Plattenkritik

ARCHITECTS - Holy Hell

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Info

Release Date: 09.11.2018
Datum Review: 16.11.2018
Format: CD Digital

Tracklist

 

01. Death Is Not Defeat
02. Hereafter
03. Mortal After All
04. Holy Hell
05. Damnation
06. Royal Beggars
07. Modern Misery
08. Dying To Heal
09. The Seventh Circle
10. Doomsday
11. A Wasted Hymn

Band Mitglieder

 

Dan Searle – drums, programming
Alex "Ali" Dean – bass
Sam Carter – vocals
Adam Christianson – rhythm guitar
Josh Middleton – lead guitar, vocals

ARCHITECTS - Holy Hell

 

 

Wirklich weg waren die ARCHITECTS nie. Trotzdem stand nach dem tragischen Tod von Gitarrist Tom Searle im Jahre 2016 eine ganze Weile offen, ob und wie die Briten langfristig weitermachen würden. Schließlich hatte die Band auf dem Höhepunkt ihres Erfolges nicht nur ihren Hauptsongwriter, sondern auch einen guten Freund und Drummer Dan Searle seinen Bruder verloren. Woran viele Bands vermutlich zerbrochen wären, veranlasste die ARCHITECTS jedoch dazu die Zähne zusammenzubeißen und Abend für Abend auf die Bretter zu steigen, um das Andenken ihres verstorbenen Gefährten zu feiern. So wurde die Tour zum letzten Album "All Our Gods Have Abandoned Us" zum Schauplatz so mancher denkwürdiger und höchst emotionaler Augenblicke, bei denen wohl nicht nur die Bandmitglieder regelmäßig einen Klos im Hals hatten.

 

Die Antwort auf die Frage, ob die ARCHITECTS auch im Studio weitermachen und neues Material veröffentlichen würden, liegt nach diversen Vorboten nun in Form von "Holy Hell" vor. Verstärkt durch SYLOSIS-Gitarrist Josh Middleton, der sich auch schon aktiv mit ins Songwriting eingebracht hat, setzt die Band ihrem Freund ein weiteres Denkmal. Wieviel Material neben der bereits 2017 veröffentlichen Single "Doomsday" noch von Tom stammt ist unklar, soviel sei jedoch gesagt: Freunde der letzten beiden Alben dürften auch von "Holy Hell" nicht enttäuscht sein. Dabei ist das neue Album weniger ein Satz nach vorne als vielmehr ein Schritt zur Seite, ein Innehalten und Revue passieren lassen. Denn stilistisch bleiben die ARCHITECTS fast schon konservativ auf dem mit "Lost Forever // Lost Together" eingeschlagenen Pfad und signifikante Veränderungen muss man schon mit der Lupe suchen.

 

Auffällig ist die lyrische Ausrichtung des Albums, denn viele der ausnahmslos aus der Feder von Dan Searle stammenden Texte beschäftigen sich mit den Themen Tod ("Death Is Not Defeat"), Vergänglichkeit ("Hereafter", "Mortal After All") und Schmerzbewältigung ("Dying To Heal"); besonders für Dan dürfte dieses Album schließlich auch ein wichtiger Teil des Verarbeitungsprozesses sein. Musikalisch bleibt man im Wesentlichen bei der für die Band inzwischen typischen Mischung aus tief gestimmten Djent-Riffs, flinken melodischen Gitarrenläufen und knackigen Breakdowns. Was bei vielen Bands in gähnender Langeweile münden würde, haben die ARCHITECTS durch eingängiges Songwriting und ein gutes Gespür für Dynamik und Variation an den richtigen Stellen quasi perfektioniert. Man höre sich nur den Aufbau bis zum intensiven Mittelteil von "Hereafter" und den fetzigen Gitarrenlauf am Ende von "Mortal After All" an.

 

Der größte Fortschritt ist aber sicherlich bei Frontmann Sam Carter auszumachen, der in allen Stimmlagen nochmal eine Schippe draufgelegt hat. Die Shouts und Screams klingen aggressiver, der Klargesang gefühlvoller. Man merkt, dass Carter sich hier auch emotional voll reingehängt hat und damit seine bisher wohl stärkste Gesangsleistung abliefert. Kritisch sehen kann man wiederum den verstärkten Streicher- und Pianoeinsatz, der sich eigentlich durch das ganze Album zieht, aber besonders beim Titeltrack, "Death Is Not Defeat" und "A Wasted Hymn" sehr deutlich in den Vordergrund rückt. Das ist zwar alles noch im grünen Bereich, zu dick sollte man die Dramatik aber nicht auftragen und daher hätte es mehr davon auch wirklich nicht sein dürfen.

 

In der Summe ist "Holy Hell" wieder eine durchaus starke Scheibe geworden, auch wenn sie nicht ganz an die beiden Vorgänger heranreicht. Weder ist das Album so energiegeladen wie "Lost Forever..." noch so finster wie "All Our Gods...". Im Grunde setzten sich die ARCHITECTS zwischen diese beiden Stühle, bleiben in ihrer Komfortzone und verlassen sich auf ihre bewährte Erfolgsformel. Von Stagnation auf hohem Niveau zu sprechen wäre allerdings etwas übereilt. Eher kommt "Holy Hell" einer Bestandsaufnahme gleich, einem lautstarken "Wir sind noch hier!" und sicherlich auch einem Akt der Bewältigung. Feststeht: Tom Searles Erbe ist in guten Händen und man darf gespannt sein, was die Herren aus Brighton in Zukunft noch zu bieten haben.

 

Autor

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Hans

Autoren Bio

Meine großen Leidenschaften: Literatur und laute Musik. Plattenkritiken liegen nahe.