Interview mit Neaera

19.04.2009
 

 

Metal Blade veröffentlicht bald das neue Machtwerk der ehemaligen Metalcore-Jünger NEAERA, die spätestens mit ihrem letzten Album „Armamentarium“ unmissverständlich klargemacht haben, verstärkt auf klassischen Death-Metal zu setzen.

Mit "Omnicide – Creation Unleashed" erscheint am 22. Mai das sehnsüchtig erwartete neue Album der Münsteraner und eins ist sicher: Viele alte Fans werden sich spätestens von diesem Album abwenden, denn viel stärker als je zuvor offenbaren NEAERA ihre Black / Death Metal Wurzeln und dreschen einem gekonnt die Riff-Salven um die Ohren.

Uns bot sich schon jetzt ein kleiner Eindruck in das neue Album der Band und unsere Meinung soll in einem kleinen Track by Track natürlich nicht verschwiegen werden:

1. I Loathe

Direkt zu Beginn von "Omnicide – Creation Unleashed" eröffnen fiese Black Metal Gitarren und ein walzende Doublebass das knapp 50 Minuten lange Soundmassaker von NEAERA. Die Growls von Sänger Benjamin machen direkt Lust auf mehr und bestechen durch einen gnadenlosen Wechsel zwischen tiefem Gegrunze und schrillenden Kreisch-Attacken. „I Loathe“ hat nach kurzer Eingewöhnungszeit bereits ordentlich Potential die zukünftigen Pits der Band zu dominieren, denn die Nummer hat ohne Ende Groove! Ein wenig stark an Kataklysm angelehnt, aber

2. Prey To Anguish

Mit „Prey To Anguish“ geht es genauso flott weiter – erneut präsentiert sich Sänger Benjamin in glänzender Verfassung und zwischen melodischen Riffs wird immer wieder Death Metal Walze ausgepackt, die einen wahrlich erdrückt Angesichts der Produktion von Zeuss (Hatebreed, Terror & Unearth) erwartet man eigentlich eine sehr glatte Produktion, aber überraschenderweise schaffen es NEAERA zu keiner Zeit wirklich poliert zu klingen. Angenehm reudig, in Verbindung mit ein paar altbekannten Schweden-Leads geht es ins Finale!

3. The Wretched Of The Earth

Song Nr. 3 trümmert bereits wie die ersten beiden Tracks erneut mit walzender Kraft voraus und erinnert zum Teil stark an alte Amon Amarth. „The Wretched Of The Earth“ ist prinzipiell eine coole Nummer, aber bietet beim ersten Hören wenig Potential zum dauerhaften Verweilen in den Hörgängen.

4. Grave New World

„Grave New World“ fängt etwas behäbig an, bevor der Song mit sehr guter Atmosphäre noch die Kurve bekommt und sich in in einen reinrassigen Black Metal Song wandelt, der vor allem durch die parallel gemischten Kreisch- / Growl-Vocals einiges an Energie entwickelt. Sehr fettes Brett!

5. Age Of Hunger

Ein markerschütternder Schrei am Anfang gibt die Devise für Song Nr. 5 vor! Mit extrem hohen Tempo gibt es direkt auf die Fresse und „Age Of Hunger“ macht definitiv keine Gefangenen. Allen voran der Moshpart im Mittelteil lässt jetzt schon auf einen neuen potentiellen Hit der Band hoffen. Der Song gefällt! Musikalisch gibt es eine tighte Mischung aus alter Schule Schweden Metal mit ein paar clever arrangierten modernen Riffs.

6. Caesura

Song Nr. 6 schlägt gekonnt die aggressive Brücke zwischen Melodie und Härte und erinnert erneut stark an Amon Amarth in den Grundzügen, was generell nichts schlechtes heißen soll, aber ein wenig gehen NEAERA die Ideen in dem Song aus. Bis auf den extrem coolen Schluss-Part des Songs, handelt es sich bei „Caesura“ um eine eher belanglosere Nummer.

7. Omnicide

Der Titeltrack präsentiert erneut im Black Metal-Gewand und wechselt fließend zwischen groovenden Midtempo-Parts und fies geschrienen Blast-Passagen, die dem Song einiges an Abwechselung bringen und „Omnicide“ zu einem verdammt coolen Track machen, der neben dem Opener eindeutig am deutlichsten nachhallt. Vor allem die etwas variableren Arrangements machen enormen Spaß!

8. In Near Ruins

“In Near Ruins” erscheint Anfangs noch etwas sperrig, aber offenbart nach mehrmaligen Hören durchaus Potential eines der besseren Stücke des neuen Albums zu werden – trotz der Anfangs häufig verwendeten Breaks, verspührt die Nummer eine sehr düstere und zugleich hymnische Atmosphäre. Für die Karatekids gibt es sogar nen Breakdown am Ende. Toll, oder nicht?

9. The Nothing Doctrine

Cool - Bolt Thrower haben sogar auch einen Song für das neue NEAERA Album geschrieben! Der Vergleich ist zwar nervig und nicht neu, aber angesichts des schleppenden und walzenden Tempos von „The Nothing Doctrine“ denkt man zwangsläufig an das kultige Todesbleikommano. Insgesamt ein eher durchschnittlicher Song, der sich nicht so recht überzeugen will / kann.

10. I Am The Rape

Erneut werden die Vocals übereinander gelegt und viele Tempowechsel machen „I Am The Rape“, passend zum Titel, zu einer sehr verstörenden und fast experimentellen Nummer der Band. Zusammen mit „In Near Ruins“ einer der Stücke, für die man definitiv mehr als einen Hörduchrgang benötigt, aber unterm Strich ein sehr guter gesetzter Schlusspunkt unter dem bislang homogensten und stärksten NEAERA-Album.

Zum Abschluss wollen wir euch natürlich nicht die Meinung der Band vorenthalten. Drummer Sebastian war so nett und hat uns einige Fragen anlässlich der Veröffentlichung von "Omnicide – Creation Unleashed" beantwortet:

1. Wie denkt ihr über euer neues Album mit etwas Abstand von dem Aufnahmeprozess?

Ich denke, dass alles was wir mit diesem Album musikalisch geplant hatten sehr gut umgesetzt wurde. Armamentarium war ein sehr groovelastiges Deathmetal Album. Bei Omnicide setzen wir wieder mehr auf Melodie und Stimmung. Benny`s Vocals heben sich diesmal auch hörbar vom Vorgänger ab. Mir ist auch erst nach der fertigen Produktion aufgefallen, wie stark ehr die Verzweiflung der Melodien unterstützt. Wir haben nicht wirklich versucht ein zweites Armamentarium zu schreiben. Omnicide hat eine eher melancholische Klangfarbe und ist etwas moderner vom Groove. Darüber hinaus gibt es auch hier und da Passagen, die etwas untypisch sind, beispielsweise längere Blackmetal Passagen und Tempowechsel. Die Songs sind allesamt live-tauglich und werden denke ich jedem Fan gefallen. Nach dem wir den Opener "I Loathe" online gestellt hatten erhielten wir bereits die unterschiedlichsten Reaktionen. Größtenteils sehr positive, aber auch ein paar negative. Wer uns jedoch länger kennt, weiß, dass für uns musikalische Weiterentwicklung ein eiserner Vorsatz ist. Ganz einfach weil uns unsere Musik selber so viel bedeutet, dass wir unsere Kreativen grenzen immer wieder ausloten werden, um unseren Sound zu transportieren.

2. Obwohl Zeuss das Album gemixt hat, ist der Gesamtsound der Platte angenehm rau ausgefallen und erinnert an manche Old School Schweden Death Metal Platte der 90er. Wie sehr ihr das?

Also wir waren selber etwas überrascht, wie "natürlich" der Sound unterm Strich ausgefallen ist. Zeuss für seinen trockenen Sound bekannt. Und ich gebe dir recht, denn das Raue verleit unserem Sound einen ganz eigenen Charme, trotzdem der Typische "kristall-klare" rote Zeuss-Faden absolut present ist. Am Anfang waren wir zugegeben auch etwas skeptisch, da ja niemand von uns in die Staaten geflogen ist um dem Meister bei der Mixarbeit über die Schultern zu kucken. Bis wir also nach den Aufnahmen den ersten Fertiggemischten "Zeuss-Track" hören durften, vergingen einige aufregend erwartungsreiche Tage. Wir haben dann unsere Meinungen und Vorschläge so lange per Mail ausgetauscht bis alles stimmig war. Unseren "europäischen Einschlag" hat er gut zur Geltung gebracht. Der Sound passt perfekt zu unseren neuen Songs und verleiht dem ganzen eine besondere Tiefe.

3. Euer letztes Album „Armamentarium“ hatte sich bereits sehr deutlich in Richtung Death Metal mit ein paar modernen Versatzstücken begeben. "Omnicide – Creation Unleashed" klingt wiederum um einiges Black Metal-lastiger. Wie seht er diese Entwicklung und welche Bands haben euch aus diesem Bereich am meisten beeinflusst?

Ich könnte jetzt sagen, dass unsere Gitarristen extrem viel Behemoth gehört habe. Aber eigentlich aber gibt es keine speziellen Bands die uns in dieser Richtung stark beeinflussen. Black Metal ist ein "Stilelement" das sich irgendwie auch durch unsere Discografie zieht. Finstere Melodien haben uns immer schon gereizt und ausgemacht. Dass Omnicide einige Black Metal Anteile mehr hat ist etwas, dass sich beim Songwriting ergeben hat. Wir wollten die Songs in einer düsteren Stimmung halten, hier und da jedoch auch gezielt Kontraste setzen.

4. Das Album klingt sehr düster und mancher Songtitel lassen nichts Gutes erahnen – worum geht es in den Songs?

Omnicide ist in unserer Interpretation die Idee, dass sich die Menschheit seit bestehen im Grunde auf Kollisionskurs mit der "Apokalypse" befindet. Nur das Das Wort Omnicide impliziert, dass diese allein von Menschenhand verursacht wird. Die Lyrics sind diesmal auch nicht immer so eindeutig sondern mitunter viel metaphorischer. Allgemein geht es jedoch um die menschliche Schwäche, als die "Krone der Schöpfung" ihre Umgebung und sich selbst, nur in Kategorien zu unterteilen. Und in ihren Handlungen trotz des vermeintlich großen Verstandes blind den Trieben und Ängsten unterworfen zu sein. In den Texten geht es um Umweltzerstörung, Krieg, Unterdrückung, humanitäre Krisen, religiöse Fehlleitung und persönliche Konflikte.

5. Euer letztes Album kam als sehr edle Ltd-Edition auf den Markt, die neben einer Bonus-DVD vor allem auch durch die sehr coole Verpackung punkten konnte. Was habt ihr euch für das neue Album ausgedacht?

Es gibt diesmal Auch wieder eine limitierte DVD Edition. Wir haben eine Art Interviewsession mit den Bandmitgliedern gefilmt, die unseres "Werdegang" etwas beleuchtet das ganze wird mit Bildern und Liveausschnitten garniert. Wer also bis jetzt nicht wusste, dass wir nur ein Haufen von Idioten sind, der kann sich jetzt überzeugen ;-)

6. Die letzten Worte gehören euch!

Danke für das Interview. Und Danke an Dich, der es gelesen hat. Wir sehen uns hoffentlich bei ner Show in Deiner Nähe. Metal: On! Sebbes@Neaera