meinen. Allerdings fällt an diesem Abend einmal mehr auf, wie viele gute, zeitlose Songs JUDGE eigentlich in petto hatten.



Allesamt in rote T-Shirts gehüllt, verstärkt (im Wortsinne!!!) durch den massigen Gitarristen von ABSOLUTION, mit einem wirklich tighten Drummer und einem lädierten Porcell operierend, kann das Spiel mit der Vergangenheit losgehen. Porcell, das fällt recht schnell auf, ist was Posen und Ansagen angeht weit in der Vergangenheit stehengeblieben. Er sympathisiert sich kniend und positiv angepisst durch ein kurzes Set. Und das ist jetzt wirklich nicht negativ gemeint. Neben den üblichen Edge-Wiederbelebungsfloskeln („I heard in Europe it’s not cool anymore to be straight edge“) und durchaus authentisch wirkenden „habt-eure-direkte-Umwelt-im-Blick-Ansagen“ gilt es allerdings ein spärliches Publikum zu unterhalten. Bereits während des Intros zu 'Take Me Away' beginnen sie jedoch urplötzlich zu leuchten, die Augen. Eine kleine Traube textsicherer Menschen versammelt sich um Porcells Mikrophon. Sie hatten ja lange genug Zeit, sich auf diesen Abend vorzubereiten. Den bandnamengebenden Song direkt hinterhergeschoben ( „…this hammer I’ve got“), 'Fed Up' im Anschluss, und dann der augenzwinkernste Moment der gesamten Veranstaltung: 'New York Crew' aus sämtlichen Kehlen. In diesem herrlich piefigen, harmlosen Stadtteil Aachens. Diese Ironie bemerkt dann auch Porcell und hebelt sie gekonnt mit dem allseits beliebten Unity-Joker aus. Zum Schluss noch 'The Storm' und der immer-noch-Überhit 'Warriors' (BLITZ) und man kann unbeschämt sagen: Das war sehr kurzweilig und die wenigen Anwesenden haben dafür gesorgt, dass der Auftritt für die Band nicht zu einem Trauerspiel verkommt. Jetzt hat das Publikum erst einmal genügend Zeit sich mit Fake-Nike-Logo Merchandise von BOLD oder einer wahren Armada von iPod-Stickern beider Bands einzudecken. BOLD lassen sich Zeit, wohl auch, da bis auf den einen Gitarristen und den Sänger die Besetzung die gleiche ist und man ob des fortgeschrittenen Alters noch mal Luft schnappen muss. Porcell wechselt flugs an die Gitarre, und es geht weiter.



Auch BOLD leisten sich, was die Songauswahl angeht, keine Fehler. Von 'Talk Is Cheap', 'Always Try' und 'Having My Say' über 'Looking Back' ist eigentlich alles dabei, was der Nostalgiker ins Mic brüllen möchte. Lediglich Frontschlacks Matt – gut bei Stimme übrigens – wirkt recht demotiviert und müde. Verkrümelt sich bei den kurzen Instrumentalteilen gar kurz in seine Ecke und beklatscht die Bandkollegen. Ein seltsames Bild. Zumal das Publikum auch auf BOLD recht euphorisch reagiert. Wenn auch verhaltener als auf den Vorgänger. Mit einem ihrer besten, weil ausgefeiltesten Songs ('Running Like Thieves') beenden BOLD (hier übrigens nur zwei Originalmitglieder) ihr Set (fast), um mit dem vehement geforderten 'Wise Up' einen Schlussstrich unter das Set zu ziehen. Nun die Frage aller Fragen: „War das wirklich nötig?!“. Heute sind wir mal ganz diplomatisch: Hat Spaß gemacht ja, unseren Enkeln davon erzählen, werden wir wohl nicht.