Plattenkritik

DJ Shadow - Entroducing...

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Release Date: 16.09.1996
Datum Review: 03.01.2010

DJ Shadow - Entroducing...

 

 

Hip-Hop auf Allschools, Teil 2: DJ Shadow - Entroducing

Instrumentaler Hip-Hop, das heißt Hip-Hop ohne Rap – geht das? Oder: Ein Album, 100% und ausnahmslos aus Samples bestehend – geht das? „Entroducing“ stellte 1996 Konventionen auf den Kopf, präsentierte eine völlig neue Art von Album. Dabei war „Entroducing“ – und das zeigt schon das Artwork – nicht mehr als eine Verbeugung an die Schönheit der Musik selbst gedacht.

DJ SHADOW ist ein einfacher Typ. Fast. Einen ganzen Keller voll hat er mit Schallplatten, Stapelweise, fabrikartig, in Kartons, in Kisten, teils einfach willkürlich wirkend übereinander gestapelt – man muss aufpassen, wo man hin tritt. Und irgendwo sitzt er da, wie ein kleines Kind, mit Cappy und dicken Kopfhörern. „Entroducing“, so heißt es, besteht aus mehr als 500 verschiedenen Platten. Und das tolle ist: Man hört es dem Album nicht an. „Entroducing“ wirkt zu jeder Zeit wohlüberlegt, unüberladen, malerisch, aber vor allem, bei aller leinwandartigen Melancholie: wunderschön.

Nie verliert er sich in einen Sammelsurium von Zitaten. Es geht um das gewisse Gefühl, um den Song – alles andere ist Mittel zum Zweck. Zitiert wird dabei vordergründig aus der Jazz-, der Funk-, der Soul-Ecke. Ist das noch Hip-Hop? So sehr die Fusion dieser Stile schon immer die Basis dieser Musikgattung darstellte, so sehr interpretiert SHADOW sie neu, lässt sie in einen neuen Licht erscheinen. „Entroducing“ ist gleichzeitig ja auch kein Werk für die Clubs, eher: die Partys ist vorbei, das Bier ist leer, man lässt sich vom Taxi angetrunken durchs Kaff nach Hause fahren, macht das Fenster auf, legt den Arm ab und genießt, gebissen von Alpträumen des Tages, die in einen immer noch still kämpfen, den Sonnenuntergang. Melancholie plus Schönheit des Lebens – ein erdrückender Kontrast, den kein anderer – nicht mal SHADOW selbst – derartig nochmal hinbekommen hat, und der zwar auf den Magen schlagen kann, gleichzeitig aber auch die größten, innerlichen Wunden zu heilen vermag.

„Midnight in a perfect world“ eben. Da ist es auch egal, wie man SHADOWS Output nun kategorisiert, wie viele Platten er tatsächlich in diesem Album verbraten hat, ja auch dass er der erste war, welcher ein Album lediglich aus Samples bestehend gebastelt hat. Es geht um diese gewisse Attitüde, diese gewisse Leidenschaft, dieses Gefühl, welches SHADOW hier so meisterhaft – und doch bodenständig – auf die Plattenteller dieser Welt zaubert. Und dafür gilt es ihn für immer mit größtem Respekt zu begegnen.


Tracklist:

1. Best Foot Forward - 0:47
2. Building Steam With a Grain of Salt - 6:39
3. The Number Song - 4:34
4. Changeling - 7:16
* Transmission 1 - 0:35
5. What Does Your Soul Look Like (Part 4) - 5:02
6. - 0:25
7. Stem/Long Stem - 7:47
* Transmission 2 - 1:29
8. Mutual Slump - 4:00
9. Organ Donor - 1:57
10. Why Hip Hop Sucks in '96 - 0:47
11. Midnight in a Perfect World - 4:58
12. Napalm Brain/Scatter Brain - 9:21
13. What Does Your Soul Look Like (Part 1 - Blue Sky Revisit) - 6:17
* Transmission 3 - 1:11

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Olivier H.

Autoren Bio

"They said, Do you believe in life after death? I said I believe in life after birth" - Cursed