Interview mit Mörser

29.01.2015
 

 

Hallo, hier ist Mulder vom allschools. Erstmal vielen Dank, dass Du dir die Zeit für dieses Interview genommen hast.

Gerne doch.

Stell Dich doch bitte einmal kurz vor und was ist Dein Part bei MÖRSER?

Moin moin, ich bin Sven. Ich bin seit fast 20 Jahren bei MÖRSER. Mein Part ist die Gitarrenarbeit und manchmal mach ich auch Interviews. Vorher habe ich mit unserem Bassisten zusammen den Doppelbass gespielt. Mit dem letzten Album „First Class Suicide“ habe ich dann auf Gitarre umgesattelt. Macht ja eigentlich auch keinen Unterschied.

Bitte gib unseren Leser einmal einen kurzen Einblick in die Geschichte von MÖRSER!

Nun, uns gibt es im November diesen Jahres mittlerweile 20 Jahre. Wir haben uns seinerzeit aus unterschiedlichen Bands wie CAROL oder SYSTRAL gegründet und hatten eigentlich keinen Stil, den wir spielen wollten. Das unser Sound so wurde, wie er eigentlich heute auch noch ist, lag sicherlich an der damaligen Besetzung mit vier Sängern und zwei Bässen. Da wird der Weg sozusagen vorbestimmt. Klar wollten wir auch unkonventionelle, harte Musik machen und die Bremer-Sound-Tradition aufrechterhalten. Wir sind in den Proberaum gegangen, indem wir heutzutage immer noch proben, haben angefangen zu mucken und es hat funktioniert. 1997 kam dann unser erstes Album „Two hours to doom“ raus und das hat dann doch in der „Szene“ ziemlich eingeschlagen. Der Sound war zum damaligen Zeitpunkt ungewöhnlich druckvoll und die Songs sehr kurzweilig. Gepaart mit deutschen Texten, die fast alle in einer versoffenen Nacht entstanden sind, war das was Neues. Wir sind da irgendwie in eine musikalische Lücke gestoßen.

Mit „V“ veröffentlicht Ihr nun nach gut fünf Jahren Pause Euer neues Album. Bitte erzähle mir etwas zur Entstehung! Und was ist in der Zwischenzeit alles passiert?

Es ist ja nicht unbekannt, dass wir uns mit der Veröffentlichung neuer Alben immer recht viel Zeit lassen. In knapp 20 Jahren haben wir es zu 5 Longplayern gebracht und offenbar brauchen wir immer um die 4 Jahre, um ein komplettes Album zu schreiben. Das liegt aber letztlich daran, dass wir uns da auch überhaupt nicht unter Druck setzen und recht viel an den Songstrukturen herumfummeln. Wir signen gerne erst dann, wenn die Aufnahmen nahezu im Kasten sind. Da steht man dann einfach nicht unter dem Druck, jetzt unbedingt was veröffentlichen zu müssen. Das dürfte auch zu Lasten der Qualität der einzelnen Tracks gehen. Uns ist schon sehr wichtig, nur Songs zu veröffentlichen, mit denen jedenfalls 6 von 8 Leuten einverstanden sind. Scheiss Demokratie, haha. Die Aufnahmen zu „V“ haben allerdings tatsächlich sehr viel Zeit in Anspruch genommen. Ein Oktett aufzunehmen ist rein technisch schon eine Herausforderung. Wir haben uns diesmal schon besonders viel Zeit gelassen, sind aber mit dem Ergebnis auch total zufrieden. Die Entstehung eines solchen Albums beginnt dabei naturgemäß im Proberaum und/oder am Rechner zuhause.

Als ich hörte, dass Ihr ein neues Album veröffentlicht, war ich gespannt, wie MÖRSER anno 2015 klingen werden. Deshalb war ich positiv darüber überrascht, dass Ihr euch völlig unbeeindruckt von den aktuellen Extrem Trends in der Metal / HC Szene zeigt. „V“ klingt typisch nach MÖRSER und überzeugt mit seinem ganz eigenen Stil.

Danke. Das liegt aber sicherlich auch daran, dass wir überhaupt keine Ahnung haben, was gerade so angesagt ist.

Was war Euch bei „V“ wichtig? Welchen musikalischen Einfluss unterlag das Songwriting? Und wie sieht die Herangehensweise an einen MÖRSER Song aus?

Wir hatten mit der „First Class Suicide“, dem letzten Album, ein ganz schönes Brett hingelegt. Die Scheibe ist stressig zu hören, gleichwohl sie gut produziert war und wir die Songs nach wie vor total gut finden. Aber selbst wir sind fertig mit der Welt, wenn wir das Album durchhören. Ziel war es, eine Scheibe zu machen, die den gleichen Härtegrad hat, jedoch abwechslungsreicher sein müsste. Ich denke, das ist uns ganz gut gelungen. Wir haben ehrlich gesagt keine bewusst musikalischen Einflüsse. Manche von uns hören nicht mal „richtig“ Metal. Wir gehen entweder in den Proberaum und schauen was passiert oder haben vorher das Grundgerüst eines Songs, der dann meist zuhause am Rechner eingespielt worden ist und dann im Proberaum umgesetzt wird. Da gibt es eigentlich keinen Plan, denn das Gute daran ist ja eben, dass jeder seinen Teil beiträgt und wir dann den Gesamtsound erhalten. Irgendwie klingt das dann immer nach MÖRSER. Wir haben auch schon mal zwei Jahre an einem Song gesessen. Den haben wir dann nicht mal aufgenommen. Also jetzt wo ich drüber nachdenke………

Im Jahre 97 habt ihrnmit Eurem Debüt „Two Hours To Doom“ mal eben alles weg geblasen und in den Schatten gestellt. Sowieso stand der Norden damals mit Bands wie ACME, CAROL, SYSTRAL oder Euch für das Extremste, was der deutsche Metal Core zu bieten hatte. Wie sieht es heute mit dem gefürchteten „Bremen-Stil“ aus? Gibt es da noch eine aktive Szene? Und was ist aus den legendären KUSCHELROCK Studios geworden?

Ja mensch….nochmal Danke. Naja, alles weggeblasen…… das war schon eine außergewöhnliche Scheibe, die zum richtigen Zeitpunkt veröffentlicht wurde. Das hat damals einfach alles gepasst irgendwie. Es ging ja praktisch mit ACME und SYSTRAL los. ACME hatten einen neuen Sound gefunden und es geschafft Metal und Core zu einem neuen musikalischen Stil zu verbinden. Ich persönlich war da schon beeindruckt, als ich deren Single das erste Mal mit 18 gehört habe. SYSTRAL haben später dann eher so ein „Death and Roll“ Ding gemacht, das fand ich aber auch gut. Das ging rein besetzungstechnisch seinerzeit auch wild durcheinander: Der Basser von ACME war der Schlagzeuger von SYSTRAL, die Sänger von SYSTRAL waren dann bei Mörser, der Schlagzeuger von CAROL ist bei MÖRSER. Also wenn ich das mal so betrachte, dann war das eine Gruppe von vielleicht 10 Leuten, die den „Bremen-Stil“ geprägt haben. Aber schon recht talentiert wie ich finde. Dirk, der KUSCHELROCK seinerzeit gemacht hat, macht Mucke mit seiner Band „Thank you good night“. Aus dem professionellen Aufnehmen hat er sich zurückgezogen; ist ja auch anstrengend der tägliche 12 Stunden Lärm. Wir finden das alle recht schade, das war schon immer geil da im Studio. @Hexer: Fang mal wieder an man.


Aktuell durchzieht die Hardcore und Metalszene ein ziemlich starker Trend, welcher von diversen Death Grind und Powerviolence Kombos angeführt wird. Bands wie NAILS, ALL PIGS MUST DIE, BAPTISTS oder SUFFER lassen die Grenzen verschwimmen und vereinen verschiedenste Hörer-Gruppen in ihrem Sound. Wie empfindet ihr diese Entwicklung, die ihr mit MÖRSER ja quasi schon vor Jahrzehnten :D mit angetrieben habt? Verfolgt ihr so etwas und gibt es da auch Sachen die Ihr gerne hört oder interessieren Euch nur die alteingesessenen Bands?

Jaja, vor Jahrzehnten…… aber da hast du ja irgendwie Recht. Wir spielen ja regelmäßig Shows und da bekommen wir die eine oder andere Band mit. SVFFER zum Beispiel fand ich persönlich live sehr gut. Eine klasse Shouterin und Drop-Tuning Gitarren. Wenn das der neue Sound ist, dann sind wir Fans. Bands müssen immer wieder an musikalische Grenzen stoßen, das ist der Lauf der Dinge. Die Beatles und Elvis haben nichts anderes gemacht. Wir verfolgen aber nicht aktiv die Entwicklung der Szene, das ergibt sich einfach so. Die alteingesessenen Bands interessieren uns natürlich auch, insbesondere dann, wenn man die Möglichkeit hat, mit denen zu zocken. Eine unserer letzten Shows war mit NAPALM DEATH in einem kleinen Club. Das hat schon Spaß gemacht.

Wie beurteilt ihr die aktuelle Szene? Gibt es etwas, dass Euch stört? Was war früher vielleicht besser? Auf was könnt oder wollt Ihr heutzutage gar nicht mehr verzichten?

Ich denke, wir können die aktuelle Szene nicht beurteilen, weil wir einfach zu weit weg davon sind. Auch auf den Shows die man spielt, ist man ja eher in seinem eigenen Bereich. Wir sind dann so eine ätzende Backstage Band…..aber das hat einen Grund: Da gibt es Bier! Damit uns dann was stört, muss schon einiges passieren. Und nein, früher war nix besser und nix schlechter. Ich denke, wir können auf alles verzichten…..außer auf Bier im Backstage.

Wie wird es aktuell mit MÖRSER weiter gehen? Habt ihr eventuell konkrete Tourpläne im Zuge der Veröffentlichung von „V“?

Wir werden sicherlich im Zuge der Veröffentlichung einige Shows in 2015 spielen. Eine Tour durchzuziehen ist inzwischen tatsächlich kaum realisierbar. Wir stehen mit acht Mann auf der Bühne; die Hälfte hat Kinder und Familie und die Jüngsten sind wir ja nun auch nicht mehr. Alle stehen im Job. Das Hauptmotiv von Mörser war stets der Spaß an der Sache und den wollen wir beibehalten. Der hängt aber nicht an der Zahl der Shows die wir spielen. Bei einem Angebot aus Japan würden wir allerdings ins Grübeln kommen. Mal schauen, was da noch passiert. Wir sitzen auch schon an neuen Songs und könnten uns vorstellen, mal wieder eine Split 7“ rauszuhauen. Solange Mörser zeitlich realisierbar bleibt, werden wir auch weitermachen.

Gibt es noch etwas, dass Ihr mit MÖRSER unbedingt machen wollt?

Ja, Japan touren.

Die letzten Worte gehören Euch!

Der Grund war nicht die Ursache, sondern der Auslöser. (Franz Beckenbauer)

Vielen Dank für das Interview

Gerne.