Interview mit Ed Beckenridge (THRICE)

28.05.2016
 

 

Hallo Ed, vielen Dank für deine Zeit und Willkommen zurück! Wie waren die Reaktionen, nach der Ankündigung, dass die Band wieder zusammen ist. Habt ihr das Feedback so erwartet?

 

Ehrlich gesagt, wussten wir noch gar nicht so wirklich, was zu erwarten war. Wir haben uns ja nie wirklich aufgelöst, für uns was es einfach diese so angekündigte Pause und kein wirkliches Ende.

Als Musiker liest du an sich ja eher die negativen Kommentare und Meinungen intensiver als die positiven. Ich hatte aber bei uns das Gefühl, als würde sich die negativen Äußerungen wirklich auf eine sehr geringe Zahl beschränken. Die meisten negativen Äußerungen waren eher in Richtung anderer Bands gerichtet, die zu dem selben Zeitpunkt wie wir ihr Comeback ankündigten, wie AT THE DRIVE-IN zum Beispiel. Bei uns war das Feedback größenteils frei von irgendwelchen schrägen Unterstellungen, was ich als sehr angenehm empfunden habe.

Bei uns hing einfach unheimlich viel davon ab, was Dustin (Kensrue, voc.) in der Zeit des Hiatus machen würde. Für uns wäre es nie in Frage gekommen mit anderen Bandmitgliedern als uns vieren zu arbeiten. Wären andere Leute dabei gewesen, wäre es nicht wirklich THRICE gewesen. Wir waren wirklich nie fertig, zumindest in kreativer Hinsicht.

 

Wie hat sich das Songwriting nach so einer Pause gestaltet? Konntet ihr einfach dort weitermachen, wo ihr mit Major/Minor aufgehört hattet?

 

Nun es war auf keinen fall einfach. Jeder von uns vieren hatte in der Zwischenzeit unheimlich viel Musik geschrieben und auch aufgenommen. Das Songwriting gestaltete sich im Endeffekt so, dass wir alle mit den einzelnen Parts von jedem herumexperimentierten und Songs zusammenbastelten. Das war etwas, was wir noch nie gemacht hatten und dementsprechend hart war. Das ständige aufnehmen und hin- und herschicken der Dateien und Song-Bruchstücke war unheimlich ungewohnt. Das wird bei dem nächsten Album definitiv wieder anders laufen, wobei das auch interessant und herausfordernd war. Wir sind einfach in kreativer Hinsicht immer noch nicht fertig.

 

Habt ihr euch beim Schreiben auch von den älteren Alben der Band inspirieren lassen? Manche der Songs haben für mich ein wenig Alchemy-Index- Vize wie das bluesige Wake up was auch gut auf die Earth-EP gepasst hätte, oder Salt and Shadow, was auch prima zu Water gepasst hätte.

 

Von wirklicher Absicht kann ich hier nicht sprechen, aber ich denke das passiert immer ein Stück weit automatisch, dass Elemente aus der eigenen Band-Vergangenheit ein Stück weit die neuen Stücke formen. Beim Songwriting haben wir irgendwann gemerkt, dass die Stücke an sich merkwürdigerweise einen seltsamen, fast grunge-artigen Unterton haben. Beim Recording selber hat dann aber unser Sound dafür gesorgt, dass die Songs nicht mehr so hart nach Grunge klingen, sondern wirklich nach THRICE.

 

Wenn wir schon von Sound sprechen; TBEITBN hat einen sehr warmen, sehr natürlichen Sound finde ich; wolltet ihr mehr in Richtung straighte Rock Band gehen?

 

Da muss ich dir leider ein bisschen widersprechen. Beggars war ein Album, bei dem wir wirklich runtergebrochen auf 4 Leute mit ihren Instrumenten agiert haben. Dieses Album dagegen hat eigentlich eine Menge an Experimenten. Dieses Mal haben wir insbesondere was verschiedene Effekte bei den Gitarren angeht viel probiert. Multiple Takes gemacht, übereinander gelegt, wieder weg genommen, neu gemacht usw. Als es dann Schlussendlich irgendwann um den Mix ging, passierte doch überall viel viel mehr als wir noch während den Recordings dachten. Da noch eine Gitarrenspur, hier noch ein Piano in der Entfernung, insgesamt ist es so am Ende doch ein recht reichhaltiges Album geworden. Es hat einen sehr warmen sound, ja. Es passiert aber auch ständig ziemlich viel, gerade im Hintergrund.

 

Warum habt ihr Blood on the sand als ersten Song, als erstes Lebenszeichen ausgewählt?

 

Nunja, die erste Single an sich ist ja Black Honey. Die Wahl für Blood on the sand fiel letztendlich nicht wirklich durch uns, sondern durch das Label. Das letzte Wort haben zwar nach wie vor wir als Band, aber das Label sucht sich schon einen Song aus. Die Wahl fiel auf Blood on the sand, weil es wahrscheinlich der leichtverdaulichste Song des Albums ist. Es ist ein straighter Rocksong, der hart nach vorne geht, sich aber auch jedem schnell erschließt. Man muss ja auch immer bedenken, wer der letztendliche Rezipient des Songs ist. Mit einem komplexen Song bedienst du in erster Linie Leute die vielleicht auf selber Musik machen und sich mehr mit der Komplexität eines Songs an sich beschäftigen, während du mit einem straighten Song eher auch Leute erreichst, die sich vielleicht nicht so gerne den Kopf über krumme Taktarten zerbrechen.

 

Es finden sich aber noch mehr einfachere songs auf dem Album oder? The long defeat zum Beispiel mutet ja geradezu poppig an.

 

Ja, definitiv. Es gibt auf dem Album tatsächlich mehr poppigere Songs. Zum größten Teil geht das auf Dustins Kappe, der dieses Mal ein Album machen wollte, was weniger komplex ist. Etwas, was es einfacher macht zu hören und weniger den Kopf des Hörers anstrengt. Was wiederum etwas war, wogegen ich während des Schreibprozesses immer wieder angekämpft hatte (lacht).

Ich denke, viel von dem Einfluss fußt auch auf Dustins Solo-Erfahrungen. Er hatte während der Bandpause auch viel mit anderen Leuten Musik geschrieben, die einfach mehr auf die Vocals fixiert war. Wir waren schon immer eine Band, die sehr viel Wert auf die Instrumente gelegt hatte. Dieses Mal lag der Fokus dann spürbar mehr auf den Vocals. Ich meine, jedes Album an sich ist immer eine Reaktion auf das, was vorher war. Dementsprechend wird vielleicht unser nächstes Album wieder mehr auf Instrumentale Arbeit fixiert sein, wer weiß?

 

Wie sieht es mit den Zukunftsplänen der Band aus, was steht als nächstes an?

 

Nun, zunächst einmal werden wir mit dem neuen Album viel auf Tour gehen. Ich denke dieses Jahr und ein Teil vom nächsten sind dahingehend schon komplett verplant. Danach werden wir uns vermutlich wieder daran setzen, ein neues Album zu schreiben. Das schöne dieses Mal ist, dass wir alle wieder in der selben Stadt wohnen und wieder spontaner sein können. Das bisschen an Vibe und Atmosphäre was hier vielleicht im Entstehungsprozess gefehlt hat, wird beim nächsten Mal vielleicht wieder mehr vorhanden sein. Man weiß nie, wie das Endresultat dann letztendlich klingen wird. Wir waren schon immer eine Band der Veränderung. Das war schon immer eine Grundlage im Schaffen der Band, dass wir gesagt haben Hey, das haben wir jetzt also gemacht, lasst uns etwas neues, anderes machen! Mitte der 2000er Jahre haben auf einmal alle Bands diesen melo-hardcore gemacht, so dass wir uns gedacht haben scheiß drauf, wir bauen jetzt Pianos und Elektro-Elemente ein.. Für mich ist das auch der interessanteste Teil des kreativen Prozesses: sich selbst herausfordern und weiterentwickeln. Auch wenn es in dem Kontext vielleicht nicht das Richtige Wort ist, war das doch für uns auch ein Stück weit Punk sich immer weiter zu entwickeln und etwas neues zu kreieren.

 

Was vor allem für die Fans in Deutschland noch interessant ist: Wie sieht es mit einer ausgedehnten Europa-Tour aus?

 

Dieses Jahr ist auf jeden Fall mal nichts geplant, abgesehen von einzelnen Festivals im Sommer. Ich persönlich würde liebend gerne nach Europa kommen, aber ich kann leider nichts versprechen. Am Ende ist es nun einmal leider auch einfach eine business-Entscheidung. Vielleicht sind die Festivals im Sommer dafür ein guter Indikator. Wenn sich genug Leute dafür interessieren, steigen natürlich die Chancen dass wir das Ganze im nächsten Jahr auf sinnvolle Art und Weise in Angriff nehmen können.

 

Alles klar, hoffen wir das Beste! Vielen lieben Dank für das Gespräch!