Interview mit Just Went Black

15.09.2008
 

 


Wer in der Hardcore-Szene aktiv ist, der kommt an den fünf Hamburgern einfach nicht vorbei. Mit Stiletiketten und Labels will ich euch erst gar nicht langweilen. Fakt ist, dass die Musik Themen behandelt, die einfach jeden berühren: Liebe, Leid, Schmerz, Wut, Verzweiflung und das leidige Älterwerden. Meine Empfehlung: hört die Musik, lest die Lyrics und lasst euch mitreißen. Dann gibt es kein Entkommen mehr! Ein tiefer Wunsch steigt in euren Herzen auf und Ihr müsst sie einfach live erleben!! Glaub mir: bald wirst auch du in der ersten Reihe stehen und jede Silbe mitschreien!

Das folgende Interview entstand, als sich Jens (einer der beiden Gitarristen) nach dem Gig der Band im Café Nova bereit erklärte, mir per Skype Rede und Antwort zu stehen. Das Gespräch ging bis nach Mitternacht. Ich habe dafür extra mein Geschirr stehen lassen und wir beide mussten am nächsten Tag früh raus. Also würdigt es gefälligst!!

ALLSCHOOLS :
Wofür steht euer Name??

JENS (JUST WENT BLACK) :
Also, das ist ganz klassisch. JUST WENT BLACK ist ein Song von CRYPTIC SLAUGHTER. Sonst ist da wohl nichts dahinter gewesen - genau können das wohl aber nur Ole und Paul sagen, die ursprünglichen Gitarristen, die sich den Namen soweit ich weiß ausgedacht haben.

ALLSCHOOLS :
Da sprichst du auf was an, worauf ich eh eingehen wollte: die häufigen Mitgliederwechsel. Insgesamt gibt es die Band 7 Jahre. Was ist von den Ursprüngen übrig??

JENS (JUST WENT BLACK) :
Übrig sind mittlerweile nur noch Sven (Sänger) und Arne (Bass). Wobei das eine komplizierte Sache ist - eigentlich ist Arne gar nicht der ursprüngliche Bassist gewesen. Auch wenn er alle Shows gespielt hat, war er eigentlich nur Ersatzmann für Stefan (vielleicht einigen bekannt durch Broken Bones Booking), der erstmal noch Bass spielen lernen musste. Das hat er aber bis heute nicht getan, also ist Arne dabei geblieben. Wir machen immer noch Witze darüber, dass Arne ja eigentlich bis heute nicht offiziell dazugehört. Die Band hatte sich nach dem Demo kurzzeitig aufgelöst, da es bei ein paar Leuten wohl (aus Sicht der restlichen Mitglieder) an Motivation gemangelt hat. Als dann doch weiterging, war zunächst ein anderer Drummer dabei - Thomas von Loxiran/Chispa. Kurz nach der "Reunion" ist Paul ausgestiegen, dafür kam ich dann. Ich hatte sogar noch ein paar Mal mit Thomas geprobt, bevor der dann auch wieder in den Sack gehauen hat. Daraufhin habe ich Noah an Bord geholt, mit dem ich vorher schon in einer Band gespielt habe. In dem Lineup haben wir dann alle Releases eingespielt (außer dem Demo natürlich), insofern war das schon sehr konstant eigentlich. Mittlerweile ist Ole aber auch ausgestiegen, aus Zeitmangel. Dafür kam Padde - der aber auch vorher schon ab und an mal ausgeholfen hat, wenn Ole keine Zeit hatte.

ALLSCHOOLS :
Wie steht es mit der inhaltlichen Konsistenz?? Eure Lieder handeln von Enttäuschung, Resignation, Wut und Dunkelheit. Das bringt ihr auch musikalisch ziemlich gut rüber. Als Menschen wirkt ihr aber ganz locker und schon so, als würde bei euch öfter auch die Sonne scheinen. Ist die Musik für euch das Ventil oder Botschaft?

JENS (JUST WENT BLACK) :
Natürlich hat die Musik eine Ventilfunktion. Das ist ja einer der Grundpfeiler von Punk Rock oder HC würde ich sagen. Ich würde das auch als etwas Positives bezeichnen - negative Musik gibt mir z.B. irgendwie viel mehr als positive. Wir haben ja jetzt keine direkten Botschaften in den Texten, so wie "go vegan!" oder sowas. Sven hat die meisten Texte geschrieben und er hasst es immer total, wenn er die erklären soll. Es geht natürlich, kurz gesagt, um die Verarbeitung von dem, was einem halt so im Leben passiert. Manche Texte mögen eher kryptisch anmuten. Ich als "Insider" finde manche aber auch sehr direkt. Geil finde ich dann, wenn Leute komplett andere Sachen reininterpretieren. Wir haben z.B. auf der letzten Platte einen ziemlich platten Love-Song, "Twice as Sure". Da hat uns ernsthaft mal jemand geschrieben und gefragt, ob es ein Song über Straight Edge wäre. Das finde ich echt geil, wenn solche "Fehlinterpretationen" möglich ist - der gute Mann liebt halt Edge, und er hat wohl verstanden, dass es ums Liebhaben geht.

ALLSCHOOLS :
Eure Musik ist in jedem Fall sehr leidenschaftlich und erzählt sowohl textlich als auch musikalisch von den großen Gefühlen, die jeden Menschen bewegen.

JENS (JUST WENT BLACK) :
Ganz genau darum geht's eigentlich auch, um die Dinge, die jeder in sich trägt. Man kann ja den ganzen Tag gut lustig drauf sein, aber viele Menschen haben auch Schattenseiten, die so gar nicht auffallen: Dinge, die sie erlebt haben, gemacht haben, die ihnen angetan wurden....ich würde fast sagen, es gibt so gut wie niemanden, der nicht so einen dunklen Fleck auf der Weste hat irgendwo. Ich fand immer schon gerade die Bands am besten, die diese Seite des Menschen bedienen - sei's Joy Division oder Black Flag oder meinetwegen American Nightmare.

ALLSCHOOLS :
Ihr seid jetzt schon so lange dabei und spielt Show um Show. Dabei begeistert ihr die feiernde Menge mit eurer nie enden wollenden Energie. Werdet ihr denn niemals müde??

JENS (JUST WENT BLACK) :
Ich weiß nicht, nie enden wollende Energie? Wir sehen das sicher nicht so. Es gibt gute Shows, klar - wo dann echt alles stimmt. Aber wir spielen auch oft Shows, wo wir echt mal gar nicht so viel "Energie" haben. Es ist cool, wenn Leute das so empfinden - natürlich ist es das oberste Ziel, diesen Zustand zu erreichen, einfach Gas geben und alles rauslassen. Oft dudeln wir aber nur lahm rum. Das hängt z.B. damit zusammen, dass wir so gut wie nie proben und auch nur realtiv selten live spielen. Wir sind halt keine Ami-Band, die 350 Shows im Jahr spielt. Aber auch vom Publikum hängt das natürlich ab. Das ist immer innerhalb von wenigen Sekunden klar, ob ein Konzert funktioniert oder nicht. Das ist wie ein Schalter, der umgelegt wird. Oft bleibt er halt ausgeschaltet, da ist man dann natürlich als Musiker etwas unbefriedigt, aber das gehört halt auch dazu, wir sind ja nicht Iron Maiden oder so, so eine Band wo jede Show großartig ist. Die meiste Energie, die uns zugeschrieben wird, geht wohl von Sven aus - er kann sich eben gut in der Musik versinken lassen. Das ist schon so eine Gabe, ich könnte das nicht. Da ist auch nix gespielt, manchmal verliert er völlig die Kontrolle, z.B. haut er uns ab und an echt hart eine rein aus versehen, aber das gehört halt dazu, haha. Früher gabs da auch öfter mal internen Streit, wenn Sven mal wieder einen Amp oder Konzertbesucher umgerannt hat. Mittlerweile hat er das schon sehr viel besser unter Kontrolle, ha ha.



ALLSCHOOLS :
Yeah. Und die Fans in den ersten Reihen feiern und schreien sich gemeinsam mit Sven die Seele aus dem Leib. So muss das sein!
Wo du schon die internationale Ebene ansprichst: habt ihr da Pläne? Ich hab zumindest neulich n Comment von nem Ami auf eurer Myspace-Seite gesehen.

JENS (JUST WENT BLACK) :
Wir haben ein amerikanisches Label (New Age Records), auf dem wir dank einer Zufallsbekanntschaft mit dem "Macher" unsere LP veröffentlicht haben. Aber es bringt auch ne Menge Schwierigkeiten mit sich, auf große Entfernungen "Geschäft" zu machen, daher sind wir extrem froh, unser "Hauslabel" Assault Records gleich um die Ecke in Bremen zu haben. Dabei wird’s auch in Zukunft bleiben - uns ist extrem wichtig, dass die Leute, mit denen wir zusammen arbeiten, unsere Freunde sind. Internationale Durchbruch-Ambitionen haben wir ganz sicher nicht. Klar hoffen wir, auch in Zukunft Länder bereisen zu können, in denen wir bisher noch nicht waren. Das rumkommen ist ja sowieso das Beste an D.I.Y.-HC, es ist ein gigantisches Reisebüro. Aber wirkliche Pläne haben wir eigentlich nicht, wir nehmen's so, wie's kommt

ALLSCHOOLS :
"Embracing Emtiness" in 2007 war euer letztes musikalisches Lebenszeichen. Wann gibt es was Neues zu hören??

JENS (JUST WENT BLACK) :
Wir werkeln aktuell fleißig an neuen Songs. Da wir alle so alte Stinker sind und Jobs haben und auch nicht alle in Hamburg wohnen (unser Drummer Noah wohnt im fernen Münster), geht Songwriting bei uns leider nur im Schneckentempo. Wir werden aber diese neuen Songs Anfang November aufnehmen und es wird dann im Winter oder Frühjahr eine neue Platte geben. Was für ein Format es wird, ist noch etwas unklar - vielleicht eine 7", vielleicht eine 12"-EP. Eine ganze LP schaffen wir leider nicht. Wir haben mit Padde ja gerade ein neues Bandmitglied und wollen daher auch erstmal den Ball flach halten und sehen, wohin die musikalische Reise nun geht. Aber andererseits braucht auch kein Mensch LP's von HC-Bands: Wir werden live niemals länger als maximal 30 Minuten spielen, da langen dann auch ein paar Songs weniger, haha. Als HC-Band eine wirklich gute, abwechslungsreiche und musikalisch interessante LP zu machen, ist etwas, das nicht viele Bands gebacken kriegen.

ALLSCHOOLS :
Mal ne ganz andere Frage: in nem Online-Interview mit Sven steht die Aussage "Hardcore ist ein Jungensport". Nun seid ihr ja ne reine Jungscombo. Was haltet ihr/hältst du - Hardcore-Shows betreffend - von Frauen auf und vor der Bühne.

JENS (JUST WENT BLACK) :
Das hat er natürlich ironisch gemeint und mit einiger Berechtigung so gesagt, denn ja, HC ist leider ein Jungensport. Es ist schon bezeichnend, dass Punk als eine "Gegenkultur" es nicht geschafft hat, dieses Problem zumindest intern auszuschalten. Mittlerweile ist HC sowieso fast völlig Anspruchsfrei und von einer Gegenkultur würde ich hier nicht mehr sprechen. Das es so wenige Frauen in Bands gibt, oder dass immer noch zu Großteilen nur Jungs auf Konzerten abgehen, liegt natürlich an den Geschlechterrollen, die wir von Geburt an eingetrichtert bekommen. Mädels spielen Klavier oder Geige, Jungs Gitarre oder Schlagzeug. Mädels spielen mit Puppen Mama, Jungs mit dem Plastikgewehr und so weiter. Im Allgemeinen sind Frauen vor der Bühne wohl auch immer noch ungern gesehen denke ich, wobei ich dazu sagen muss, dass ich finde, dass die Anzahl der Frauen, die sich für extreme Musik interessieren (Metalcore, HC, Punk...) in den letzten Jahren ziemlich zugenommen hat. Kann aber auch nur eine subjektive Einschätzung von mir sein. Leider hat sich dieser Trend, wenn wir ihn mal so benennen wollen, auf der Bühne definitiv nicht fortgesetzt. Es ist zum Kotzen, aber leider weiß ich auch kein Patentrezept.

ALLSCHOOLS :
Danke für deine klaren Worte! Eine letzte Frage noch: Just Went Black ist im verflixten 7. Jahr! Habt ihr Angst vor schwarzen Katzen??

JENS (JUST WENT BLACK) :
Also, ich bin eigentlich eher so der Hundefreund, Katzen sind eher nicht so meins, mit denen stehe ich allgemein auf Kriegsfuß. Ich glaube aber, es ist schon das 8. Jahr JWB, also toi toi toi. Wie gesagt, wir arbeiten an neuem Kram, bisher sind wir ganz zufrieden damit, hoffen wir mal, das Wohlgefallen wird sich im Studio fortsetzen. Mit dem Neuzugang Padde an der Gitarre wird sich für uns schon einiges ändern, das darf man echt nicht unterschätzen, es kann schon sein, dass wir eine ziemliche musikalische Wendung machen werden - das haben wir aber bisher vor jeder Platte gedacht und nachher hats dann doch wieder ins JWB-Programm gepasst. Ob das Ergebnis zufriedenstellend wird - hoffen wir’s mal. Wir sind da immer selbst unsere größten Kritiker.