31.07.2012: Pianos Become The Teeth, Blame It On The Ocean - Bei Chez Heinz, Hannover

31.07.2012
 

 



Würde Chad McDonald nicht mit seiner massiven Rickenbacker auf der Bühne, sondern mit einer hippen Alkopops-Spezialität an der Supermarktkasse stehen – er hätte sicher mehr Probleme beim Erwerb dieser als beim Runterschrammeln der sphärischen Riffs mit seiner Band PIANOS BECOME THE TEETH.
Der junge und beinahe schüchtern wirkende Part des Ensembles aus Baltimore ist das, was der Volksmund einen Milchbubi nennen würde. Seine Kollegen Mike, Zac, David und ihr schlaksiger Frontmann Kyle Durfey teilen diese Ansicht nicht. Ihre Musik, die heute Hannover durchschütteln wird, noch sehr viel weniger.

Nach dem alles andere als eingeschränkten Set der angepissten Italiener von BLAME IT ON THE OCEAN formen McDonald und Anhang ihren tragenden und gläsernen Posthardcore aus anderen Zutaten: „Liquid Courage“ eröffnet das Set vernebelt, Durfey braucht nicht lange zum warmwerden. Stampfend, selektiert, dann gehackstückelt, dann wieder schwebend - gefolgt von nervösen Intropartien Marke Maryland. Die Worte springen mit dem teils minimalen, dann plötzlich gespenstisch vertrackten Drumgewitter, der dürre Sänger scheint oft so intensiv am Mikro zu kleben, dass er zu implodieren droht. Die Songs strotzen vor dickem Livesound und sind verankert und gesichert, keines der Instrumente droht einzustürzen oder sich zu verhaken.
Bei den PIANOS fassen die Details und die Atmosphäre, die BLAME IT ON THE OCEAN zuvor nur in Brutalität und Kürze zu verpacken wussten. Mit „Good Times“ betiteln die hypeschwangeren „The Wave“-Mitbegründer den Moment sehr passend. Das Set von PIANOS BECOME THE TEETH atmet kaum Luft weg, aber versprüht umso mehr Energie und Kraft. Auf „The Lack Long After“ begeistert das gleichermaßen - mit ehrlichen Lyrics und schwebend klobigen Arrangements – genauso haben die fünf sympathischen Ostküstler das Kellervenue während des knapp fünfzigminütigen Sets in der Hand.

„I´ll Get By“ gibt es nach „I´ll Be Damned“ für den Nachhauseweg, und an niemandem scheinen die vier USA-Touristen (plus Milchbubi) bloß spärlich vorbeigezogen zu sein. „Old Pride“ betitelte die Band ihr Studiodebüt vor gut 2 Jahren, was es in liebevoller Vinylneuauflage heute zu erwerben gibt. Mit Ergrautem oder Angestaubtem haben PIANO BECOMES THE TEETH und somit auch Chad McDonald aber nicht nur äußerlich kein Hühnchen zu rupfen. Und das schon lange nicht mehr.