Interview mit BA'AL

11.07.2008
 

 

1. Das neueste Werk aus dem Hause BA'AL „Confusion Of Tongues“ ist seit Anfang Juni auf dem Markt. Welche Reaktionen sind euch bisher entgegengebracht worden?

Steffen: Ich habe nun bereits eine ganze Menge Reaktionen gelesen und bisher waren alle aus unserer Sicht absolut im grünen Bereich, wenn nicht sogar überragend, was uns selbstredend erfreut. Interessant und ebenso erfreulich ist die Tatsache, dass wir in ausnahmslos allen Rezensionen endlich als die Band wahrgenommen wurden bzw. werden, die wir im Grunde immer waren – als Death-Thrash-Metal-Band. Nach unserem letzten Album hatten wir leider für unsere Begriffe viel zu schnell den Stempel einer reinen Metalcore-Band verpasst bekommen. Das lag nicht zuletzt an unserem Erscheinungsbild, aber sicher zum Teil auch an der Art und Weise, wie wir damals vermarktet wurden. „The Lilith Complex“ kam quasi während einer Hochzeit der Metalcore-Welle auf den Markt, wir hatten überwiegend kurze Haare und kamen noch dazu aus der Hochburg Thüringen, was wollte man da machen? ;) In meinen Augen haben wir auch schon auf der alten Platte einen Stil gefahren, den man nicht einfach als Metalcore abtun konnte. Das Prädikat hat uns zwar unglaublich viele Türen geöffnet, aber leider auch sehr viele bis heute verschlossen. Ich denke, dass wir uns mit „Confusion Of Tongues“ von diesem recht eindimensionalen Prädikat ein gutes Stück weit emanzipieren konnten. Die bisherigen Reaktionen bestätigen das ja.

2. Der erste Longplayer „The Lilith Complex“ hat bereits 4 Jahre auf dem Buckel, eine Ewigkeit in der heutigen Zeit! Warum kommt erst jetzt das neue Full-length?

Steffen: Letztlich aus einer Vielzahl von Gründen. Das erste Jahr nach „The Lilith Complex“ war für uns geprägt durch eine schlagartig aufkeimende Bekanntheit und daraus resultierenden Liveshows. Wir haben das erste Jahr einfach nur getourt und live gespielt, was das Zeug hielt. Hinzu kam, dass das komplette Songwriting und Texten damals allein auf meinen Schultern ruhte und ich gleichzeitig beruflich derart eingebunden war, dass an neues Material einfach für lange Zeit nicht zu denken war. Knapp zwei Jahre nach dem Album hatten wir dann auch lediglich vier neue Songs vorzuweisen. Als sich dann noch dazu im Sommer 2006 unser langjähriger Gitarrist Christian dazu entschied, aus der Band auszusteigen, um sich voll auf sein Studium zu konzentrieren, haben wir mit meinem großen bzw. eher kleinen Studienkumpel Stefan angefangen und schnell festgestellt, dass wir sehr gut harmonieren und musikalisch ohnehin voll auf einer Wellenlänge liegen. Nach wenigen Proben haben wir uns damals entschieden, einen kompletten Reset zu machen. Für das Songwriting des neuen Albums haben wir somit nur knapp eineinhalb Jahre benötigt, was ja schon fast schon wieder passabel ist...

3. „Confusion Of Tongues“ ist extremer und dadurch härter als das Debüt. Warum geht ihr diesen Schritt und warum schaltet ihr keinen Gang zurück und benutzt nicht die heute typische laut-leise Dynamik mit Klargesang angereichert?

Steffen: Ich teile das jetzt mal auf: Wieso wir nicht zurück schalten? Nun ja, wieso leckt sich der Hund die Eier? Wir können eben mittlerweile einfach mal 40 Minuten durchweg das Gaspedal durchtreten, also machen wir es eben. Die Ideen waren/sind da und die Kondition mittlerweile auch. Obendrein macht es uns Spaß und letztlich muss unsere Musik in erster Linie uns überzeugen bzw. unseren Ansprüchen genügen. Ich kann unmöglich auf der Bühne stehen und dem Publikum Material präsentieren, dass ich selbst zum Gähnen finde. Wir sind wie gesagt die Ersten, die das Material überzeugen muss, und wenn es dann noch ein paar mehr Leuten als uns zusagt, umso besser. Damit wären wir auch schon bei Teil zwei Deiner Frage: Wieso kein Klargesang? Weil ich da einfach die Krätze kriegen würde! Das muss alles zusammen passen und bei uns würde es das schlichtweg nicht.

Julian: Cleaner Gesang wirkt im Metalgenre nur selten gut platziert. Gerade im Metalcore-Bereich versuchen einige Bands, meiner Meinung nach, ihre Anschlussfähigkeit an den popkulturellen Markt dadurch zu sichern, dass sie cleanen Gesang als Stilmittel einsetzen. Rein stilistisch wirkt es halt ziemlich albern, wenn man mit einer Engelsstimme die Apokalypse der Welt besingt. Außerdem ist solcher Klargesang ein Tritt in die Eier des mächtigen Todes-Metalgottes, wir dagegen versuchen mit unserer Musik vom ersten bis zum letzten Ton Cojones zu zeigen. So, ich denke, jetzt habe ich gut von meiner miserablen Singstimme abgelenkt ;)

4. Der Sound auf dem neuen Album ist gar nicht typisch für die Massenware der Rape Of Harmonies-Alben, da er nicht typisch nach klinischem Metalcore, sondern roh und unverfälscht bzw. unbehandelt klingt. Wolltet ihr andere Wege mit dem Sound gehen?

Steffen: Ich denke, die Letzten, die man für den heutigen Einheitsbrei verantwortlich machen darf, sind die Jungs vom „Rape Of Harmonies“. Es gibt wie in allen Bereichen auch hier immer Nachfrager und Anbieter. Und in dem Fall wollen halt scheinbar alle klingen wie alle anderen. Schon mit unserem erstes Album haben wir da versucht, andere Wege zu beschreiten, mit dem neuen Werk eben noch etwas mehr. Wir sind ja auch etwas älter geworden und können unsere eigenen Vorstellungen einfach vehementer vertreten. Ich bin mit Bands wie SLAYER, BOLT THROWER oder CARCASS aufgewachsen und deren Sound finde ich bis heute interessanter und authentischer als 99% des aktuellen Weichspüler-Krams. Das Album sollte klingen wie Anfang/Mitte der 90er Jahre. Punkt. Dabei muss man ja nicht zwangsläufig auf die Neuerungen der Technik verzichten, aber die Platte sollte den rotzigen Charme der damaligen Zeit transportieren. Und im „Rape Of Harmonies“ bekommen die Jungs leuchtende Augen, wenn man so klingen möchte, das will ich doch mal betonen. Das sind ja schließlich auch so alte sentimentale Knochen wie wir ;)

5. Meiner Meinung nach habt ihr mit euren Outputs versucht, etwas anders als der Rest der heutigen, jungen Metalbands zu sein. Was sagt ihr allgemein zur Überflutung des Marktes mit seelenlosen Metalcore respektive Deathcore-Alben?

Steffen: Mich persönlich interessieren diese meist Gel-frisierten Luschibands ehrlich gesagt herzlich wenig. Ich kann im Grunde mit dem gesamten Genre privat nicht das Geringste anfangen. Weder kann ich die Bands musikalisch großartig voneinander unterscheiden, noch optisch. Mein Hauptproblem ist noch dazu, dass die meisten Bands dieser Kategorie ums Verrecken keine Botschaft haben. Bands, die keine Aussage, kein Profil und keine Reibungspunkte haben, sollen einfach die Fresse halten und sich auflösen. Die meisten Bands dieses Genres sind nichts weiteres als Modepuppen mit Popstar-Attitüden und Mode gehört nunmal auf den Laufsteg und nicht auf eine Bühne. Ich glaube, das große Problem der meisten Kids ist es, einerseits um jeden Preis nach Bands wie HEAVEN SHALL BURN, etc. klingen zu wollen – wenn man so will, nach den Bands der ersten Generation so genannter Metalcore-Bands – und andererseits zu versuchen, die derzeitige extrem oberflächliche Alltagskultur in diese Musik mit einzubringen. Eine Mischung, die leider sehr viele Leute anspricht, ich in meinem fortgeschrittenen Alter finde die aktuellen Tendenzen hingegen erschreckend. Vor ein paar Jahren hatte ich noch die Hoffnung, dass es sich bei dieser Verpopisierung des Metal(core)-Sektors um eine vorübergehende Randerscheinung handeln würde, aber mittlerweile scheinen halt auch in diesem Business die Uhren gänzlich anders zu ticken. Ich hoffe einfach mal, dass sich am Ende Qualität durchsetzen wird. Wir laufen jedenfalls nicht Gefahr, jemals mit tupierten oder gegelten Haaren und obendrein geschminkt, auf einer Bühne Transsexualität auszustrahlen. Wir sehen von Natur aus so scheiße aus, dass wir bestimmt nicht der Mode oder des Styles wegen auf der Bühne stehen!

Julian: Bei diesen immer gleich klingenden Schablonenbands kann man doch prima sehen, dass sie sich nicht um ihre musikalische Qualität bemühen, sondern hauptsächlich damit beschäftigt sind, ihre Goldkettchen zu richten. Ich glaube, dass dieses Metalcore-Ding eine Menge Identifikationsangebote für den durchschnittlich pubertierenden Sinnsuchenden bietet. Aggressive Musik, die einmal ein Ventil war, um dem Unmut gegenüber der Gesellschaft Luft zu machen, wird heute zum Medium um sich möglichst cool und tough zu präsentieren. Im „Moshpit“ kann man dann mal den richtigen Mann mimen, ein Wir-Bezug wird mit regressiven „Tough Guy Crews“ gestiftet. Äußerlich sieht das Ganze dann nicht viel anders aus, als auf einem Oi-Skinhead Konzert, außer, dass auf den Köpfen keine Glatzen thronen, sondern Bandanas, um wie ein richtiger Gangster auszusehen. Ich glaube deswegen gibt es so viele stumpfe Metalcore-Bands. Beim Standard-E-Moshpart kann man diesen Affentanz am besten aufführen, dieses Stilmittel bildet dann meist auch den musikalischen Höhepunkt, dass die Qualität der Musik und Message darunter leidet, ist die natürliche Konsequenz. Um dieser Tendenz entgegenzutreten, fasse ich unsere Shows auch als eine Art Gruppentherapie auf, bspw. veranstalten wir eine Wall-Of-Love statt Of-Death, bei der die Massen geteilt werden und aufgefordert werden, freudestrahlend und umarmend aufeinander zu zu rennen. Dann sehen die Kids, dass Liebe und Zuneigung viel mehr Spass machen, als böse und gefährlich auszusehen.
Wenn irgendwann ein Genre „Lovemetal“ entstünde, dann wäre ich stolz darauf, ein Vater jener Entwicklung gewesen zu sein ;)

Steffen: Jaja, oder ein Opa der Bewegung, so wie ich dann...

6. Erzählt mal ein wenig über die Texte. Was steckt hinter dem Albumtitel, den Songs wie „Endeavor Bafflegab“ oder „(Heads Deep In The Ass Of The) Red Dragon“ und welche Sorgen und Probleme verarbeitet ihr?

Steffen: „Confusion Of Tongues“ ist die konsequente Fortsetzung unserer Releases „The Babel Concept“ und „The Lilith Complex“. Zwar begründet sich unser Bandname ursprünglich auf Bertolt Brechts erstem und gleichnamigem Roman, aber von Anfang an haben wir versucht, auch die mythologische Komponente des Namens BA'AL inhaltlich zu verarbeiten. Es ist erstaunlich, wie viele aktuelle politische und gesellschaftliche Probleme sich in diesen antiken Kontext setzen lassen und dabei nicht nur interessanter von den Bildern her werden, sondern oft noch an Brisanz gewinnen. Wir hatten immer den Anspruch, eine politische Band zu sein, so auch auf diesem Album. Die Inhalte sind nur subtiler verpackt als auf den Vorgängern. Beispielsweise könnten die uralten Konflikte im Zweistromland derzeit kaum aktueller sein. Die Platte leitet somit konsequenterweise mit dem Intro „The Blackwater Crusade“ in diese Thematik ein. Blackwater ist die größte Privatarmee der Welt, finanziert von ultrakonservativen amerikanischen Christen. Dieser Verein wird verdächtigt, für die größten Massaker an der (Privat)bevölkerung in den jeweiligen Einsatzgebieten verantwortlich zu sein. Dabei ist das alles eine Win-Win-Situation für Blackwater und die US-Armee. Die Privatsoldaten werden im Wesentlichen vom Staat finanziert und man kann sie inoffiziell zu den US-Truppen zählen, offiziell aber eben nicht. Wenn ein Blackwater-Soldat fällt, gilt er als Zivilist. Kein Wunder, dass die Gefallenen-Statistik der Amerikaner für einen Bodenkrieg geradezu blendend ausschaut. Zivilisten tauchen da ja nicht auf. Weiterer Vorteil von Privatsoldaten ist, dass sie nicht der Haager Landkriegsordnung unterstehen. Diese Jungs haben also vollkommene Narrenfreiheit und nutzen das schamlos aus. Die Wahrscheinlichkeit, vor einem Gericht für diese (zivilen) Massaker verurteilt zu werden ist gleich Null. Die Amerikaner halten ja ohnehin nicht viel von Institutionen wie dem Internationalen Strafgerichtshof und bewegen sich dabei auf einer Ebene mit den großen „Demokratien“ unserer Zeit: China, Russland, Indien oder Pakistan. „Confusion Of Tongues“ ist dabei nicht wirklich ein Konzeptalbum. Die Verwirrung der Sprache hat nur ziemlich viele Facetten und man kann somit viele Themen damit in Zusammenhang bringen. Wir bedienten uns lediglich dieses biblischen Bildes rund um den Turmbau zu Babel, bei dem der damalige Hochmut der Menschen ihr kühnes Projekt zu Fall gebracht hat. Wir stehen derzeit wieder an der Schwelle derartiger schwerwiegender Einschnitte. Vollkommen blind rasen wir auf eine ökologische und politische Katastrophe zu, die durchaus die größte Zäsur in der Geschichte der Menschheit darstellen könnte. Das Coverartwork drückt genau das aus, das stoische Abwenden von der Katastrophe bzw. das Leugnen dieser. Alle Facetten im einzelnen zu beleuchten, würde sicherlich zu weit gehen, also beschränken wir uns mal auf deine Auswahl. „(Heads Deep In The Ass Of The) Red Dragon“ thematisiert einzig und allein das konsequente Einknicken bzw. Versagen der sich selbst so gern als humanistisch aufgeklärt darstellenden westlichen Demokratien vor den wirtschaftlichen Interessen Chinas. Genauer gesagt vor den jeweils eigenen wirtschaftlichen Interessen in China. China steht dabei im Wesentlichen nur Pate für eine Vielzahl von Regimes, vor denen wir moralisch einknicken. Alles hat sich heute dem viel beschworenen Aufschwung unterzuordnen. Und wenn es in China eben Brauch ist, seinen Dissidenten eine Kugel in den Kopf zu jagen, wird diese ulkige regionale Angewohnheit eben gern in Kauf genommen, solange man dort billig seine Fußbälle nähen lassen kann. Man hat ja immerhin des öfteren mal seinen Zeigefinger warnend erhoben...

Julian: Der Text von "Endeavor Bafflegab" basiert auf einer Kurzgeschichte des Science-Fiction Autors Arthur C. Clarke. Sie handelt von einer Gruppe buddhistischer Mönche, deren Bestimmung die Auflistung der 9 Milliarden Namen Gottes ist, damit der ewige Kreislauf von Samsara, vom Werden und Vergehen durchbrochen wird. Sind alle möglichen Namen aufgestellt, so wird die Erde untergehen und alle Lebewesen werden ins Nirwana übergehen. Nun haben die Mönche schon 300 Jahre an dieser Liste gearbeitet, und noch sind keine merkbaren Fortschritte zu erkennen. Mittlerweile ist die Geschichte vorangeschritten, und die Mönche sind in der Moderne angekommen und können auf moderne Technologien zurückgreifen. Alle Permutationen der möglichen Namen Gottes sollen mit Hilfe Computer-basierter Brute-Force-Methodik aufgestellt werden. Also engagieren die Mönche westliche Computerexperten, die zunächst dem Unternehmen spöttisch entgegenstehen, es aber aufgrund der Achtung vor der Religiösität der Mönche trotzdem tun. Da sie nicht an den religiösen Hokus-Pokus der Mönche glauben, wandern sie kurz vor dem Ende der Auflistung aus Angst vor der Wut der Mönche die Berge des Himalaya hinunter. Und was passiert, man glaubt es kaum, die Informatiker schauen an den Himmel und sehen wie die Sterne, einer nach dem anderen, vom Himmel stürzen. Die Geschichte ist einfach eine schöne Metapher für den Zusammenhang von technischer Entwicklung und der Zerstörung der Welt. Im Allgemeinen findet sich das Motiv der Kritik von Technik und des Fortschrittsoptimismus in unseren Texten oft wieder, dabei ist nicht die Technik per se rückschrittlich, sondern ihre Zwecksetzung ist in unserer modernen Welt zu kritisieren. Die Frage ist, wie man Technik und Wissenschaft wieder als Instrumente für die Freiheit des Menschen und die Emanzipation von Zwang und Not einsetzen kann. Bspw. kann man hier die Patentierung von pharmazeutischen Produkten anführen. Die wirtschaftlichen Interessen jener Unternehmen stehen über dem Menschenrecht Hunderttausender, die in ärmeren Ländern leben. Durch Patente wird die medizinische Versorgung dieser Menschen einfach verhindert, obwohl die entsprechenden Medikamente entwickelt sind und ihre Leben retten könnten.
Wir brauchen ein neues Bewusstsein für den Umgang mit Wissenschaft und Technik, die den Menschen als Ziel hat und nicht die Vermehrung von Kapital oder die Verfolgung militärisch-politischer Ziele hat. Abschließend kann man mit Stanislaw Jerzy Lec fragen: Ist es ein Fortschritt, wenn ein Kannibale Messer und Gabel benutzt?

7. Ihr seid bei Maintain Records unter Vertrag. Seid ihr zufrieden mit der Labelarbeit und was bedeutet euch die Labelarbeit?

Steffen: Der Vertrag ist ein echtes Teufelswerk. Wir mussten uns gleich für 666 Alben verpflichten und Geld gibt’s erst nach Ende der Vertragslaufzeit in Form von T-Aktien! Mindestens 9 mal pro Jahr haben wir obendrein auf Eröffnungsveranstaltungen von Baumärkten zu spielen, zusammen mit einem halbtoten Rudel abgehalfterter Ex-Schlagersternchen und D-Prominenter, die sich nicht mehr ins Vorabendprogramm bei einem Call-In-Sender retten konnten. Die Leute bei Maintain sind von Grund auf schlecht! Im Grunde war also nach dem ersten Telefonat mit Maintain klar, dass wir perfekt zusammen passen. Unsere Vorstellungen waren mindestens ebenso kompatibel wie unsere musikalischen Vorlieben und unser Humor. Über die Labelarbeit können wir uns bislang in keinster Weise beschweren, wenn dem so ist, seid ihr die Ersten, die es erfahren! Das wird eine mediale Schlammschlacht!

8. Welche Ziele habt ihr euch zu Beginn der Karriere 2002 mit BA'AL gesteckt und wie sieht die Welt anno 2008 aus?

Steffen: Ich kann nicht behaupten, dass wir uns 2002 irgendwelche großartigen Ziele gesteckt hätten. Nach drei Jahren musikalischer Abstinenz war BA'AL damals einfach nur gedacht als Ausgleich zu unseren Jobs bzw. Studiengängen. Und es sollte anfangs eigentlich nur drei (ur)alte Freunde wieder dazu bringen, gemeinsam Musik zu machen. Das waren unser Schlagzeuger Matthias, Marco am Gesang (heute bei einer lausigen Kirmescombo namens BURY MY SINS tätig) und ich. Nach zwei/drei Wochen waren wir dann aber schon eine komplette Band und schnell war klar, dass das Ganze etwas ambitionierter werden würde und somit musste Marco leider die Segel streichen, weil es für ihn nicht drin war, mehrfach die Woche zum Proben von Bad Hersfeld nach Erfurt zu fahren. Die Ambitionen bestanden aber zu jeder Zeit bis heute darin, Spaß an der Sache zu haben. Die Band würde an dem Tag aufhören zu existieren, an dem diese Maxime nicht mehr erfüllt wäre. Gleichzeitig haben wir aber natürlich bei allem Spaß das Hauptziel, so viele Leute wie möglich live oder in Konservenform zu erreichen, wobei uns live immer noch am liebsten ist. Wenn man nach einer Show blaue Flecken hat und riecht wie ein drei Jahre toter Iltis, dabei auch noch dem Publikum gefallen hat, dann ist das Ziel erreicht!

9. Wann zieht ihr durch Deutschland? Welche Bands begleiten euch?

Steffen: Jetzt machen wir erstmal unsere obligatorische Sommerpause, schreiben ein paar Songs und legen dann im Herbst wieder los mit Shows. Anfragen zu Shows nehmen wir übrigens jederzeit gerne unter info@baalmetal.com entgegen! Eine konkrete Tour ist derzeit nicht geplant. Aber wir versuchen so oft wie möglich, mit unseren in jeder Hinsicht dicken Freunden von BURY MY SINS durchs Land zu reisen und die Äxte und Messer zu wetzen. Aber mal sehen, eventuell ergibt sich ja auch mal wieder eine längere Tour als Support. Dazu muss das Album aber erstmal etwas laufen...

10. Habt ihr 2008 schon Festivals gespielt und wenn ja, wie waren eure Impressionen?

Steffen: Da stocherst Du leider in einer unschönen Wunde. Wir haben dieses Jahr kein Festival gespielt und wie es ausschaut, wird das auch so bleiben. In der Regel ist es so, dass die Festivals, die uns brennend interessieren würden, kein Interesse an uns zeigen und umgekehrt. Für uns wäre es eine große Sache, mal auf dem Partysan zu spielen, aber das ist wohl anscheinend ein Beispiel, bei dem uns der alte Stempel als Metalcoreband etwas nachhängt ;)

11. Habt ihr eine nette Touranekdote auf Lager oder sonst etwas Witziges parat?

Steffen: Naja, spontan fallen mir zwei Anekdoten ein, die allen hier als Warnung dienen sollen! Bei uns wird Death Metal noch wörtlich genommen!!!...Zum Beispiel haben wir in Triest einmal direkt neben einem Altenheim gespielt und während der Show muss dann wohl draußen wie drinnen mächtig was los gewesen sein. Wie uns berichtet wurde, hat während unserer Darbietung ein netter älterer Herr nicht in sein Abendbrot, sondern ins Gras gebissen und somit seinen Löffel dauerhaft beiseite gelegt. Seine Abholung durch die herbeigerufenen Hilfskräfte wurde dann auch von einem Haufen schaulustiger italienischer Metalheads begleitet. Nicht mehr Glück hatte dank unseres Fahrers Fabse vor ein paar Jahren auf dem Weg nach Laupheim ein armes Reh. Plötzlich bremsten in einem kleinen Wäldchen vor uns zwei Autos und es sah so aus, als ob sie etwas rammen würden. Fabse fragte noch, was denn da los sei, ich antwortete wahrheitsgemäß: „Da ist scheinbar ein Reh auf der Straße.“ Fabse fragte: „Wo?“. In dem Moment hob die gemarterte Kreatur ihren Kopf und schaute uns traurig an. Fabse sah das Tierchen nun endlich auch und so konnte er ihm nochmal zum Abschied in seine Rehaugen blicken. Dann machte es »Bumm« und wir hatten mächtig Glück, dass wir in einem so schönen großen Transporter saßen. Die Karre hatte nicht mal eine Schramme. Das Reh hatte da irgendwie weniger Glück. Wir haben diese Tour daraufhin die „Einfach drüber Fahren“-Tour getauft. Habe ich erwähnt, dass Fabse Vegetarier ist? Er macht sich bis heute Vorwürfe und redet sich ein, dass es das Beste für das Tier war, weil es ja schon zwei mal angefahren wurde...So ein entarteter Irrer! Die Warnung lautet also: Kommt auf unsere Shows, da seid ihr am sichersten!!! Im Haus nebenan könnte Euch der Sensenmann genauso erwischen wie auf der Straße Eures Ortes! Nur im Konzertsaal seid ihr sicher, zumindest bis wir mal das Gegenteil bewiesen haben...

12. Welche Bands sollten eurer Meinung nach unbedingt angecheckt werden?

Steffen: Mein Geschmack ist da etwas „altbacken“. Ich stehe nach wie vor am ehesten auf die skandinavischen Ergüsse von BLOODBATH, DARKANE, AT THE GATES, ARCH ENEMY, OPETH oder die polnischen Epen von BEHEMOTH, DECAPITATED und VADER. Wenn es schön rumpelt, bin ich sowas von glücklich! Nicht vergessen darf ich natürlich die Überseefraktion a lá NILE, ORIGIN, CEPHALIC CARNAGE oder KRISIUN. Und als absoluter Oberhammer zur Abwechslung mal etwas Einheimisches: NECROPHAGIST!

Stefan: Neben den ganzen Prügelbands, die Steffen schon erwähnt hat, stehe ich sehr auf noisigen Ambient/Sludge/Grind/Screamo-Kram. Gerade im deutschen Underground geht da sehr viel. Bands wie OMEGA MASSIF, PERTH EXPRESS, ZANN, KEITZER oder A FINE BOAT THAT COFFIN kann ich jedem aufgeschlossenen Krachfetischisten nur wärmstens ans Herz legen.

Julian: Unerwähnt blieben alte Klassiker sozialkritischer Krachmusik: CONVERGE, UNRUH, ORCHID, MÖRSER oder THE LOCUST.

13. Danke für das Interview! Ihr habt die letzten Worte:

Steffen: Habt eine Meinung und vertretet sie! Hinterfragt alles und jeden! Kauft Bücher und lest sie!

Julian: Genau! Adorno statt Porno, Shakespeare statt Becks-Bier, Habermas statt Schnapsglas, Foucault nicht ins Klo!

Stefan: D.I.Y. statt Oi ! Praise Seitan!

Steffen: Und glaubt um – ähhm, Gottes Willen ja wohl eher nicht – an keinen Gott, sondern lieber an Euch selbst!