Plattenkritik

New Native - Twisting

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Release Date: 02.05.2014
Datum Review: 02.04.2014

New Native - Twisting

 

 

Wenn mich eines in den letzten 2 Jahren gewundert hat, dann dass der Pop-Punk-Hype aus den Staaten nicht ins europäische Festland übergeschwappt ist. Zumindest nicht in der Weise, dass hunderte von regionalen Acts aus dem Boden sprießen und dann auch abgefeiert werden. Lediglich Client. aus Hannover haben sich mit ihrer neusten Veröffentlichung ordentlich Gehör in der Hardcore-Szene verschafft. Zeit also, dass weitere Bands an den Tisch kommen – beispielsweise NEW NATIVE aus Wien.

Erst letztes Jahr fanden sich die drei Jungs zusammen, um neben ihren anderen Projekten auf den Spuren von blink-182 und Co. zu wandeln. Nach einer eher mässig beachteten Demo kommt nun mit „Twisting“ gleich über vier verschiedene Labels eine EP auf den Markt. Die fünf Songs darauf haben es in sich. Wenn man sich vorher ein wenig mit dem Genre auseinandergesetzt hat, muss man gleich an international erfolgreiche Bands denken, als nach dem zaghaften Intro „Walls“ mit „Coughing Ashes“ der erste richtige Song abspielt. Allerdings nicht im Sinne von „Poah, wie dreist, einfach den und den Riff oder die und die Textzeile geklaut!“ sondern eher in Richtung „Krass, der Sound muss sich echt nicht verstecken!“. Klar lässt der überlegte und variable Gesang am Anfang von „Twisting“ (dem Titeltrack) in Kombination mit gemuteter Gitarre unweigerlich an „Plague“ von Seahaven denken. Und auch die verträumte Ohrwurmgarantie von „Coughing Ashes“ erinnert mich an „I’m Swimming“ von Balance & Composure. Dennoch weist die EP definitiv genug Eigenständigkeit auf, um vollends ernst genommen zu werden. „Twisting“ geht sofort in den Gehörgang, bleibt dort, und wird mich als stärkstes Lied der Platte sicherlich ein Stück weit durch meinen Sommer begleiten. Die vielleicht interessanteste Stelle hat sich in der Mitte des Songs versteckt, als Sänger Michi zaghaft zum Schreigesang ansetzt. Er sollte sich selbst auf der nächsten Platte mehr in dieser Richtung herausfordern. Doch selbst nach diesen zwei Geniestreichen (ja, ich mag es wirklich so nennen) flaut die Qualität nicht ab. „Wallow“ nimmt deutlich das Tempo raus und lädt mit hohen Chorus-Gitarren zum Tagträumen ein. „Rest“ knüpft dort an, wirkt jedoch wieder antriebsstärker und optimistischer, und setzt der EP dann nach fast 18 Minuten ein schönes, progressives Ende.

Beeindruckend ist vor allem, wie viel Tiefe NEW NATIVE mit gerade mal drei Mitgliedern kreieren. Der zweite große, hervorstechende Pluspunkt an „Twisting“ ist die Vielseitigkeit im Songwriting. Man merkt in den ersten fünf Minuten Spielzeit: Hier hast du es mit Vollblut-Musikern zu tun. Ich prophezeie der Band aus Wien eine große Zukunft und hoffe, dass sie ihre verdiente Unterstützung in europäischen Kellern und Jugendhäusern bekommt.

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Marcel

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