Plattenkritik

Birds In Row - You, Me & The Violence

Redaktions-Rating

Info

Release Date: 21.09.2012
Datum Review: 22.10.2012

Birds In Row - You, Me & The Violence

 

 

Hinter der historischen Fassade des französischen Städtchens Laval brodelt es gewaltig. Und zwar in Form des Deathwish-Neulings BIRDS IN ROW. Keine Ahnung wie deren beiden vorangegangen EPs an mir (und ich glaube auch vielen anderen) unbemerkt vorbeiziehen konnten, aber seit dem Tag, an dem das Video zu "Pilori" im Netz seine Kreise machte war klar, dass mit dem Debüt-Album "You, Me And The Violence" eine Platte in den Startlöchern steht, die man nicht unegachtet lassen sollte.

Schlicht gesagt: "You, Me & The Violence" ist in jeglicher Hinsicht komplett von der Leine gelassene Emotion. Hass, Verzweiflung, Hoffnung - alles so richtig schön auf dem Siedepunkt. Der bereits erwähnte Opener "Pilori" mäht einen aus dem Nichts nieder als gebe es kein morgen. Der Sänger, dessen Name sich genauso wenig herausfinden lässt wie die seiner Mitstreiter, schreit einem "I'm devastated" entgegen und es fällt schwer, ihm nicht zu glauben. Komplett kompromisslos wird in den ersten 30 Sekunden alles auf links gezogen - rasend schnell, verzweifelt, angepisst, selbstzerstörerisch, gleichwohl nicht gewillt, andere schonen zu wollen.
Dann geht der Tobsuchtsanfall über in einen Hook, den man nach dem vorangegangen Gewitter so nicht erwarten durfte. Und genau an dieser Stelle haben BIRDS IN ROW bereits komplett gewonnen. Die Gitarren flirren und füllen den Raum mit genau den Harmonien, die einem das Blut in den Adern gefrieren lassen. Die Nackenhaare stellen sich auf und das verdammt noch mal zu recht. Pah, und wir sind gerade mal beim ersten Song. "You, Me & The Violence" hat Gott sei Dank 12 davon und "Pilori" war ja nur die Einstimmung auf das, was da noch kommt. "There's Only One Chair In This Room" sorgt dann auch gleich dafür, dass die Gänsehaut sich verfestigt. Wieder schnell, wieder dreckig, aber dieses mal schon von Beginn an hochmelodisch. Was die Gitarristen hier und während der gesamten Spielzeit an Melodien raushauen, sucht einfach seines gleichen. Das ist anspruchsvoll und hat richtig Tiefgang, aber BIRDS IN ROW servieren das Ganze extrem komprimiert. Mit Songs, die meistens nur knapp die zwei Minuten Marke überschreiten (abgesehen vom zwölfminütigen Closer "Lovers Have Their Say"). Viel besser kann man Songs nicht auf den Punkt bringen und so wundert es auch nicht, dass hier rein gar nichts verloren geht und einfach alles hängen bleibt.
"Cages", "Cold War Everyday", "Walter Freeman" (was für ein Hook ab 1:25 Min...), "Guillotine" - alles Hits. Mit dem ruhigeren "Last Last Chance" bietet die Band zumindest eine kurze Verschaufspause, die man allerdings auch gut gebrauchen kann bevor einem beim Titel-Track schon wieder Hören und Sehen vergeht.

Die Suche nach der Schublade, in die man eine Band beim Schreiben reflexartig stecken möchte - ergebnislos. Du, der DEAFHEAVEN wegen ihrer flirrenden Gitarren und epischen Melodien liebt - BIRDS IN ROW sind deine Band ("The Illusionist"). Du, der mit Modern Hardcore nicht mehr so richtig viel anfangen kann, aber immer noch regelmäßig MODERN LIFE IS WAR's "Witness" hört - BIRDS IN ROW sind deine Band. Du, der ALPINIST wegen ihrer gewaltigen Klangteppiche verehrt - BIRDS IN ROW sind deine Band. Du, dem LA DISPUTE immer wieder zu weinerlich sind - BIRDS IN ROW sind deine Band. Du, der RUN WITH THE HUNTED so großartig findet, weil sie so grenzenlos wütend sind - BIRDS IN ROW sind deine Band. Und wenn dich das jetzt alles nur verwirrt - vergiss es, hör's dir an. Am Ende sind BIRDS IN ROW einfach eine sensationell gute Hardcore-Band.

Wahnsinn. Was für ein talentierter Haufen.

Trackliste:

01. Pilori
02. There Is Only One Chair In This Room
03. Cages
04. Guillotine
05. Walter Freeman
06. Last Last Chance
07. You, Me, & The Violence
08. Grey Hair
09. Cold War Everyday
10. The Illusionist
11. Police & Thieves
12. Lovers Have Their Say

Autor

Bild Autor

Sascha

Autoren Bio

http://www.shocksmusic.bandcamp.com