Interview mit Helloween

28.01.2013
 

 

Was ist für dich die größte Neuerung auf eurem kommenden Album?

Die größte Neuerung ist, dass jeder für sich dieses Mal Songs geschrieben hat. Wir hatten also 4 Schreiber. Das merkt man deutlich. Ein Klischeespruch, den du bringen könntest wäre „Es klingt viel erwachsener“. An dieser Stelle haben wir uns am meisten gegenüber den letzten Veröffentlichungen entwickelt, würde ich sagen. Uns ist eine gute Kombination aus den letzten beiden Alben „Gambling“ und „Sinners“ gelungen, eine gute Weiterentwicklung davon.

Ich hatte in der Vorbereitung gelesen, dass ihr wesentlich mehr Songs aufgenommen habt, als schlussendlich auf dem Album gelandet sind. Nach welchen Kriterien habt ihr die Lieder ausgewählt, die am Ende auch auf der Scheibe gelandet sind?

Eigentlich haben wir einfach geschaut, was gut zusammenpasst. Wir hatten noch viele gute Songs, die man hätte auf das Album packen könnte. Die hätten dann aber nicht so gut auf die Platte gepasst. Wir waren es auch leid, dass momentan alles so negativ ist. Es sollte ein HELLOWEEN-Album werden, es sollte ein bisschen positiver werden. Alles in allem wollen wir aber einfach, dass es nach vorne geht. Es soll Metal sein und Spaß machen. Somit haben wir die Lieder genommen, die uns in diesem Kontext gut gefallen haben.

Dann hacke ich mal genau dort ein – Metal. Ihr habt mit „Hold Me In Your Arms“ eine Nummer auf der Scheibe, die das genau nicht ist.

Naja, wir haben schon immer Balladen gemacht, das ist jetzt nichts HELLOWEEN-neues. Es gab schon immer Balladen und eine Ballade lockert auch immer ein bisschen auf. Wir haben 13 Titel drauf und das der siebte Titel, der lockert eben schön auf. Die SCORPIONS haben auch schon immer Balladen gemacht. Wir sind Musiker, es geht uns nicht darum den Lifestyle zu leben und mit Nietenarmband ins Bett zu gehen, sondern wir machen einfach Musik. Da ist auch mal eine Ballade drin. Für unsere Fans ist das glaube ich nicht untypisch.
Fakt ist ja auch, dass wir den Song gar nicht als Single genommen haben. Wenn uns jemand unterstellen würde, dass wir so ein Lied aufnehmen um kommerziell zu sein, dann haben wir die falsche Single gewählt.

Okay, da stimme ich dir zu. Dafür habt ihr „Nabatea“ ausgekoppelt. Die meisten Bands würden solch einen Track nicht als Single wählen und an die erste Position ihres Albums packen. Ihr fallt praktisch gleich mit der Tür ins Haus und präsentiert gleich zu Beginn euer epischstes Lied.

Dafür stehen wir ja auch ein bisschen, dafür stand die Band auch schon, bevor ich dabei war. Wir machen immer irgendwas, womit keiner rechnet. Würden wir alles so machen, wie es jeder möchte und jeder erwartet, dann wären wir nicht HELLOWEEN. Dafür steht natürlich auch die Single. „Nabatea“ ist ein geiler Titel, der dermaßen nach vorne geht.
Das letzte Mal haben wir „Are You Metal?“ gemacht, was auch kein sonderlich kommerzieller Titel war. Es gefällt uns eben einfach ein bisschen anders zu sein.
Das ist auch etwas, das heutzutage etwas verkannt wird. Was ist denn Heavy Metal? Für mich – für jeden ist das ja auch ein bisschen was anderes, mittlerweile gibt es ja viele verschiedene Wahrheiten – Heavy Metal Revolution. Sag mir eine Band, die momentan noch eine Revolution startet - Keiner mehr. Weil jeder nur noch auf Presse oder die Fans hört. Weil jeder Angst hat noch weniger Platten zu verkaufen. Muss man ja irgendwo auch. Es ist ein scheiß Markt geworden und für die meisten Bands ist es unmöglich von der Musik zu leben – Die Fans erwarten dann aber trotzdem geile Platten. Nichts bezahlen, aber viel erwarten. Aber das ist ja nicht nur im Metal so, sondern in der gesamten Branche.
Es kann sich nicht jeder erlauben, was wir da machen. Wenn aber jemand überhaupt weiß was „Metal“ ist, dann ist das jemand wie Weiki oder Marcus, die ganz am Anfang Vorne mit dabei waren.
Damals war das Rebellion, heute gehst du auf EMP, machst den Katalog auf, kannst dir deine Metalkluft bestellen und uniformiert nach Wacken gehen – Das ist doch kein Metal. Metal ist mir selbst was zu überlegen. Mal anders zu sein als die anderen. Mittlerweile ist alles so ein bisschen Klischee. Der Büroangestellte geht mal auf ein METALLICA-Konzert, weil es cool ist mal auf ein Metal-Konzert zu gehen. Das ist doch keine Rebellion.
Wir versuchen eben noch ein bisschen dafür zu stehen. Wir machen auf was wir Bock haben und entweder es gefällt euch oder eben nicht. Was den Leuten gefällt wissen wir doch nicht und können es auch nicht planen. Deswegen wollten wir auch nicht „Hold Me In Your Arms“ als Single wählen oder „Nabatea“ an letzte Stelle setzen, weil das vielleicht alle so machen.

Als letzten Song habt ihr „Church Breaks Down“ gesetzt. Darin enthalten der markante Satz „Where sciences strikes church breaks down“ - Ein klares Statement.

Ist ja irgendwie auch so. Die Erde war ja auch einmal eine Scheibe. Es hat sich immer wieder gezeigt, dass wenn heute etwas religiös begründet wird, ist es morgen faktisch und wissenschaftlich belegbar. Klar, jeder soll seinen Glauben leben wie er möchte, aber eines ist klar, die Kirche ist eine Institution und hat mit Glauben nichts zu tun.
Die Kirche hat sich immer bemüht die Wissenschaft aufzuhalten, aber die Wissenschaft hat im Laufe der Zeit immer gewonnen. Das ist schlecht für die Kirche als Institution und darum geht es in diesem Song.

Noch ein herausstechendes Lied meiner Meinung nach ist „Asshole“. Hatte ihr da eine bestimmte Person im Hinterkopf als ihr den Song geschrieben habt?

(lacht) Nein. Wir meinen damit eigentlich jeden. Du, ich, jeder. Bei dem Song geht es eigentlich um ein bestimmtes Feeling. Du steigst morgens in deine Karre, bist schon da schlecht drauf, weil du weißt, dass du es in den nächsten acht Stunden mit einem Vollpenner zu tun haben wirst und ziehst dir dann einfach „Asshole“ rein.
Das geile ist aber, dass der Text eigentlich fies ist, man aber trotzdem grinsen muss. Es ist ein Feel-Good-Song.

Allgemein ist es so, dass die Texte recht düster sind und die Musik im Gegensatz dazu recht fröhlich. War dieser Kontrast beabsichtigt?

Das ist irgendwie typisch für uns. Wir leben in Kontrasten. Es gibt Dinge mit denen wir uns beschäftigen, am Ende ist die Botschaft aber meist: „Nicht alles so ernst nehmen“. Du kannst dich hinstellen und predigen, aber wenn du die Chance hast, gehört zu werden, hast du immer eine gewisse Verantwortung. Viele Bands schreiben dann über einen Schund. Ist das jetzt das was sie ihren Kindern mitgeben wollen? Dann wundert mich echt nichts mehr. Wir sehen unsere Verantwortungen, haben aber gleichzeitig auch viel Spaß und eben einen sehr zynischen Humor. Darin gehen wir auf.

Dann ist mir noch aufgefallen, dass das Album ganz genau eine Stunde dauert. Ist das beabsichtigt?

Was ein Zufall. Das hör ich jetzt zum ersten Mal, haben wir gar nicht drauf geachtet. Abgefahren – Ein Zeichen!

Ihr werdet jetzt bald auf Tour gehen, zusammen mit Gamma Ray als Doppel-Headliner. Freut ihr euch schon drauf wieder auf Kai Hansen zu treffen?

Auf jeden Fall! Das letzte Mal war das schon eine super Tour. Wir haben viel Feedback von Leuten bekommen, die das verpasst haben und die gerne die Chance hätten das nochmal zu sehen. Von daher ist das jetzt eine gute Gelegenheit. Damals hieß es „Hellish Rock Part.1“, wussten aber nicht wie das dann weitergeht und was uns erwartet. Am Ende war es eine absolut geniale Tour mit einem geilen Package. Wir sind natürlich auf einer Wellenlänge mit den Jungs.
Die meisten Fans wollen auch einfach wieder dieses Gitarrenduo sehen – Hansen und Weikath – das ist für die Leute schon ein Anreiz zu kommen.

Was sagst dann du dazu, wenn du zurückstecken musst?

Mir ist das eigentlich ziemlich egal. Das letzte Mal haben wir dann zu dritt gespielt. Mir ist dann schon klar, dass nicht alle auf mich schauen, aber ich hab da nicht so ein großes Ego, dass ich das nicht aushalte. Ich freu mich, wenn alle Spaß haben und alle glücklich sind. Die Fans sind glücklich, dass sie das sehen können und ich bin glücklich wenn wir gute Konzerte spielen!

Dann bedanke ich mich für das Interview! Hast du noch irgendwelche letzten Worte an unsere Leser?

Kauft alle unsere Platten. Das macht uns reicher, euch aber glücklicher! Nein, kleiner Scherz!