Interview mit Macbeth

03.09.2012
 

 



Hallo MACBETH. Mit wem habe ich das Vergnügen?

Mit Ralf Klein. (Anmerkung: Gitarrist und Gründungsmitglied)

Zunächst eine Frage zum Lineup: Warum ist Patrick W. Engel nicht mehr am Schlagzeug, sondern Simon Mengs?

Engel hat sich komplett vom Livebetrieb verabschiedet und widmet sich nur noch der Studioarbeit. Es gab also keine Meinungsverschiedenheiten. Er hatte einfach keine Lust mehr zu touren. Mit Simon haben wir allerdings einen sehr guten Mann gefunden.

Bevor ich auf euer neues Album eingehe, eine Frage zu eurer „From Hell“ DVD: Warum habt ihr da keine Bandhistorie draufgepackt? Wenn es eine interessante Bandbio gibt, dann doch wohl eure.

Wir wollten die alten Geschichten ruhen lassen und den Schwerpunkt auf die Musik legen.

Die DVD soll augenscheinlich Untergrund-Charme versprühen. Ihr wirkt bei diesem Gig tiefenentspannt und es scheint, als sei MACBETH eine große Familie. Habt ihr nicht Angst, bei wachsendem Erfolg diese familiäre Atmosphäre zu zerstören?

Ich glaube so groß werden wir nicht werden. Wir waren immer eine Untergrundband und da fühlen wir uns zu Hause. Der eine oder andere große Gig war nicht schlecht, aber in einem richtigen verräucherten Metal-Laden fühlen wir uns am wohlsten.

Im Mittelteil zollt ihr 2 ehemaligen Bandmitgliedern Tribut, die ihr Leben selbst beendeten. Was genau ist da in euch vorgegangen? Immerhin stehen mit Dir und Hanjo noch Gründungsmitglieder auf der Bühne, die das alles hautnah miterlebt haben? Ich als Zuschauer, der vor dem Fernseher mit Distanz das Geschehen betrachtet, ist meterdick die Hühnchenpelle angeschwollen...

Das kann man schwer beschreiben. Am Ende ist man froh, dass man es über die Bühne gebracht hat. Man versucht sich einzig auf die Musik zu konzentrieren. Aber am Ende läuft trotzdem der Film im Kopf ab und wenn die Leute dann noch den Refrain mitsingen, ist das schon sehr bewegend. Als ein paar Tage später noch Verwandte des alten Sängers anriefen, weil sie davon in der Zeitung erfahren haben, war das schon irgendwie sehr bedrückend. Vergessen kann man es sowieso nie, nur der Schmerz wird dumpfer.

Euer neues Album „Wiedergänger“ ist für mich eine Reinkarnation des Metals in der Form, dass es keine bessere deutschsprachige Metalband als euch gibt. Ist der Titel eigentlich programmatisch zu verstehen, so, als wärt ihr Untote, die Böses verkünden?

Erst einmal danke für Deine Einschätzung. Ich würde schon sagen, dass wir die Leute immer wieder daran erinnern, wie dünn die moralische Decke ist. In jedem Menschen steckt dieses Böse, dass sich durch bestimmte äußere Einflüsse erst entlädt. Man wird nicht als Mörder geboren, aber dazu fähig wären die meisten Menschen. Der Wiedergänger symbolisiert also das immerwährende Böse, dass nicht auszurotten ist.

Sind eigentlich auf eurem neuen Album „Wiedergänger“ ältere Songs, die ihr bereits zu Anfangstagen komponiert habt?

Nein, auf dem Album sind ausschließlich neue Songs. Auf dem limitierten Digipack befinden sich vier Songs, die vom ersten Demo 1985 stammen und von uns noch einmal neu eingespielt wurden.




Auch diesmal werden eure Texte vom Tod und dem abgrundtief Bösem beherrscht. Zieht euch das nicht langsam mal emotional in den Keller? Gibt es denn überhaupt kein Licht am Horizont? Oder dürft ihr wegen eurer Bandgeschichte nicht fröhlich in euren Lyrics sein?

Ich glaube die meisten Metalbands singen über solche Sachen. Nur auf Deutsch versteht man es natürlich besser. Wir sind keine depressiven Typen und die Musik ist nur unser Gegenpol. Fröhliche Lieder können andere Bands machen. Das ist nicht unser Fachgebiet.

Obwohl ihr im Grunde um Tod und Verderben kreist, macht es ungemein Spaß, euch zuzuhören. Ich habe mich mal wieder mit Fritz H. und Organspenden beschäftigt sowie den „Gladiator“ gesehen. Wer denkt sich bei euch diese Themen aus und beherrschen diese euren Alltag?

Ich würde uns als moderne Geschichtenerzähler bezeichnen. Hauptsächlich denke ich mir solche Themen aus oder stolpere beim Lesen darüber. Manchmal ruft auch Olli an und sagt, hast du diese oder jene Story gelesen oder davon gehört. Dann merke ich mir solche Themen und versuche einen Song daraus zu stricken.

Am Ende des Albums steht das Thema „Stalingrad“ als thematischer Überbau für 3 Songs. Ich will jetzt nicht mit ACCEPT kommen, aber irgendwie passt das nicht zum Rest des Albums. Wär nicht vielleicht eine EP diesbezüglich besser gewesen?

Auch auf den anderen Alben waren die Themen immer ein Mix aus Krieg, Serienmördern usw. Das führen wir hier konsequent weiter. Ich hatte das Glück mit einem Überlebenden der Schlacht um Stalingrad zu reden. Das hat mich sehr bewegt. Mir war von Anfang an klar, dass ein Song nicht ausreichen wird, um das Grauen zu beschreiben. Am Ende funktioniert jeder Song der Trilogie aber auch alleine. Die Idee zur Trilogie ist schon älter als die Verlautbarung, dass Accept ihr Album so betiteln. Das war Zufall und warum sollten wir deswegen auf die Songs verzichten.



Ihr habt den musikalischen Pfad von „Gotteskrieger“ ausgebaut und seid etwas thrashiger geworden. Wenn ich eure drei Alben übereinanderlege fällt auf, dass ihr härter geworden seid. Ist diese Altersaggression heilbar und verspürt ihr nicht den Drang, auch mal etwas völlig Anderes zu machen?

Da hast Du recht, dass wir härter geworden sind. Das liegt an den Möglichkeiten, die uns Engel und jetzt auch Simon am Schlagzeug eröffneten. Ende der 80er hatten wir auch einen ordentlich Thrash-Einschlag. Eigentlich haben wir uns nur auf unsere alten Stärken besonnen. Unsere Altersaggression ist nicht heilbar und bei uns kommt auch noch Altersstarrsinn dazu. Etwas anderes als Metal kommt für uns nicht in Frage. Das es auch anders geht, haben wir mit den zwei Unplugged-Versionen auf der DVD gezeigt. Das muss reichen!

Ihr seid dahingehend einzigartig, Melancholie, Melodie und aggressiven Metal zu verbinden. Ihr habt dabei euren ureigenen Stil gefunden. War das ein Reifeprozess oder gab es einen Auslöser/eine Inspiration, diese Richtung zu gehen?

Gewisse Ansätze waren schon immer vorhanden. Wenn man Songs wie Bomber oder Zeit der Zeiten nimmt, die von 1985 stammen, erkennt man schon ein gewisses Schema. Die Art Texte zu schreiben, habe ich von unserem verstorbenen Sänger übernommen. Sein Geist tobt auf diese Weise immer noch durch unsere Songs. Er war eine große Inspiration.

Vor allem prägt Olli mit seiner Reibeisenstimme MACBETH. In Foren ist aber auch zu lesen, dass seine Organ auf Ablehnung stößt. Ich glaube, entweder werdet ihr geliebt oder kompromisslos abgelehnt. Richtig gut finde ich persönlich, dass er trotz aller stimmlichen Härte und Präsenz auch einfühlsam singen kann („Das Kreuz“). Im Grunde ist er der Deckel auf dem instrumentalen Topf. Wie siehst du das?

Olli kennen wir schon seit den 80ern und holten ihn 2004 in die Band. Anfangs fand er den deutschen Kram noch ungewöhnlich und bemerkte aber bald, dass er sich so viel besser ausdrücken kann. Es ist immer gut zu wissen, was man singt. Und das ist mit der Muttersprache wesentlich einfacher. Das manche Leute sich an der Stimme reiben, liegt definitiv an der deutschen Sprache. Es ist lustig, dass viele Landsleute ihre eigene Sprache komisch finden. Da hört man dann so Sprüche wie: „Metal auf Deutsch geht gar nicht“ Geht eben doch!!! Olli hat eine fette Thrashmetal-Röhre und würde auf Englisch wie die meisten Bay Area Brüllwürfel klingen. Die Nörgler machen das definitiv am Deutsch fest oder kommen mit dämlichen Vergleichen zu anderen deutschsprachigen Bands. Olli passt wie der Arsch auf den Eimer! Eine andere Stimme könnte ich mir bei uns nicht vorstellen.




Meiner Meinung nach verleiht ihr mit eurer Musik/eurem Auftreten dem Metal Konturen. Wenn ich Metal beschreiben soll, dann verbinde ich diese Musikrichtung auch immer mit einer Lebenseinstellung. Wofür genau steht für dich dieser Begriff?

Metal war für mich immer Rebellion gegen das Althergebrachte und diesen Einheitsbrei. Selbst nachdenken und alles zu hinterfragen war schon immer Teil meiner Lebenseinstellung. Die Gesellschaft mutiert immer mehr zu einer konsumgeilen, verblödeten, grauen Masse. Da möchte ich nicht dazugehören!

Seid ihr eigentlich mit eurem Label Massacre Records zufrieden? Ich habe das Gefühl, dass Massacre in den letzten Jahren sein Augenmerk auf groovige Thrash Metal Acts legte, die mit Modern Metal in Verbindung gebracht werden können. Passt ihr da überhaupt noch rein?

Sie hätten uns nicht genommen, wenn sie nicht von uns überzeugt wären. Ob wir zufrieden sind, wird sich nach dem Release zeigen.

Wenn ihr ein Tourpaket schnüren könntet, welche 4 anderen Bands spielen dann VOR euch?

Vier Bands sind scheiße, weil das Publikum schon satt ist, wenn wir endlich spielen! ;-)

Welche aktuelle Alben sollten auf jeden Fall angehörtwerden?

Da fällt mir momentan nichts ein, da ich das letzte halbe Jahr überhaupt keine Zeit hatte! Ansonsten natürlich Wiedergänger von Macbeth! ;-)

Was soll auf dem MACBETH-Grabstein stehen?

Ich weiß vom leeren Spiel der Tränen und dumpfe Hoffnung macht nur schwach. Ich hasse alle die nur gähnen, ich will hinaus aus dieser Nacht. (D. Wittenburg 1985)

Vielen Dank an dich und alles Gute für MACBETH!!!

Ich danke Dir auch für Dein Interesse!