Interview mit Royal Republic

13.12.2010
 

 

Jemand, der in schwarzen Socken über einen Boden schlurft, der schon von Tausenden Musikliebhabern in den Jahren zuvor abgenutzt wurde, für den muss man nirgendwo den roten Teppich ausrollen. Jemand, der in schwarzen Socken über einen Boden schlurft, der ihm völlig fremd ist, der macht sich jeden Ort zu eigen, zu seinem kleinen Heim für ein paar Stunden. Adam Grahn zeigt nicht nur auf der Bühne, wie egal alles ist, wenn man Spaß an einer Sache hat, wenn sie sich gut anfühlt. Der 26-jährige Sänger von Royal Republic hat viel zu erzählen. Der 30-jährige Drummer Per Andreasson hält sich dagegen eher zurück, zusammen mit einer Mischung aus „kommt-sowieso-kaum-zu-Wort“. Kein Wunder also, dass bei der Frage nach dem internen Bandleader Andreassons Blick direkt Grahn trifft. Grahn lacht: „In den guten alten Zeiten war ich das wohl. Aber so langsam entwickelt sich eine richtige Demokratie in der Band. Jetzt wird es schwer für mich.“ Auf der Bühne merkt man allerdings immer noch, wer sich gern im Mittelpunkt sonnt. Der Mann, der zwischendurch fast mehr erzählt, als singt. Der Mann, der bei kleinen Singpausen in Liedern Massagen an seine Bandmitglieder verteilt: Grahn. Doch was Andreasson im Interview an Zurückhaltung zeigt, holt er auf der Bühne wieder raus, feiert sich und lässt sich feiern, zurecht. Aber beide stellen sich dabei eher in den Spaßmittelpunkt, anstatt sich auf ernste oder gar arrogante Art und Weise profilieren zu wollen. Trotzdem haben die fünf Schweden innerhalb der Band mit der Egosache noch ein wenig zu kämpfen. Seit der Gründung 2007 haben alle viele kreative Ideen gehabt, jeder wollte aus der Band und den Songs das Bestmögliche rausholen. Keiner wollte im Hintergrund bleiben, jeder wollte was zu sagen haben. „Unsere unterschiedlichen Ideen lassen sich durchaus umsetzen. Nur nicht gleichzeitig. Dafür muss man den eigenen Egotrip ein wenig runterfahren. Das haben wir noch nicht ganz raus, das ist das Schwierigste am Band-Dasein“, erklärt Grahn.

Körperhygiene-Killer Nummer eins: Songs schreiben

Bei einer Sache haben Royal Republic allerdings von Anfang an Teamgeist bewiesen: die Umsetzung ihres selbst erstellten Plans, um dorthin zu kommen, wo sie jetzt sind und noch viel weiter. Wobei dieser Plan nicht viel länger als ein gewöhnlicher Einkaufszettel war und sich auch genau so einfach lesen lässt. Punkt eins: Ideen für Songs finden. Punkt zwei: Songs schreiben und Ideen darin umsetzen. Punk drei: Album aufnehmen. Punkt vier: Mit dem Album den Arsch abtouren. Warum sich Punkt zwei (Songs schreiben) auch oft als Körperhygiene-Killer erwies, erfährt man sofort von Grahn: „Es ist oft so, dass du schreibst, schreibst, schreibst und nichts Gutes dabei herum kommt. Monatelang. Du könntest wirklich die ganze Zeit mit dem Kopf auf den Tisch schlagen. Und irgendwann gehst du duschen, willst dir gerade den Hintern waschen und plötzlich schreist du heureka, weil dir ein Geistesblitz kommt. Dann muss man natürlich mit dem noch dreckigen Arsch die Dusche verlassen und erst den Song schreiben. Aber das ist es wert.“

Deutschland ist der Himmel für schwedische Bands

Einen Plan B gab es für die Rockband aus Malmö nicht, brauchten sie auch nicht. Alles was nach der Abarbeitung ihres Plans kam: Glück. „Jede Band findet irgendwann ihr Stück vom Glück. Wir haben unseres erst in Schweden und dann in Deutschland gefunden“, erzählt Grahn. Royal Republic bezeichnen Deutschland als Himmel für schwedische Bands. Ein Ort, an dem man träumen, aber seine Träume auch verwirklichen kann. Andreasson glaubt aber auch, dass andere schwedische Bands diesen Musikhimmel über Deutschland erst schaffen mussten: „Wir haben Glück, dass es schon viele schwedische Bands gibt, die in Deutschland erfolgreich sind. Denn so kommen viele Deutsche einfach zu unseren Konzerten, weil sie gelesen haben, dass wir aus Schweden kommen und Rockmusik machen. Sie glauben einfach, deshalb wären wir gut. Womit sie ja auch recht haben. Über uns wurde bisher nur Gutes geschrieben. Wir haben noch keine reißerische Kritik gefunden. Du siehst also: Du musst auch was Gutes über uns schreiben.“ Eigentlich auch nicht schwer bei einer Band, die während des ganzen Interviews nur Spaß und gute Laune verbreitet, bei einer Band, die sich selbst als Toy-Story-Figuren sieht. „Ich bin Buzzy Lightyear. Du, Per, bist Woody. Hannes ist Hamm das Sparschwein und Jonas ist Mr. Potatoe Head“, vergleicht Grahn, dessen Ernsthaftigkeit alle zwei Minuten im schwachsinnigen Spaß endet.

Exklusiv-Einblicke ins Drehbuch des nächsten Videos

Allerdings kann so viel Spaß auch schnell zu Missverständnissen führen, wenn Journalisten jedes Wort auf die Goldwaage legen. Das haben Royal Republic in Belgien zu spüren bekommen. Adam Grahn musste an einem Tag 18 Interviews hinter sich bringen. Das 19. folgte, er drehte noch mal so richtig auf und erzählte, dass ihr Bassist Jonas schwul sei. Eigentlich nur ein Scherz, der für Jonas aber schlecht endete. Das belgische Magazin druckte es als Exklusiv-Nachricht ab, es verstand den Spaß nicht. „Jonas war zwar pissig, aber ich fands total witzig. Sowas passiert halt schon mal“, erinnert sich Grahn. Natürlich nicht, ohne dabei in schallendes Gelächter auszubrechen. Apropros exklusiv: Das nächste Video von Royal Republic liegt zwar noch in weiter Ferne, doch Grahn hat bereits ein Drehbuch dafür geschrieben. Wie das Video aussehen wird? „Eigentlich wird noch nichts davon verraten“, fängt Grahn an und fährt keine fünf Sekunden später fort, „aber ok, es wird dort viel Schlamm, Männer in Anzügen und einen General geben. Das habt ihr jetzt exklusiv. Das haben wir noch niemandem verraten, was natürlich auch daran liegen könnte, dass uns noch nie jemand danach gefragt hat“, verrät er.

Wie Sänger Adam Grahn es schafft, jeden Tag ein Buch zu lesen

So jemandem glaubt man sofort, wenn er auf der Bühne zu Beginn des Konzerts raus schreit: „Das wird eine schwedische Partynacht!“ und dann voll aufdreht. So jemanden schaut man aber skeptisch an, wenn er behauptet, jeden Tag ein Buch zu lesen, dabei genüsslich an seiner Zigarette zieht und sich das Lachen schon wieder nicht verkneifen kann. „Bevor wieder Dinge missverstanden und falsch gedruckt werden: Ja, ich lese jeden Tag ein Buch, allerdings das Macbook. Dafür aber mehrmals täglich“, lacht Grahn. Die Zigarette fast verraucht, die Zeit fast um. Die Füße mit den schwarzen Socken wollen sich schon wieder bereit machen, um zurück über den Boden zu schlurfen, der schon von Tausenden Musikliebhabern in den Jahren zuvor abgenutzt wurde. Über den Boden, auf dem man keinen roten Teppich ausrollen muss, obwohl im Bandnamen irgendwas von „Royal“ steht. Allerdings ist der rote-Teppich-Gedanke gar nicht so abwegig, ohne einen roten Teppich würden sie jetzt vielleicht gar nicht Royal Republic heißen. Die Geschichte dahinter kriegt Grahn ohne langes Überlegen zusammen: „Es war eine Woche vor unserem ersten Auftritt. Wir wussten, dass man durch den Zuschauerraum einen roten Teppich legen wird, über den wir die Bühne betreten sollten. Deshalb mussten wir uns doch Royal Republic nennen.“ Eine nette Geschichte, die möglicherweise nur erzählt wurde, damit die Leser sich königlich amüsieren. Denn wir wissen nicht, ob es vielleicht schon Grahns 19. Interview an dem Tag war…