Interview mit Donots

13.05.2008
 

 


Fast vier Jahre liegen zwischen eurem letzten Studioalbum "Got The Noise" und dem neuen Release "Coma Chameleon". Was ist in der Zwischenzeit passiert? Ihr habt Euch offensichtlich von Gun Records getrennt, wie lief das genau ab und warum der Split? Was ist sonst so passiert?

Ingo: Um es kurz zu machen: Nach der VÖ von „Got The Noise“ im Jahr 2004 war uns klar, dass wir nicht mehr bei GUN veröffentlichen wollten. Wir haben uns falsch repräsentiert gefühlt, nicht mehr die gleiche Sprache gesprochen und wollten aus den eingefahrenen Strukturen mit einem alten Labelteam raus. GUN wiederum wollten uns nicht aus dem Vertrag entlassen und deshalb haben wir schließlich 2 Jahre Anwaltsscharmützel auf uns nehmen müssen, um wieder freie Menschen zu werden und die komplette Kontrolle zurückzuerlangen, mit der wir in den ersten 5 Jahren vor dem Deal 1998 gearbeitet haben. In der Zwischenzeit haben Purgen, Guido und ich u.a. Bands wie Waterdown, One Fine Day oder die December Peals produziert, Alex hat sein BWL Studium beendet, Eike ist Papa geworden und 4 Monate Bandurlaub haben ihr übriges getan. Als der Deal endlich aufgekündigt worden war, haben wir irgendwann während der Aufnahmen zu „Coma Chameleon“ entschieden, dass wir das nächste Donots Album lieber auf unserem eigenen Indie-Label Solitary Man Records veröffentlichen möchten, welches ich 2005 in Japan gegründet habe, um dort Bands wie Dropkick Murphys, Beatsteaks, Dover, Boy Sets Fire oder die Toy Dolls zu veröffentlichen. Wir haben also alles komplett selbst finanziert, ein neues Produktionsteam mit Kurt von Blackmail und Vincent Sorg engagiert und auf diese Weise die Donots Trademarks neu erfunden und die Frische der Anfangstage wieder auf die Platte zurückgeholt. Unter’m Stich hat sich die Platte und die Entscheidung, alles selbst zu machen, als die richtigste und wichtigste Entscheidung ever herauskristallisiert und wir sind glücklicher denn je…

Springen wir gleich mal zum Ende der neuen Platte und dem Outtake von Walter Schreifels. Wie kam es zu diesem Gastfeature und was verbindet Euch mit Schreifels sowie GORILLA BISCUITS und QUICKSAND?

Ingo: Wir sind riesengroße Fans von so ziemlich allem, was der gute Walter in seiner Karriere musikalisch an den Start gebracht hat. Gorilla Biscuits machen uns ebenso glücklich wie Quicksand oder Rival Schools. 2004 haben wir Walter und seine damalige Band Walking Concert als Support unserer Europatour mitgenommen und seitdem sind wir gute Freunde. Walter ist ein unfassbar talentierter, sehr unterhaltsamer Musiker und daher freut es uns um so mehr, dass er Bock hatte, uns auch bei „Coma Chameleon“ zu unterstützen. Auf der Platte spielt er sozusagen ein akustisches Reprise von „Break My Stride“ als Outro. Das ist schon der absolute Hammer, wenn einer deiner Jugendhelden auf einmal deinen Song singt. Derartige Kollaborationen haben aber auch eine lange Tradition in unserer Band: Wir haben eigentlich immer versucht, Freunde und Tourpartner auf unseren Platten zu verewigen, siehe Beatsteaks Arnim, Pete von 3 Colours Red oder Jason von „A“…

Welche anderen Bands haben Euch nachhaltig geprägt?

Ingo: Die Liste wäre absolut endlos, glaub mir. Ich kaufe mir z.B. jede Woche mehrere Alben und bin immer wieder total umgehauen von allen möglichen Platten. Das können Singer/Songwriter Sachen wie Johnny Cash, Aimee Mann oder Elliott Smith sein. Punkrock wie Face To Face, Jawbreaker, Rancid, Bad Religion, Alkaline Trio oder Green Day. Metal a la Metallica, Anthrax, Pantera, Slayer, Queensryche. Oder auch einfach gute Popmusik wie New Order oder ähnliches. Momentan laufen in meinem Player u.a. Brand New, Tegan And Sara, Arcade Fire und Kid Dynamite rauf und runter.

Ihr habt Euch im Laufe Eurer musikalischen Karriere als ausgesprochen wandlungsfähig gezeigt. Befindet Ihr Euch auf der Suche nach DEM DONOTS Sound oder stehen die DONOTS einfach für Wandel?

Ingo: Ich glaube, jede Band sollte und muss sich irgendwann mal weiterentwickeln, denn Stillstand ist im Normalfall einfach der kreative Tod. Es gibt nur wenige Bands wie AC/DC, Bad Religion oder meinetwegen die Ramones, von denen man gar nichts anderes erwartet. Wir genügen uns dann aber schnell nicht mehr und stellen uns immer wieder neuen Aufgaben. Daher haben wir dieses Mal auch nicht mit Fabio Trentini aufgenommen, sondern mit Kurt Ebelhäuser und Vincent Sorg. Wir wollten einfach den DONOTS Sound mal von einer anderen Perspektive beleuchten. Und simple „Stadion-Whooohoooo“-Songs wollten wir dieses Mal auch einfach nicht mehr schreiben. Wie das geht, wissen wir mittlerweile. Da ist es viel interessanter, sich mal wieder ein wenig zu wandeln und zu neuen Ufern aufzubrechen.

Hat das Chameleon im Albumtitel Eures neusten Releases oder auch auf dem Cover etwas mit Eurer Wandlungsbereitschaft zu tun, oder wofür steht es?

Ingo: Wir mochten einfach das Artwork sehr gerne und hatten nach einem catchy Albumtitel gesucht, der individuell ist und sich ein wenig abhebt von den üblichen Donots Albentiteln. Lustig ist, dass wir momentan jede Menge Interpretationen des Titels in Interviews angeboten bekommen und wir daher eigentlich gar nicht mehr selbst erklären müssen, wofür er steht.

Das Release gibt es ja quasi als limitierte, signierte Version bei Amazon. Wie kam es zu der Idee?

Ingo: Heutzutage muss man einfach hin und wieder etwas andere Promowege für einen Albumrelase gehen. Mittlerweile ist es so, dass man diversen Portalen wie Amazon oder auch iTunes Store immer gewisse Specials anbietet, damit man von deren Seite noch besser gefeatured wird. Das ist besonders für Indielabels wie uns sehr wichtig, um gegen die Majors anstinken zu können. Wir haben uns daher für eine fan-nahe Variante entschieden, 1000 Alben persönlich zu unterschreiben, bis uns die Pfoten bluten.

Vielerlei Label / Bands sind mit der aktuellen Situation des Musikbusinesses nicht zufireden und versuchen ganz neue Wege. Man nehme nur NIN, RADIOHEAD, PENNYWISE oder FIRE IN THE ATTIC als heimisches Beispiel. Wie bewertet ihr das aktuelle Musikbusiness und diese Tendenzen als gestandene Band und auch als Label?

Ingo: Momentan herrscht unter den Labels einfach eine ziemliche Hilflosigkeit, was die Vermarktung von Platten angeht. Niemand weiss mehr wirklich, was funktioniert und besonders die großen Companies ziehen sich immer mehr auf eine Verschränkte-Arme-Resignations-Haltung zurück. Ich finde es daher sehr mutig, dass Bands wie NIN, PENNYWISE oder auch FITA gewillt sind, neue Wege zu gehen, um sich mögliche neue Hörer und Fans zu erschließen. Alles ist besser, als sich immer nur über die Situation an sich zu beklagen. Wieviel man wirklich mit den neuen Marketingwegen am Ende erreicht, lässt sich wohl schwer bemessen. Wichtig ist aber die Erkenntnis, dass das Interesse an Live-Shows ungebrochen ist und Platten heutzutage – durch die Label/Band-Brille betrachtet - eher als Promotool für Shows fungieren und nicht umgekehrt. Wir sind seit jeher eine Liveband und von daher ist es für uns viel wertvoller und schöner zu sehen, dass die Leute immer noch Bock auf Shows haben.

Welcher Markt, welche Märkte sind für die DONOTS die relevantesten und wieso?

Ingo: Das sind auf jeden Fall Deutschland, Österreich, Schweiz und Japan. Der Rest der Welt ist natürlich ebenso wichtig für den Touraspekt, aber die Platten verkaufen wir zumindest eher in den genannten Territorien, was oftmals einfach daran liegt, dass wir hier bereits bestehende Vertriebsstrukturen nutzen. Wir möchten aber mit „Coma Chameleon“ und unserem zurückgewonnenen Backkatalog gerne auch neue Märtke für uns erschließen. Mal schauen, wo die Platte uns hinführen wird…

In welchem Land oder auch in welcher Stadt hattet ihr das verrückteste Tourerlebnis und wie sah es aus?
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Ingo: Das kann man eigentlich nicht wirklich sagen. Wir steuern mittlerweile auf 1000 gespielte Shows zu und schönerweise gibt es unfassbar viele amüsante Erinnerungen an quasi alle Shows. Vom nackten, besoffenen Klettern auf Hoteldächern bis hin zu selbstverschuldeten Stromausfällen bei Open Airs ist da echt alles dabei… Vielleicht sollten wir irgendwann mal ein Buch darüber schreiben…

Wie geht es für die DONOTS weiter? Gibt es irgendwelche "Hintertürchen" neben der Band?

Ingo: Derzeit denken wir ausschließlich an die Band und unserer Label. Wir planen nie sehr weit in die Zukunft und wenn es nach uns und der derzeitigen Laune der Band geht, dann hängen wir gerne nochmal mindestens 15 Jahre dran. Soviel steht mal fest: Wir werden uns schon bald nach den Touren zu „Coma Chameleon“ wieder an’s Songwriting für das nächste Album setzen. Und in irgendeiner Weise werden wir immer der Musik treu bleiben, denke ich…

Ok, besten Dank für Eure Zeit. Das letzte Wort gehört Euch!

Ingo: Dankeschön für das Interview und merci für’s Lesen bis hierhin! Wir würden uns freuen, wenn Ihr Euch alle mal „Coma Chameleon“ anhört, kauft oder meinetwegen downloaded und vor allem wäre es schön, Euch alle auf den anstehenden Shows zu sehen! Unter www.donots.com
, www.myspace.com/donots und www.solitarymanrecords.com gibt es alles wissenswerte nachzulesen! Dankeschön für Euer Interesse! Liebe Grüße und bis bald!

INGO DONOT