Plattenkritik

AMERICAN NIGHTMARE - American Nightmare

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Info

Release Date: 23.02.2018
Datum Review: 23.02.2018
Format: CD Vinyl Digital

Tracklist

 

1. The World Is Blue
2. Flowers Under Siege
3. American Death
4. War
5. Gloom Forever
6. Lower Than Life
7. Colder Than Death
8. Dream
9. Crisis Of Faith

AMERICAN NIGHTMARE - American Nightmare

 

 

Nicht zu fassen. Da sind sie wieder. Nach 15 Jahren. Und sogar wieder unter ihrem ursprünglichen Namen: AMERICAN NIGHTMARE.

Ja, die Legende aus Boston ist tatsächlich zurück. Nachdem die vorangegangene Generation der Ostküsten-Metropole das große Youth-Crew Revival lostrat (TEN YARD FIGHT, FASTBREAK, die alles überragenden IN MY EYES, usw.), setzten AMERICAN NIGHTMARE mit ihrer angepissten „No bullshit“-Attitüde den Startschuss für ein neues Kapitel. Zusammen mit Bands wie PANIC oder den großartigen RIGHT BRIGADE ging man deutlich wütender zur Sache – und im Falle von AMERICAN NIGHTMARE auch ein gutes Stück düsterer und textlich tiefgründiger. Erst auf dem 2003 veröffentlichten Abschiedsalbum „We’re Down Til We’re Underground“ klang man versöhnlicher und setzte neben Gift und Galle auch auf Melodie und den ein oder anderen richtig dicken Hook. Und so viel sei vorweggenommen: mit ihrem vierten Album liefern AMERICAN NIGHTMARE nicht nur ihr abwechslungsreichstes Werk ab, sondern auch ein paar der besten Songs ihres gesamten Schaffens.


Gleichnamig hat man das Album betitelt und gleich die ersten beiden Songs beweisen: zu recht. Der straighte Opener „The World Is Blue“, als auch das gerade mal 40 Sekunden währende „Flowers Under Siege“ bieten alles, wofür AMERICAN NIGHTMARE stehen: viel Tempo, schneidende Gitarren und natürlich Wes Eisolds unverkennbaren, angepissten Vocals. Mit Song Nummer 3 „American Death“ geht’s im gleichen Stil weiter, bis nach 1:30 Minuten plötzlich zum ersten Mal eine Melodie durchbricht, die dem Song eine überraschend punkige Wendung gibt. Während „American Death“ noch gerade so auf „We’re Down Til We’re Underground“ gepasst hätte, folgt mit „War“ die erste riesengroße Überraschung und vielleicht sogar der beste Song, den AMERICAN NIGHTMARE je geschrieben haben. Damit wir uns nicht falsch verstehen: hier werden keine alten Bands verprellt, aber derart melodisch, punkig und eingängig klangen AN noch nie. Die melodische Lead-Gitarre und der Hook am Ende würden selbst FUCKED UP zur Ehre gereichen. Trotzdem tue ich mich schwer, da einen adäquaten Vergleich zu finden, aber seit PRAISE und DRUG CHURCH hat sich keine Band mehr so tief in mein Ohr gebohrt. In gleicher Manier, nur mit etwas gedrosselterem Tempo, geht’s mit „Gloom Forever“ weiter, bevor mit „Lower Than Life“ dann ein ganz klassischer AMERICAN NIGHTMARE Song kommt, der jedem puristen Tränen in die Augen treiben dürfte. Das atmosphärische „Colder Than Death“ zeigt einmal mehr, dass AMERICAN NIGHTMARE anno 2018 spielerisch ihre Komfortzone verlassen, ohne dabei in irgendeiner Weise aufgesetzt zu wirken. Gleiches gilt für den intensiven letzten Song „Crisis Of Faith“, bei dem einmal mehr deutlich wird, dass auch Eisold sich weiterentwickelt hat und über eine weitaus größere gesangliche Bandbreite verfügt, als noch in der Vergangenheit – aber keine Sorge, pathetisch wird’s dabei nie. Ob man das vorangegangene „Dream“, ein 36 sekündiger, verzerrter Noise-Punk Track, nun mag oder nicht – er passt einfach auf dieses enorm vielseitige und eigenständige Album.


Als die Band „This World Is Blue“ vorab veröffentlichte war schon klar, dass man nicht mit einer Enttäuschung rechnen muss. Dass AMERICAN NIGHTMARE mit ihrem vierten Album ein derartiges Ausrufezeichen setzen, war dennoch nicht zu erwarten. Auch wenn heute die neue TURNSTILE erschienen ist – das Hardcore-Album des Jahres dürfte sehr wahrscheinlich aus Boston kommen.

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Sascha

Autoren Bio

http://www.shocksmusic.bandcamp.com